Der Fall um die Wiedereröffnung einer Kantine in einem Seniorenheim im badischen Steinen, nahe der Schweizer Grenze bei Basel liegt nun beim Bundesverfassungsgericht vor. Es geht um eine grundsätzliche Frage in der Pandemie: Sollen Geimpfte Privilegien gegenüber Nichtgeimpften erhalten oder nicht?
Auf der einen Seite hoffen die Menschen, durch die Impfung ein Stück weit ein normales Leben zurückzuerhalten, das sie durch die Corona-Maßnahmen der Regierung verloren haben. Würden nun die Geimpften aber besondere Privilegien bekommen, würde dies Nichtgeimpfte zu Bürgern 2. Klasse machen und die ohnehin schon existente Spaltung der Gesellschaft weiter verschärfen, so die Befürchtungen. Kritiker warnen zudem in diesem Zusammenhang vor einem Impfzwang durch die Hintertür.
Eine Altenheim-Kantine schlägt Wellen
Im besagten Fall in Steinen sind alle Bewohner des Altenheims und die meisten der Mitarbeiter geimpft worden und Wolfram Uhl, Heimleiter des Seniorenzentrums Mühlehof hatte eine Öffnung der Kantine „KaffeeMühle“ beantragt: „Eigentlich ging es nur darum, den Senioren ihren Treffpunkt zurückzugeben, damit sie wieder zusammen Mittag essen können“, erklärte Uhl im Gespräch mit dem Magazin
„Focus“.
Das zuständige Gesundheitsamt in Lörrach wollte ihm jedoch keine Privilegien für die geimpften Bewohner geben und Uhl zog vor Gericht. Doch auch das Verwaltungsgericht Freiburg und der Verwaltungsgerichtshof von Baden-Württemberg in Mannheim änderten nichts an der Entscheidung des Gesundheitsamtes. Als Begründung wurde auf die nicht hinreichende Klärung der Ansteckungsgefahr durch Geimpfte verwiesen.
Nun soll also ein Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht die Lösung bringen.
Senioren wollen Isolation entgehen
Die ständige Isolation macht den Menschen zu schaffen, erfuhr das
„Verlagshaus Jaumann“ im Gespräch mit Heimleiter Uhl: „Die Leiden durch Isolation, und nichts anderes ist es für die Bewohnenden, erleben wir durch Vereinsamung, Depression, geistigen Abbau, Verwahrlosung.“
Uhl argumentiert, dass die Infektions- und Übertragungsgefahr bei geimpften Menschen erheblich reduziert sei, was Studien belegen würden. Auch sei die Sterblichkeitsrate bei Senioren inzwischen zurückgegangen. „In diesem Kontext wiegen für mich die Risiken durch die soziale Isolation erheblich schwerer“, so der Heimleiter. Die meisten der Bewohner hätten „den sehnlichsten Wunsch“, dass sie sich wieder in der „KaffeeMühle“ treffen könnten, weiß Uhl.
Bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und möglicherweise auch danach, müssen die alten Leute vom Mühlehof weiter in Isolation leben, trotz Impfung, und auf ein Ende der Pandemie hoffen oder ein Umschwenken in der Corona-Politik der Regierung.
Der Fall vom Mühlehof erinnert unweigerlich an einen anderen traurigen Vorfall, der sich in Würzburg kürzlich zutrug. Dort wollte ein 82-jähriger Senior den
Isolationsmaßnahmen durch eine Impfung entgehen. Der alte Mann hatte sich trotz seiner lebensgefährlichen Vorerkrankungen zu einer Impfung entschieden, um wieder mehr Normalität im Alltag zu haben. Im Beratungsgespräch hatte er dem Arzt gestanden, dass ihm der Kontakt zu seinen Enkelkindern sehr fehle. Als er nach der Biontech/Pfizer-Impfung am 11. März zu seinem Auto ging, brach er plötzlich zusammen und verstarb.
Inwieweit die Regierungsmaßnahmen – und damit auch die Isolation – zur Bekämpfung der Corona-Pandemie bedeutend sind, dazu gibt es ganz unterschiedliche Meinungen, wie auch die immer größer werdende Protestbewegung verdeutlicht. Es gibt auch andere Regierungsentscheidungen, erfolgreiche, die ihren Bürgern nicht so scharfe Maßnahmen verordnen, wie beispielsweise
Schweden,
Taiwan,
South-Dakota und
Florida oder kürzlich erst
Texas und
Mississippi.
