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Genf und Baselbiet

„Wir wollten die Leute aufrütteln“: Bauernproteste erreichen die Schweiz

Sie fingen in Frankreich an und verbreiteten sich in zahlreichen europäischen Ländern. Jetzt protestieren die ersten Landwirte auch im Nicht-EU-Land Schweiz.

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„Unser Ende wird euer Hunger sein“ steht zu Deutsch auf dem Plakat eines Schweizer Bauern mit Traktor. Auf dem Platz Plaine de Plainpalais im Zentrum von Genf fand am 3. Februar 2024 ein Bauernprotest statt.

Foto: Fabrice Coffrini/AFP via Getty Images

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Lesedauer: 5 Min.

Erstmals seit Beginn der Bauernproteste in mehreren europäischen Ländern hat es einen ersten Protestzug in der Schweiz gegeben. Rund 30 Landwirte fuhren mit ihren Traktoren am Samstag, 3. Februar, durch die Straßen von Genf. Dort fanden sie Unterstützung von rund 200 Menschen. Eline Müller von der Westschweizer Bauerngewerkschaft Uniterre sagte der Nachrichtenagentur AFP:
„Dies ist die erste Bauerndemonstration in der Schweiz nach den Demonstrationen und Blockaden, die überall in Europa stattfinden.“

Genf und anderswo

In Genf kamen gegen 10:30 Uhr die ersten Traktoren aus Versoix, gefolgt von einem Demonstrationszug aus Bernex und Meinier, wie das Schweizer Nachrichtenportal „Blick“ berichtet.
Ebenso protestierten Landwirte im Baselbiet mit Aktionen. Zwischenzeitlich beteiligten sich dort laut der Kantonspolizei Baselland 30 bis 40 Traktoren an der Protestfahrt, wie „Swissinfo“ berichtet. Die Landwirte starteten in Ormalingen, im Kanton Basel-Landschaft.
Später versammelten sie sich unter anderem in der Gemeinde Füllinsdorf vor einer McDonalds-Filiale. Ein Nutzer des Kurzbotschaftendienstes X/Twitter berichtete dort von 60 bis 70 Traktoren. Die Initiatoren haben über Instagram zum Protest aufgerufen.

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Die Sorgen der Bauern

Auf den Plakaten der Bauern waren Sprüche wie „Unser Ende wird euer Hunger sein“ zu lesen.
„Für uns als junge Menschen ist es sehr beängstigend, dass wir nicht wissen, ob es eine Zukunft in unserem Beruf gibt“, sagte der 19-jährige Winzerlehrling Antonin Ramu. Er begrüßte den Übergang zu einer ökologischen Landwirtschaft, forderte jedoch „mehr Unterstützung“.
Ein weiterer Kritikpunkt der Landwirte waren die Gewinnmargen der großen Supermärkte. So stand auf einem weiteren Plakat, das ein Traktor emporhob: „Großverteiler [Großhändler], wenn ihr euch nicht schämt, dann zeigt die Preise an, die den Bauern gezahlt werden.“ Uniterre, die den Bauernprotest in Genf organisiert hatte, forderte Transparenz in Bezug auf die Gewinnmargen entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Eine Landwirtin wies auf dem Portal SRF darauf hin, was momentan in der landwirtschaftlichen Branche geschehe. Sie sagte: „Jeden Tag verschwinden zwei Bauernhöfe. Hier geht es um die älteste Arbeit der Welt. Diese Arbeit rettet unsere Zukunft.“
Eine weitere Landwirtin äußerte, das Bewusstsein müsse in der Bevölkerung geschärft werden, was der wirkliche Preis der Produktion von Lebensmitteln sei. Ein Weinbauer teilte mit: „Den Bauern von heute geht es nicht gut. Sie wollen nicht nur von Subventionen leben.“
Ein weiterer Nutzer beklagte auf X, dass die Politik bei der Landwirtschaft gegen, anstatt für das Volk arbeite. Diesen Umstand würden „immer mehr Menschen begreifen“. Ebenfalls zeigte er Teams von Schweizer Fernsehsendern und bezeichnete diese als „politisch gesteuerte Lügenmedien“.

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Landwirt: „Wir wollten die Leute aufrütteln“

Am Monatsende hätten die Landwirte immer weniger Geld in der Tasche, kritisierte ein regionaler Landwirt. „Einerseits sollen wir ökologischer produzieren, wir sollen gesunde Nahrungsmittel produzieren. Andererseits soll auf unserem Buckel gespart werden.“ Gefordert seien Großhändler, aber auch die Politik.
Die Landwirte hätten mit dieser Aktion ein Zeichen setzen wollen, teilte der Landwirt aus Reigoldswil Thomas Rieder laut „Basel jetzt“ mit. „Wir wollten die Leute aufrütteln, damit wir mit unserer Diskussion etwas erreichen können. Wir wollen erklären, was wir jeden Tag machen. Über das wird oftmals nicht berichtet, weshalb wir auch missverstanden werden.“
Rieder ist überzeugt, dass die Bauernproteste in der Schweiz anders ablaufen als in Frankreich und Deutschland. „In der Schweiz können wir Bauern politisch viel mehr mitreden“, betonte Rieder. Ebenso teilte er mit: „Ganz tief unten sind wir uns aber ähnlich. Es wird überreguliert und wir kriegen im Verhältnis zu dem, was der Konsument bezahlt, einen schlechten Preis.“

Europaweite Proteste

In mehreren europäischen Ländern protestieren Landwirte seit Wochen für bessere Bedingungen. Angefangen in Frankreich, breiteten sich die Proteste in Deutschland, Belgien, Schottland, Litauen, Griechenland, Italien, den Niederlanden, Portugal, Irland, Polen und Rumänien aus.
Dabei protestieren sie unter anderem gegen die aus ihrer Sicht zu strikten Vorgaben in der Europäischen Union, zu der die Schweiz nicht gehört.
„In der Schweiz sagen viele Leute, dass die Situation anders ist“ und die Bauern nicht unter der Politik der EU zu „leiden“ hätten, sagte Gewerkschafterin Müller. „Aber in Wirklichkeit befinden wir uns trotzdem in der gleichen Art von Rahmen.“
(Mit Material von AFP)

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