
So behebt Minister Lauterbach Engpässe: Kinder früher aus Kliniken entlassen
Zuerst werden zu geringe Belegzahlen verbreitet, die eine dramatische Situation suggerieren. Und dann, als sich der Fehler herausstellt, wird der Alarmmodus dennoch aufrechterhalten.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) steht bei einem Besuch im Hadassah Krankenhaus in Jerusalem mit Schutzkleidung in einem Operationstrakt.
Foto: Christophe Gateau/dpa
Minister Lauterbach entdeckt „Abrechnungsformalien“
„Es gibt keinen Kollaps“, es gebe allerdings „eine sehr angespannte Lage in den Kinderkliniken. (…) Diese Welle trifft auf ein System, das seit zweieinhalb Jahren am Limit arbeitet. Die Beschäftigten sind stark belastet“. Das abschließende Versprechen der Ministerin war eindeutig: „Schwerkranke Kinder werden ordentlich versorgt.“
Eine zu niedrige Zahl wird ungeprüft übernommen
Zwei unterschiedliche Positionen: Der Oberarzt will seine Klinik am Laufen halten und warnt gegenüber der Politik früh, wenn er Engpässe bereits erahnt. Und die Politik ist verpflichtet, alle Ressourcen im Auge zu behalten und die Klinikbetriebe aufrechtzuerhalten.
Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), die ein Intensivbettenregister führt, berichtete am 1. Dezember 2022 nach einer Umfrage an Kliniken Dramatisches:
„Lediglich 83 freie Betten gibt es generell noch auf pädiatrischen Kinderintensivstationen in ganz Deutschland – das sind 0,75 freie Betten pro Klinik, also weniger als eines pro Standort.“
Diese Zahlen wurden vom Bundesgesundheitsminister selbst verbreitet, ebenso wie in den öffentlich-rechtlichen Nachrichten.
Im Gegensatz zu den Nachrichtenredaktionen kamen diese Zahlen beispielsweise einem bis dato medial unbekannten Twitter-User namens Jochen Ziehmann komisch vor, er hat dann einfach mal zu Hause nachgerechnet und ist zu einem ganz anderen Ergebnis gekommen:
„1.233 Krankenhäuser melden täglich die Anzahl ihrer Intensivbetten an das ‚Intensivregister‘ der DIVI. Danach waren gestern von 2.792 betreibbaren Kinderintensivbetten noch 697 frei. Weitere 384 stehen in der sog. Notfallreserve zur Verfügung.“
Die aktuellen Zahlen vom 24. Dezember 2022 für Kinderintensivplätze liegen laut DIVI bei 158 freien Betten und 169 Betten in der Notfallreserve, also bei 327 Betten insgesamt.
Auch das “RedaktionsNetzwerk Deutschland” (RND) hatte die viel zu geringen Zahlen übernommen und auch noch in einer Grafik aufgearbeitet.
Unabhängig von den viel höheren absoluten Zahlen fallen hier allerdings die hohen (über ein Drittel) Zahlen der gesperrten Intensivbetten auf. Gesperrt bedeutet hier laut RND „meist wegen Personalmangel“ nicht zur Verfügung stehende Intensivplätze.
Wenn allerdings nach fast drei Jahren Corona-Problematik mit Intensivplätzen in Krankenhäusern solche Personallücken nicht geschlossen werden konnten, muss sich die Politik durchaus kritische Fragen gefallen lassen.
Die niedersächsische Gesundheitsministerin teilt gegenüber dem NDR in Sachen Kinderintensivstationen jetzt mit: „Das Problem ist verstanden worden und es wird nun angegangen.“ Man wolle den Krankenhäusern für die Kinderpflege eine höhere Fallpauschale zugestehen. Die Krankenhäuser müssten mehr verdienen, gemessen an ihrem Aufwand.
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