Wie einst in der Kulturrevolution
China: Xi Jinping lässt Kader zur Selbstkritik antreten

Xi Jinping lässt seine Selbstkritik-Kampagne scheinbar entspannt angehen, indem er beim fraglichen Fernsehauftritt auf Anzug und Krawatte verzichtete.
Foto: Screenshot CCTV
Selbstgeißelung auf Chinesisch: Ab sofort müssen kommunistische Parteikader im Staatsfernsehen antreten und ihre Fehler live beichten. Das kollektive „Mea culpa“ wurde von höchster Stelle angeordnet – von Staats- und KP-Chef Xi Jinping. Kommentatoren sehen in der Aktion eine Rückkehr von Methoden der Selbstkritik aus Maos Zeiten der Kulturrevolution.
Rote Köpfe
“Kritik und Selbstkritik sind Medizin… und gute Medizin schmeckt eben bitter”, sagte Xi, als er die Aktion Ende September bei einem Meeting in der Provinz Hebei einläutete. Das Staatsfernsehen zeigte ihn dabei live, wie der Präsident am Kopf des Tisches thronte. Von der zweitägigen Versammlung wurde bis ins kleinste Detail berichtet. Inklusive aller ihrer sogenannten „Geständnisse“.
Fast schon meditativ gab sich Xi dann bei der darauf folgenden Beschwörung seiner Spitzenfunktionäre im TV: “Auch wenn ihr im Gesicht rot anlauft und ins Schwitzen kommt, fühlt euch mutig, entspannt und harmonisch”, riet er seinen Genossen. Und sie folgten seinem Rat, als sie reihum ihre Verfehlungen der gesamten Nation beichteten. Wobei nur einer der Funktionäre wirklich offen zugab, dass er sich korrupt verhalten hatte.
Landesweite Selbstgeißelung innerhalb des Parteisystems
Nach dem Event in Hebei hielten Kader landesweit ähnliche Videokonferenzen und Geständnis-Runden ab. Bei einem Workshop sah man sich eine Dokumentation über den Zusammenbruch der Sowjetunion an, um daraus Lehren zu ziehen.
Xi Jinping selbst hatte im vergangenen Januar den Zusammenbruch des großen kommunistischen Bruderstaats beklagt:„Warum zerfiel die Sowjetunion? Warum brach die Sowjet-Partei zusammen?“ fragte er damals. Und gab auch gleich die Antwort: „Weil ihre Ideale und Überzeugungen erschüttert worden waren. Das muss uns eine wichtige Lehre sein!“ Vergäßen die chinesischen Kommunisten die Sowjets, käme dies einer Aushöhlung der Partei auf allen Ebenen gleich.
Kampagne findet wenig Anklang beim Volk
Enttäuschung herrscht bei den Chinesen über die neue Parteispitze – viele hatten gehofft, diese würde liberaler agieren. “Xi Jinpings ,Kritik und Selbstkritik´-Kampagne ist lächerlich und traurig,” sagte Hu Ping, Chefredakteur des demokratisch ausgerichteten Magazins Beijing Spring dazu. “Diese sogenannte ,Berichtigungs-Bewegung´ zeigt, dass Xi nichts als maoistisches Zeug im Kopf hat.”
Unter „Kritik und Selbstkritik“ werden öffentliche Geständnisse verstanden, in denen von „unrichtigen Gedanken und Verhalten“ die Rede ist. Meist sind diese Geständnisse unfreiwillig erzwungene Auftritte. Xi bringt damit die Kader auf seine ideologische Linie und will gleichzeitig dem angesichts der hohen Korruption unzufriedenen Volk Macherqualitäten beweisen.
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