Sag mir, wo die Kredite sind ...
Wie Chinas Finanzsektor faule Kredite wegzaubert

Das Geschäft mit faulen Krediten kommt in China gerade erst so richtig in Schwung.
Foto: PHILIPPE LOPEZ/AFP/Getty Images
Der neuesten offiziellen Statistik zufolge gibt es in China kaum faule Kredite: Nur 0,97 Prozent aller Kredite in chinesischen Banken seien faul, behauptet die Studie. Wo liegt dann der Hund begraben? Die Zahl ist in der Tat viel höher, da die meisten faulen Kredite auf verschiedene Art versteckt sind.
Offiziell sind 70 Milliarden Euro „faul“
Chinas Banken-Aufsichtsrat veröffentlichte den zitierten Bericht. Ihm zufolge betrug die Summe aller faulen Kredite in Chinas Geschäftsbanken bis Ende September dieses Jahres 563,6 Milliarden Yuan (rund 70 Milliarden Euro). Das sind 70 Milliarden Yuan mehr als zu Beginn des Jahres 2013 und 0,01 Prozent mehr, als noch Ende Juni 2013. Die Summe der faulen Kredite ist also das siebte Quartal in Folge gestiegen.
Doch die Zahl sieht im internationalen Vergleich sehr gut aus: In den USA liegt die Quote der faulen Kredite weit höher, bei circa 3,9 Prozent.
Kreditverlängerung verschleiert die Lage
In Wirklichkeit ist die Angabe der chinesischen Bankenaufsicht nur die Spitze des Eisbergs. Die Standard-Methode, die chinesische Banken nutzen, um faule Kredite zu verstecken, ist die Kreditverlängerung. Charlene Chu, Analystin von Fitch Rating sagte in einem Interview, dass es in China schon zum Alltagsgeschäft gehöre, Kredite zu verlängern – mindestens einmal, manchmal sogar mehrmals. Durch die Verlängerung vergeben die Banken entweder noch einen höheren Kredit oder verschieben die Rückzahlungs-Frist.
Anhand des Umfangs der Kreditvergabe der chinesischen Banken im Jahr 2013 könne man feststellen, dass bereits viele Kredite verlängert wurden, so Charlene Chu. Fitch Rating schätzt, dass das Kreditvolumen des chinesischen Banksystems 2013 im Vergleich zum Vorjahr um 95 Billiarden Yuan gestiegen ist. Weitere Kredite im Wert von rund 100 Billiarden Yuan fließen durch die Schattenbanken in den Markt. Die Statistiken der verlängerten Kredite veröffentlichen die Banken jedoch nicht.
Geschäfte mit faulen Krediten
Neben dem Trick mit der Verlängerung verkauften Chinas Banken außerdem viele faule Kredite an Investitionsfirmen. Die „Bank of Communication“ verkaufte zum Beispiel im ersten Halbjahr 2013 faule Kredite im Wert von 5,1 Milliarden Yuan an eine Firma für Investitionsmanagement. Hätte der Deal nicht stattgefunden, hätte diese Bank bereits eine faule Kreditquote von 1,15 Prozent, statt der jetzt 0,99 Prozent ihres offiziellen Berichts.
In der ostchinesischen Stadt Wenzhou, wo die Immobilienblase bereits zu platzen anfing, erreichte die Quote der faulen Kredite bis Ende Oktober bereits 4,31 Prozent. Bei einigen Banken vor Ort betragen die faulen Kredit sogar über 10 Prozent.
Und das Problem löst sich in Luft auf …
Chinas Banken-Aufsichtsrat hat vor kurzem eine neue Regel erlassen, die Investitionsfirmen auf Provinzebene das Kaufen und Verkaufen von faulen Krediten gestattet. Bisher durften das nur die vier großen nationalen Investitionsfirmen. Sie kauften den Banken ihre faulen Kredite ab und bastelten daraus neue Finanzprodukte, die sie wiederum ihren Kunden unterjubelten, wodurch der Endverbraucher den Verlust durch den faulen Kredit tragen muss. Viele Provinzregierungen fingen deshalb an, solche Investitionsfirmen für das Geschäft mit faulen Krediten zu gründen. In der Provinz Zhejiang ist der Handel schon in Betrieb. In den Provinzen Jiangsu und Anhui befinden sich die Firmen gerade in der Gründungsphase. Man darf davon ausgehen, dass sich in Zukunft noch mehr faule Kredite Chinas still und heimlich „in Luft auflösen“.
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