IGFM zur ‚Kein-Kind-Politik‘: „China versucht die nächste Generation der Uiguren systematisch auszulöschen“
Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) warnt vor Genozid an den Uiguren. Mit Zwangssterilisationen und Geburtenkontrolle setze die chinesische Regierung den kulturellen Völkermord an den Uiguren in Ostturkestan fort. Die in Frankfurt ansässige Menschenrechtsorganisation verweist dabei auf den aktuellen Report des China-Experten Adrian Zenz.

Uigurische Frauen auf einem Markt in Xinjiang, 2017.
Foto: iStock
„China begeht seit Jahren grausamste Menschenrechtsverletzungen an ethnischen Minderheiten wie den Uiguren und die Welt schaut weg. Die Kommunistische Partei inhaftiert tendenziell ein ganzes Volk in Internierungslagern, foltert es und löscht nach und nach dessen Kultur aus. Nun vergreift sich die Kommunistische Partei auch noch an der nächsten Generation und forciert eine ‚Kein-Kind-Politik‘ in Ostturkestan“, berichtet Martin Lessenthin, Vorstandssprecher der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM).
Der aktuelle Report von Adrian Zenz bestätigt die Berichte ehemaliger Lagerinsassen in Ostturkestan. Es wird deutlich, dass die Zwangssterilisation und die Bevölkerungskontrolle an den Uiguren direkt auf Anweisung der chinesischen Regierung erfolgt.
China benutzt laut IGFM Zwangssterilisation und Geburtenkontrolle, um die Zahl der Uiguren zu dezimieren und das Volk allmählich auszulöschen. Dokumente aus dem Jahr 2019 belegen, dass es in ländlichen Gebieten eine Kampagne gab, mindestens 14 bis 34 Prozent der uigurischen Frauen im gebärfähigen Alter zu sterilisieren.
Die finanziellen Mittel für Hunderttausende solcher Prozeduren stellt die chinesische Regierung bereit.
Plan bis 2019: Im südlichen Ostturkestan mindestens 80 Prozent der Gebärfähigen sterilisieren
Im südlichen Teil Ostturkestans sollten bis 2019 sogar an mindestens 80 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter entsprechende Operationen durchgeführt werden. Im Jahr 2020 wurde das Projekt weitergeführt.
Doch nicht nur Frauen sind betroffen, sondern auch Männer. Es ist nachgewiesen, dass eine Zwangsmedikation erfolgt. Vermutlich dient diese unter anderem dem Ziel, die Fortpflanzungsfähigkeit zu stoppen.
Derzeit betrifft die systematische Inhaftierung nicht nur junge Frauen, sondern auch Männer im Alter zwischen 19 und 39 Jahren.
Bevölkerungswachstum ging um 84 Prozent zurück
Diese flächendeckenden Maßnahmen bleiben nicht ohne Folge.
Das Bevölkerungswachstum in den zwei größten Provinzen in Ostturkestan ist zwischen 2015 und 2018 um 84 Prozent zurückgegangen – im Jahr 2019 sogar noch stärker. Der Report zeigt, dass das chinesische Regime für 2020 keinerlei Wachstum in einer der uigurischen Regionen anvisiert hat.
Der Weltkongress der Uiguren weiß von ehemaligen Häftlingen, dass so gut wie jede Uigurin in den Internierungslagern dazu gezwungen wird, Pillen und eine weiße Flüssigkeit zu schlucken, durch die sie benommen werden und keine Periode mehr bekommen. Einigen Frauen wurde im Lager während einer Untersuchung ohne deren Wissen ein Verhütungsmittel eingesetzt.
Andere – wie beispielsweise Zumrat Dawut – wurden unter der Drohung, wieder in einem Lager inhaftiert zu werden, zur Sterilisierung gezwungen.
Dolkun Isa, Präsident des Weltkongresses der Uiguren, erklärt: „Dieser Report zeigt, was wir von vielen Uiguren schon während der letzten drei Jahre erfahren haben.“
„Die chinesische Regierung versucht uns auszulöschen. Nicht nur unsere Sprache, Geschichte, Kultur, Religion und ethnische Identität, sondern auch uns als Menschen. Das ist Genozid.“
Mihrigul Tursun im Lager zwangssterilisiert
Mihrigul Tursun ist eine der bekanntesten Uigurinnen, die von der Zwangssterilisation im Internierungslager erzählt hat. Sie wuchs in Xinjiang auf und zog wegen eines Jobs nach Ägypten. Am 13. März 2015 flog sie zusammen mit ihren acht Wochen alten Drillingen zu ihren Eltern in die Heimat. Bereits bei ihrer Ankunft am Flughafen kam es zu Verhören. Anschließend inhaftierten die Behörden sie für drei Monate, ihre Kinder wurden ihr weggenommen.
Als sie frei kam, sagte man ihr, dass ihr Sohn Mohaned im Urumqi Children´s Hospital verstorben sei. Informationen, warum ihre Kinder in ein Krankenhaus gebracht worden waren, wurden ihr verweigert. Ihr Pass war auch konfisziert worden, sodass sie China nicht mehr verlassen konnte.
Im April 2017 nahmen sie die Behörden im Haus ihrer Eltern in Qarqan fest – sie kam in eine überfüllte Zelle mit mehr als 50 Insassen. Ihren Angaben zufolge mussten die Frauen aufgrund der Platzprobleme in Schichten schlafen. Neun Menschen starben während ihrer Inhaftierung. Zudem verabreichten ihr die Wärter im Internierungslager Drogen und Injektionen. Danach fühlte sie sich etwa eine Woche lang müde und depressiv.
Erst im Jahr 2018 konnte Mihrigul Tursun China zusammen mit ihren zwei Kindern verlassen. Sie ging erst nach Kairo, heute lebt sie in den USA. Dort erfuhr sie von einem Arzt, dass sie ohne ihr Wissen in China zwangssterilisiert worden war. Schließlich berichtete sie von den Menschenrechtsverletzungen der chinesischen Regierung vor dem US-Kongress.
Menschenrechtssituation verschlechterte sich dramatisch
In den vergangenen Jahren hat sich die Menschenrechtssituation für die mehr als zehn Millionen Uiguren muslimischen Glaubens im Autonomiegebiet Xinjiang in China dramatisch verschlechtert.
Aber nicht nur die Uiguren leiden in China unter der Verfolgung ihres Glaubens.
Neben den Haus-Christen und Tibetern sind auch Falun-Dafa-Praktizierende davon betroffen. Letztere werden seit nunmehr 21 Jahren festgenommen, inhaftiert und gefoltert, weil sie den Prinzipien Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht folgen und ihren Glauben auch unter Druck nicht aufgeben wollen.
Viele von ihnen starben unter menschenunwürdigen Misshandlungen während der Haft oder durch die Organentnahme zu Transplantationszwecken. (pr/sua)
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