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Morgen Sonett – von Andreas Gryphius

Aus der Reihe Epoch Times Poesie – Andreas Gryphius feierte am 2. Oktober seinen Geburtstag. Und zwar im Jahr 1616. Seine Kindheit und Jugend waren vom Dreißigjährigen Krieg geprägt. Entsprechend thematisieren seine Arbeiten den moralischen Verfall während des Krieges, als auch das im Barock beliebte Motiv der Vanitas – der Vergänglichkeit.

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Vertreib die dicke Nacht/ die meine Seel umgibt…

Foto: iStock            

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Morgen Sonett

Die ewig helle schar wil nun jhr licht verschlissen/
Diane steht erblaßt;
die Morgenrötte lacht
Den grauen Himmel an/
der sanffte Wind erwacht/
Und reitzt das Federvolck/ den neuen Tag zu grüssen.
Das leben dieser welt/ eilt schon die welt zu küssen/
Und steckt sein Haupt empor/ man siht der Stralẽ pracht
Nun blinckern auf der See: O dreymal höchste Macht
Erleuchte den/ der sich jtzt beugt vor deinen Füssen.
Vertreib die dicke Nacht/ die meine Seel umgibt/
Die Schmertzen Finsternüß die Hertz und geist betrübt/
Erquicke mein gemüt/ und stärcke mein vertrauen.
Gib/ daß ich diesen Tag/ in deinem dinst allein
Zubring; und wenn mein End’ und jener Tag bricht ein
Daß ich dich meine Sonn/ mein Licht mög ewig schauen.
 
Aus der Sammlung „Das zweite Buch“,
weitestgehend in der Orthographie des Originals aus der Barockzeit belassen
Andreas Gryphius (1616 – 1664)

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