„Identitätsmanagement“ für alle Bürger
Die Steuer-ID als Universalschlüssel für alle Verwaltungen: Der gläserne Bürger
Der Bundesrat stimmte am 5. März zu, die Steuer-ID als eindeutige „Bürgernummer“ zu benutzen. Die Identifikationsnummer soll künftig jeden Bürger ohne größeren bürokratischen Aufwand identifizieren. Manuel Höferlin (Bundestagsabgeordneter der FDP) bezeichnete das Vorhaben als verfassungsrechtlich hoch bedenklich.

Fingerabdrücke für den elektronischen Reisepass – diese sind über der „Steuer-ID“ künftig vermutlich auch mit anderen Verwaltungsdatenbanken verbunden.
Foto: Jan-Peter Kasper/Archiv/dpa
Der Bundesrat hat am 5. März zugestimmt, die Steuer-ID als eindeutige „Bürgernummer“ einzuführen. Personenbezogene Daten, die in den Verwaltungen an rund 50 Stellen vorliegen, werden künftig über die „Steuer-ID“ verknüpft. Die im Registermodernisierungsgesetz verankerte Identifikationsnummer soll zweifelsfrei die Bürger ohne größeren bürokratischen Aufwand erfassen (hier der Entwurf des Gesetzes).
Das Gesetz des Innenministeriums will damit ein registerübergreifendes „Identitätsmanagement“ für alle Bürger herstellen. Horst Seehofer erklärte, nur eine eindeutige ID, die in allen Registern gleichermaßen vorliege, ermögliche eine medienbruchfreie, verwaltungsübergreifende und nutzerfreundliche Kommunikation.
Die Steuer-ID, die vor 13 Jahren einzig und allein für steuerliche Zwecke eingeführt wurde, liegt dann beispielsweise auch den Krankenkassen, der Rentenversicherung, dem Melderegister, dem Führerscheinregister, dem Waffenregister und anderen Verwaltungsdatenbanken vor. Die Zugriffsrechte werden für die Verwaltung geändert, es soll keine zentrale Speicherung erfolgen.
Ziel ist nach Angaben der Großen Koalition, die Verwaltungsvorgänge zu vereinfachen, weil die gleichen Daten nicht mehrfach von verschiedenen Behörden eingeholt werden müssen. Erlaubt sei die gegenseitige Datenabfrage nur, wenn der Betroffene zustimmt. Über ein „Datencockpit“ sollen Bürger einsehen können, was von wem wann an wen übermittelt wurde.
Der gläserne Bürger – Erinnerungen an die DDR
Gutachter und Datenschützer halten das für problematisch. Der digitalpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Manuel Höferlin, bezeichnete die Nutzung der Steuer-ID als einheitliche Personenkennung als verfassungsrechtlich hoch bedenklich.
Auch der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Ulrich Kelber, kritisierte den Beschluss. Die bereichsübergreifende Verwendung eines solchen Kennzeichens schaffe ein „übermäßiges Risiko der Katalogisierung der Persönlichkeit“.
Andreas Schurig, sächsischer Datenschutzbeauftragter, erinnert die „Bürgernummer“ an die zentrale Personenkennziffer der DDR: „Durch die Schaffung eines einheitlichen und verwaltungsübergreifenden Personenkennzeichens besteht die Gefahr, dass umfangreiche Persönlichkeitsprofile erstellt werden – ein großer Schritt zum gläsernen Bürger.“
Auch im Fachforum „Golem“ wird stark darüber diskutiert. Einer der User erklärt: „Eine Bürgernummer ist jetzt der Universalschlüssel für alle staatlichen Datensammlungen. Damit wird die erste und entscheidende technische Voraussetzung für die Verknüpfung aller Daten, die die unterschiedlichsten staatlichen Stellen über einen führen, geschaffen. Und darin liegt die Gefahr, die in letzter Konsequenz auf den gläsernen Bürger hinausläuft.“
Andere weisen darauf hin: „Je einfacher die technischen Möglichkeiten sind und je weiter die Voraussetzungen bereits implementiert sind, umso schneller entstehen auch entsprechende Begehrlichkeiten seitens der Behörden.“ (ks)
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