Gao Zhisheng – der „Freiheitsanwalt von Peking“
Neuer Einschüchterungsversuch gegenüber Chinas berühmtestem Anwalt
Von einem weiteren Einschüchterungsversuch gegenüber dem chinesischen Anwalt Gao Zhisheng ist zu berichten. Am Abend des 5. März hatte sich Gao mit seinem Kollegen Wang Quan Zhang aus der Stadt Jinin, Provinz Shandong, in Peking getroffen. Anschließend war Wang von der Polizei festgenommen worden. Am darauffolgenden Morgen, dem 6. März, suchte Anwalt Gao sofort gegen 9 Uhr Ortszeit das Amt für Öffentliche Sicherheit auf, um die Freilassung des befreundeten Anwaltes zu erwirken. Etwa zwei Stunden nach Gaos heutigem Appell wurde der Anwalt wieder frei gelassen.
Von der Sicherheitsbehörde nach Hause nahm Gao den Bus. Die Fahrgäste staunten nicht wenig, als sie sich Seite an Seite mit den ihn seit Monaten überwachenden Geheimagenten befanden, diesmal waren es an die 30 Männer; zusätzlich wurde er aber noch von drei Ungekannten verfolgt. Während die Zivilen in Beobachtungsstellung blieben, versuchten sich die drei Unbekannten Zutritt zu seiner Wohnung zu verschaffen, was ihnen allerdings nach einem Handgemenge im engen Treppenhaus nicht gelang. Anwalt Gao berichtete von einem neuerlich veränderten Erscheinungsbild seiner Verfolger, sie verstecken nun ihre Gesichter hinter hochgeschlagenen Mantelkrägen.
In den letzten Wochen wurden viele Freunde, Kollegen oder Unterstützer von Anwalt Gao festgenommen oder unter Hausarrest gesetzt, nachdem sie sich mit ihm getroffen hatten. Aus Protest darüber hat er am 4. Februar mit der Organisation eines landesweiten Hungerstreiks in China begonnen, der sich inzwischen international ausgeweitet hat.
Obwohl Gao durch seine bisherigen Aktionen und Briefe an die chinesische Führung unablässig an den Fundamenten des chinesischen KP-Regimes gerüttelt hat, wird er trotz 24-stündiger Bewachung durch Dutzende von Geheimagenten deutlich zurückhaltender behandelt als etliche seiner ebenfalls für die Menschenrechte engagierten Kollegen. Manche von ihnen wurden verprügelt, andere festgenommen. Drei seiner Kanzlei-Mitarbeiter wurden von der Arbeit weg entführt.
Als Grund dafür ist zu vermuten, dass es dem inzwischen berühmten Anwalt bisher immer gelungen ist, umgehend das In- und Ausland über die neuesten Attacken der chinesischen Sicherheitsbehörden zu unterrichten. Die Öffentlichkeit ist aber das, was das chineische Regime in solchen Fällen am meisten fürchtet.
In den vergangenen Wochen und Monaten erreichten den couragierten Anwalt unzählig viele Anrufe von Unterstützern aus dem In- und Ausland. Darunter befanden sich hohe Politiker, auch amerikanische Abgeordnete und sogar ein hochstehender Funktionär der chinesischen KP, der seine Identität nicht preisgeben konnte. Im November fand in Peking auch ein Treffen mit Manfred Nowak, dem UNO-Sonderberichterstatter für Folter, statt. Auf dem Weg zu dem Treffen hatten verfolgende Agenten-Autos Gaos Wagen gerammt.
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29. Juli 2009
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