„Endlich legale Wege für Flüchtende schaffen“: Mittelmeer-NGOs appellieren mit Brandbrief an Merkel
In einem offenen Brief an Angela Merkel fordern drei NGOs eine Änderung der EU-Politik im Mittelmeer.

Ein NGO-Schiff nimmt Migranten im Mittelmeer auf (4. November 2016).
Foto: ANDREAS SOLARO/AFP/Getty Images
Drei Hilfsorganisationen, die koordiniert daran mitwirken, Migranten aus libyschen Gewässern nach Europa zu bringen, haben einen Brandbrief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geschrieben.
Die EU solle aufhören, die libysche Küstenwache auszubilden, endlich Menschen aus Seenot retten und legale Fluchtwege nach Europa schaffen, fordern sie darin. Deutschland trage als größtes EU-Land Mitverantwortung für den „vielfachen Tod der Flüchtenden auf dem Mittelmeer“.
Schlepper-Vorwürfe und Angriffe
Die NGOs erklären, seit 2015 zur Rettung von Menschenleben tätig zu sein – und beklagen, dass sie mittlerweile „einer beispiellosen Reihe unbegründeter Vorwürfe“ gegenüber stünden:
„In Italien erheben Staatsanwälte die falsche und unbelegte Anschuldigung, wir arbeiteten vorsätzlich mit Schleppern zusammen.“ Diese „Verleumdungen“ würden zunehmend von rechten Gruppierungen ausgenutzt. Auch der österreichische Außenminister verunglimpfe ihre Arbeit als „NGO-Wahnsinn“.
In Deutschland würden Mitarbeiter zunehmend angegriffen.
Die EU setzte jedoch weiterhin auf eine Abschreckungs-Politik im Mittelmeer. Immer weniger EU-Schiffe würden an Rettungseinsätzen teilnehmen.
Die NGOs meinen: „Jegliche direkte oder indirekte Unterstützung der libyschen Küstenwache durch europäische oder italienische Behörden trägt noch mehr zur Gefährdung von Menschenleben bei und sollte daher unterbleiben.“
Die EU und ihren Mitgliedsstaaten sollten endlich ihrer Verantwortung nachzukommen, Menschen in Seenot zu retten. Deutschland trage Mitverantwortung, „auch für das gefährliche Vorgehen der von der EU ausgebildeten libyschen Küstenwache“.
Hierzu wurden Vorfälle aufgezählt.
Die NGOs erwarten:
„… dass endlich sichere und legale Wege für Flüchtende geschaffen werden, so dass niemand mehr gezwungen ist, sein bzw. ihr Leben in die Hände von Schleppern zu legen, um das Mittelmeer zu überqueren.
… eine klare Stellungnahme der Bundesregierung gegen die unhaltbaren Angriffe, denen wir ausgesetzt sind. Wir berichten umfänglich und transparent über unsere Arbeit und sind jederzeit bereit, Vorwürfe gegen uns zu diskutieren – solange sie auf nachprüfbaren Fakten beruhen.
… von den europäischen Staaten, insbesondere der Bundesregierung, jegliche Pläne zu verwerfen, die eine Rückführung von aus Seenot Geretteten nach Libyen vorsehen. Die Bedingungen in den Internierungslagern sowie die Willkür und mangelhafte
Rechtssicherheit in Libyen würden die Menschen existenziell gefährden und machen jeden Versuch der Rückführung zu einer moralischen Bankrotterklärung.“
Veröffentlicht wurde der Brief von Sea-Watch, Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerranée am 6. Juni 2017.
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