Bürgerinitiative kämpft gegen Kölner Drogensumpf: „Machen Sie mit!“
Wenn die Politik nicht hilft, dann greifen Bürger ein – wie beispielsweise in Köln. Eine Bürgerinitiative fordert mit einer interaktiven Google-Karte die Menschen auf, Vorfälle mit der Drogenszene einzutragen. Sie wollen ihr Viertel wieder lebenswert machen - statt einen der größten Drogenkonsumräume vor der Haustür zu haben.

Drogendealer unterwegs.
Foto: iStock
Sie war weder mit betroffenen Bürger noch mit ansässigen Unternehmen abgesprochen – eine politische Entscheidung, die ursprünglich vom Rat der Stadt Köln beschlossenen dezentralen Drogenkonsumangebote aufzugeben. Stattdessen sollte an einem der zentralsten und belebtesten Plätze Kölns einer der größten Drogenkonsumräume Deutschlands eingerichtet werden, in Köln-Neumarkt.
Aus Sorge um die zunehmende Verwahrlosung des Neumarktgebietes wollten Bürger sich für nachhaltige Lösungen engagieren. Denn aus Sicht der am 26. Mai 2017 gegründeten Bürgerinitiative „Zukunft Neumarkt“ kann sich die Situation für alle nur bessern, „wenn wir die sozialen Probleme am Neumarkt gemeinsam ernsthaft angehen und wirksame Sozialarbeit, die den Menschen hilft, mit guter Stadtentwicklung verbinden“. Dafür schlossen sich Anwohner, Hauseigentümer, Gewerbetreibende und Geschäftsleute rund um den Neumarkt und in den angrenzenden Stadtvierteln zusammen. Inzwischen sind sie mit ihrem gleichnamigen Verein registriert.
Gemeinsam wenden sich die Vereinsmitglieder gegen die fortschreitende Vereinnahmung des Neumarktgebietes durch die Kölner Drogenszene mit allen ihren Begleiterscheinungen. Dazu gehören der Drogenhandel und -konsum auf offener Straße, die Vermüllung des öffentlichen Raums, die Zunahme von Lärm und Schlägereien und die Beschaffungskriminalität in allen ihren Erscheinungsformen – von Bedrohungen und Belästigungen bis hin zu Einbrüchen, Laden- und Taschendiebstählen.
Nach den Plänen der Stadt Köln sollte zum Ende des Jahres 2017 einer der größten Drogenkonsumräume Deutschlands am Neumarkt eröffnen – zusätzlich zu den zahlreichen bereits vorhandenen Hilfsangeboten in Neumarktnähe.
Hier sollten die Abhängigen dann legal Drogen einnehmen. „Wir wissen um die Probleme der Süchtigen, wir wissen auch, dass diese Menschen Hilfe benötigen. Aber eine derartige Konzentration des Drogenproblems an einem der zentralsten und belebtesten Plätze Kölns lehnen wir ab“, heißt es von der Bürgerinitiative.
Drogenalltag rund um die Uhr
Eine typische Alltagsszene beschreibt Walter Schuch, Geschäftsführer des Sanitätshaus Stortz in der Fleischmengergasse: „Als ich morgens um acht Uhr den Laden aufschließen wollte, rauchte dort ein Junkie Crack. Als ich ihn bat, den Eingang frei zu machen, schrie er mich an: Ich haue dir auf die Fresse, du Sau! Ich stech dich ab!“
Aber nicht nur vor der Tür, sondern auch im Laden spiegelt sich die Drogenszene wider. „Die Junkies kommen hier rein, schleichen bis hoch in die Büroetagen und klauen alles, was sie kriegen können“, erklärt Schuch. Einmal hätten sich im Laden fünf Junkies geprügelt, sich mit Stühlen beworfen und Feuerlöscher aus der Wandhalterung gerissen. Und alles wegen Drogen.
Der Geschäftsführer, der sich bei der„Bürgerinitiative Zukunft Neumarkt“ engagiert, ist besorgt. Wenn Stadt und Polizei jetzt nicht vehement und effektiv die Drogenszene in den Griff bekommen, sehe die Zukunft des Neumarktes düster aus. Schuch erklärt: „Dealer und Hintermänner sind aufgestellt wie eine Partisanen-Armee.“ Sie seien „perfekt vernetzt“. Nur kurz würden sie sich zurückziehen und dann wiederkommen. „Es geht ja um ein Millionengeschäft an Drogen. Keine Polizei und kein Ordnungsamt kommt gegen sie an.“
„Eigentlich sollte der im Dezember aufgestellte städtische Drogenkonsumraum auf dem Cäcilienhof die Lage verbessern“, schreibt der „Köln-Express“.
„Doch Anwohner schreien um Hilfe: Es ist nicht mehr zu ertragen. Denn der Raum zieht viel mehr Süchtige an.“
Interaktive Lösung für Drogenproblem
Die Bürgerinitiative will erreichen, dass wieder Ordnung, Sicherheit und Sauberkeit herrscht und der Neumarkt mit seinen angrenzenden Vierteln zu einem lebenswerten Raum wird – und zwar für alle Beteiligten. Aus diesem Grund hat der Verein seit Juni 2020 eine interaktive Google-Karte erschaffen, in der Unterstützer „Ereignisse mit der Drogenszene“ eintragen können. Bislang wurden über 160 Meldungen festgehalten.
„Machen Sie mit!“, ermutigt die Bürgerinitiative. „Schildern Sie uns Ihre diesbezüglichen Erlebnisse mit Bildern und Worten. Eine Veröffentlichung in der Karte erfolgt nach Sichtung durch uns ausschließlich anonymisiert.“
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