Anwalt: "Die Kultusminister werden jubeln"
Entscheidung zur Kindeswohlgefährdung – Bundesverwaltungsgericht lässt Fragen offen
Für Fragen der Kindeswohlgefährdung nach Paragraf 1666 BGB sind Familiengerichte zuständig. Daran lässt das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung keinen Zweifel offen. Mit der Weisungsbefugnis gegenüber den Schulen sieht es da schon anders aus.

Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht Leipzig sich zu der Frage der Zuständigkeit nach § 1666 BGB geäußert hat, so bleiben dennoch Fragen offen.
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Ein neuer Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig vom 16. Juni sorgt in alternativen Kanälen für Aufregung. „Die Diskussion um die Zuständigkeit von Familiengerichten ist beendet“, heißt es dort. „Der Vorsitzende im Fall Weimar war und ist im Recht.“ Wenn es um Kindeswohlgefährdung beziehungsweise Verfahren gemäß Paragraf 1666 BGB gehe, sind die Amts-/Familiengerichte zuständig und nicht das Verwaltungsgericht, entschied das Bundesverwaltungsgericht Leipzig in seinem Beschluss. Doch was der Beschluss konkret bedeutet, ist nicht auf Anhieb zu erkennen.
Zuvor hatten die Eltern eines minderjährigen Schülers beim Amtsgericht Tecklenburg ein sogenanntes Kindeswohlverfahren eingeleitet. Sie befürchteten durch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes und Einhaltung von Mindestabständen eine „nachhaltige Gefährdung“ ihres Kindes. Der angerufene Richter erklärte sich jedoch für unzuständig und verwies den Fall an das Verwaltungsgericht Münster. Dieser wiederum sah den Verwaltungsrechtsweg als unzulässig, sodass der Fall vor dem Bundesverwaltungsgericht landet.
Trotz seiner Verweisungsbeschlüsse ist das Amtsgericht Tecklenburg weiterhin zuständig, entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, das die Verweisung als „Verfahrensverstoß“ des Gerichts wertet. „Es hätte keine Verweisung aussprechen, sondern – da familiengerichtliche Anordnungen gegenüber Behörden rechtlich ausgeschlossen sind – entweder auf die Eröffnung eines Verfahrens verzichten oder ein bereits eröffnetes Verfahren einstellen müssen”, so das Gericht weiter. Den Eltern war es vorliegend lediglich darum gegangen, dass das Familiengericht Maßnahmen gegen die Schule auf der gesetzlichen Grundlage des Paragrafen 1666 BGB ergreift, wozu es von Amts wegen befugt ist.
„Eine Ohrfeige“ für die Erfurter Staatsanwaltschaft
Zu der gerichtlichen Entscheidung meldet sich Rechtsanwalt Ralf Ludwig zu Wort. Der Mitbegründer der Anwälte für Aufklärung und der Klagepaten begrüßte es in seinem Telegram-Kanal, dass Familiengerichte für Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung zuständig sind.
„Die Leipziger Richter haben sich allerdings zugleich inhaltlich in Widerspruch zu ihrer eigenen Entscheidung gesetzt, indem sie ausgeführt haben, dass Familiengerichte keine Behörden binden dürften“, gibt er zu Bedenken.
Für Ludwig liegt die Sache auf der Hand: „Sind die Verwaltungsgerichte nicht zuständig, haben sie die Entscheidungen weder zu kommentieren, noch zu kritisieren.“ Der Anwalt geht davon aus, dass letztendlich der Bundesgerichtshof bestimmt, welche Wirkungen die familiengerichtlichen Entscheidungen entfalten. Solange, bis dies geschehen ist, haben sich die Schulen an die Entscheidung des Gerichts zu halten.
In jedem Fall sieht der Jurist in dem Leipziger Beschluss „eine Ohrfeige“, vor allem für die Staatsanwaltschaft in Erfurt und das Oberlandesgericht in Thüringen, die demnach amtlich Rechtsbeugung begangen haben dürften, so Ludwig.
Zuvor hatte ein Familienrichter aus Weimar die Aussetzung von Maskenpflicht und anderen Schutzmaßnahmen an zwei Schulen angeordnet, wie Epoch Times berichtete. Dieser Beschluss sorgte für Aufregung. Während er einerseits Jubel bei Eltern auslöste, gab es Kritik von den Behörden. Schließlich wurde der Richter wegen des Verdachts der Rechtsbeugung angezeigt, was in einer Hausdurchsuchung gipfelte. Später entschied das OLG Thüringen, dass für Prüfungen der Gesundheitsschutzmaßnahmen an Schulen Verwaltungsgerichte zuständig seien.
Rechtsanwalt Holger Fischer, ebenfalls von den Anwälten für Aufklärung und Klagepaten bekannt, bringt die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig mit folgenden Worten auf den Punkt:
„Das Familiengericht hat einer Behörde nichts vorzuschreiben. Behörden dürfen also laut diesem Beschluss ignorieren, was ein Familiengericht zum Kinderschutz anordnet. Die Kultusminister werden jubeln.“
Auf der Plattform „2020.news“, die von der Rechtsanwältin Viviane Fischer betrieben wird, heißt es zur Leipziger Entscheidung: „Folgte man dieser Rechtsauffassung, so wären zum Beispiele sexuelle Übergriffe gegen Kinder in Privatschulen mit dem scharfen Schwert des Paragrafen 1666 BGB angreifbar und stoppbar, in staatlichen Schulen jedoch nicht.“ Die Opfer sexueller Gewalt in staatlichen Schulen müssten sich demnach auf langwierige Verwaltungsverfahren einlassen. Für Fischer ist der Beschluss in diesem Punkt nicht nachvollziehbar. „Mit welcher Argumentation sollte die Diskriminierung der Kinder im öffentlichen Schulweg vertretbar sein?“, fragt sie.
Der genaue Wortlaut des gerichtlichen Beschlusses wurde zu Recherchezwecken von der Epoch Times angefordert, liegt aber noch nicht vor. Zunächst werde der Beschluss den Beteiligten zugestellt, erst dann erfolge die Veröffentlichung, erklärte Pressesprecherin Ina Oertel auf Nachfrage. „Bitte haben Sie noch ein wenig Geduld.“

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