Eine deutsch-chinesische Investorengesellschaft hat nach 15 Monaten Planung ihr Angebot für die Anlage in Heitersheim diesen Monat zurückgezogen. Die Stadt nehme die Entscheidung mit großem Bedauern entgegen, sagte Bürgermeister Christoph Zachow (parteilos). Allerdings seien die Gründe für den Rückzug „in der Summe nachvollziehbar“.
Hodeige und Wang
Die Idee, eine internationale Privatschule auf der Anlage des Malteserschlosses aufzumachen, kam vom ehemaligen Herausgeber der „Badischen Zeitung“, Christoph Hodeige. Verwirklichen wollte er den Traum mit seinem Studentenfreund, Wang Jiapeng. Sie haben in Norwegen das United World College zusammen besucht.
Hodeige ist als Medienunternehmer in seiner Region bekannt. „Christian Hodeige war als Verleger der ‚Badischen Zeitung‘ bis Ende 2019 eine lokale Größe, als Träger des Bundesverdienstkreuzes ein nationaler Held“,
beschreibt ihn die Schweizer „NZZ“.
Wang ist seinerseits ein aufstrebender Bildungsunternehmer und ein Delegierter des chinesischen Volkskongresses. Mit zwölf Jahren hat er einen schweren Flugzeugabsturz überlebt und aus seiner Erfahrung mit seinem Handicap heraus hilft er behinderten Menschen in China. Sein Leben wurde in China sogar verfilmt.
Sein zweites Gebiet ist die Bildung. Dem
„SWR“ erzählte er: „Ich träume davon, in China ein College aufzubauen“. Hodeige und Wang sind ein eingeschworenes Team und haben zusammen schon zwei Schulen eröffnet:
2014 in Freiburg (das Robert Bosch College),
2015 in Changshu, China.
Wang sei bei dem Projekt fürs Finanzielle zuständig, Hodeige fürs Konzeptionelle, erzählt er „SWR“. Die Schulen gehören zu den
United World Colleges – es ist eine Art Bildungsbewegung mit derzeit 18 internationalen Privatschulen weltweit.
Nur finanzielle Gründe für die Absage – oder doch nicht?
Heitersheim sollte das nächste große Projekt der beiden werden – doch es scheiterte. Über die Gründe berichten die lokalen Medien unterschiedlich. Die
„Badische Zeitung“ zitiert ihren ehemaligen Herausgeber, die Corona-Krise trug zum Aus des Projektes bei. Vor allem machten finanzielle Schwierigkeiten das Projekt nicht realisierbar.
300 Oberstufenschüler aus allen Erdteilen hätten in Heitersheim auf Englisch unterrichtet werden sollen, so Hodeige. Doch viele kämen in ihren Ländern momentan „nicht raus und nicht rein“.
Man müsse damit rechnen, dass die gegenwärtigen Reisebeschränkungen noch lange in Kraft blieben, sagte Hodeige. Die verpflichtenden Quarantänebereiche hätten zusätzliche Kostenkalkulationen gesprengt.
Doch andere Faktoren spielten dabei eine größere Rolle, da das Projekt von Anfang an umstritten war. Der Gemeinderat hatte es knapp abgelehnt. In einem
Bürgerentscheid im Februar 2020 sprachen sich 55 Prozent der Wähler für das Projekt aus.
Bürgerinitiative stellt unangenehme Fragen
Doch eine Bürgerinitiative gab nicht auf und stellte immer wieder kritische Fragen, woher das Geld für den Kauf (25 Millionen Euro) kommt und wer die Investoren genau sind. „Ob das nicht chinesisches Staatsgeld ist, wurde uns nie beantwortet“, sagte der Vorsitzende der Bürgerinitiative Malteserschloss, Zsolt Pekker.
Pekker erhob schwere Vorwürfe gegenüber dem Projekt: Wähler seien darüber falsch informiert worden. Die Bürgerinitiative bemängelt, dass nach mehrmaligen Anfragen an den Bürgermeister Löffler, keine Informationen über den dritten Investor des Projektes offengelegt wurden.
Die Identität wäre dem Bürgermeister ebenso nicht bekannt, beteuerte er immer wieder. In den Akten gebe es keinen Hinweis auf Bemühungen der Stadt, irgendwelche Informationen über die Investoren einzuholen, schreibt die Initiative
in ihrer Broschüre.
Bei der Heitersheim Schlossgesellschaft Ltd. & Co. KG ist die haftende Gesellschaft die Rhodes Education Ltd. „Laut Hodeige soll diese Firma das Kapital für die Investition aus China nach Deutschland transferieren. Rhodes Education gehört zu 100 Prozent Wang Jiapeng“, schreibt die Bürgerinitiative.
Die Firma hätte ein Stammkapital von weniger als 1.200 Euro und ist in Hongkong registriert. Die Büroadresse ist in Peking, fand die Initiative heraus.
Reporter der
„Süddeutschen Zeitung“ waren in Peking und beschrieben die Situation: „Fährt man zur Pekinger Adresse, sind da verwaiste Büroräume. Die Nachbarn sagen, die stünden seit Jahren leer, dabei ist die Firma nicht mal eineinhalb Jahre alt.“
Die Initiative stellte aber auch infrage, ob ein Vertreter „einer kommunistischen Diktatur“ in Heitersheim eine Schule betreiben solle und ob eine Einflussnahme auszuschließen sei.
Investor ist Amtsträger eines diktatorischen Regimes
Hodeige sagte der „Badischen Zeitung“, dass „das Verhältnis zu China abgekühlt“ sei. Und auch in Heitersheim habe es ein „kontinuierliches Trommelfeuer“ gegeben, wobei er sich auf die Intervention der Bürgerinitiative bezog.
„Da wurde so getan, als würde das hier eine chinesische Kaderschmiede“, klagte Hodeige. Immerhin handele es sich um einen „Amtsträger eines diktatorischen Regimes, das immer repressiver und aggressiver auftritt“, so die Initiative.
Die politischen Ambitionen von Wang seien in Heiterheim nie besprochen worden. „Hier war immer nur von ‚Weltfrieden und Völkerverständigung‘ die Rede“, so die Initiative weiter.
Seine politische Rolle ist deswegen relevant, da er als chinesischer Staatsbürger gesetzlich verpflichtet sei, mit den chinesischen Sicherheitsbehörden zusammenzuarbeiten. Die Regierung in Peking könnte Auskunft über die Schule und die Studenten einfordern.
Malteserschloss ist im Besitz eines katholischen Ordens
Der Renaissance-Bau war einst der Hauptsitz des Ordens der Malteser und ein Wahrzeichen der Stadt Heitersheim. Es ist eine der größten Schlossanlagen in der Umgebung mit beinahe 50.000 Quadratmetern.
Sie bietet Platz für Wohnhäuser, Türme, barocke Gärten und Innenhöfe. Die Anlage verfügt sogar über eine eigene Kirche. Die Anlage gehört zurzeit dem katholischen Orden der Vinzentinerinnen. 41 Schwestern leben noch dort, sie müssen allerdings bis zum Jahresende 2022 komplett ins Freiburger Mutterhaus umziehen.
Der katholische Orden bedauerte die Absage. Man habe voll hinter dem Schulprojekt gestanden. Allerdings seien auch dem Orden wegen der Fragen der Bürgerinitiative zuletzt ebenfalls Zweifel gekommen. Der Plan ist, einen neuen Käufer zu suchen.