Essstörung
Social Media und Streaming: Medienkonsum fördert Essstörung bei Kindern
Exzessiver Medienkonsum von Kindern im Grundschulalter begünstigt die Entwicklung von Essstörung in den darauf folgenden Jahren, zu diesem Ergebnis kommen Forscher aus Kanada und den USA. Insbesondere die Nutzung von Social Media, aber auch Fernsehen, habe mitunter wortwörtlich schwere Folgen.

Exzessiver Medienkonsum begünstigt Essstörungen bei Kindern.
Foto: iStock
Kinder in den Vereinigten Staaten, die im Alter von 9-10 Jahren mehr Zeit am Bildschirm verbringen, haben ein Jahr später ein höheres Risiko, eine Essstörung (Binge-Eating) zu entwickeln. Das ist das Ergebnis einer Studie mit über 11.000 Kindern in den Vereinigten Staaten.
Darin heißt es, dass jede zusätzliche Stunde, die mit sozialen Medien verbracht wurde, mit einem 62 Prozent höheren Risiko für eine Binge-Eating-Störung ein Jahr später einhergeht. Außerdem ergab die Studie, dass jede zusätzliche Stunde, die mit Fernsehen oder Streaming verbracht wurde, zu einem 39 Prozent höheren Risiko für eine Binge-Eating-Störung im Folgejahr führte.
Forscher der Universitäten von Kalifornien, San Francisco (USA) und Toronto (Kanada) veröffentlichten ihre Ergebnisse Anfang März im “Internationalen Journal für Essstörungen”.
Vom Serien-Marathon zum Nasch-Marathon
Die Binge-Eating-Störung, so die Autoren, ist dadurch gekennzeichnet, dass in kurzer Zeit große Mengen an Nahrung verzehrt werden, während des Essens ein Gefühl des Kontrollverlusts und danach Scham- oder Schuldgefühle auftreten. Diese Form der Essstörung sei die häufigste Essstörung in den USA und kann, wenn sie zu Herzkrankheiten oder Diabetes führt, sogar lebensbedrohlich sein.
Menschen mit einer Binge-Eating-Störung müssen nicht immer übergewichtig sein. Im Gegensatz zu Menschen mit Bulimie kompensieren Betroffene ihr Verhalten jedoch nicht durch Erbrechen, die Einnahme von Abführmitteln oder übermäßiges Training. Sie essen häufig allein oder heimlich und können essen, bis sie “unangenehm voll” sind.
Sind Kinder “vor dem Bildschirm abgelenkt, sind sie möglicherweise anfälliger für übermäßiges Essen”, sagt Jason Nagata, Assistenzprofessor für Pädiatrie an der University of California. Möglicherweise seien sie vorm Fernseher auch mehr Lebensmittelwerbung ausgesetzt. “Weil sie zu viel konsumieren und die Kontrolle verlieren, [kann] Binge-watching [somit] zu Binge-Eating-Verhalten führen”, so Prof. Nagata weiter.
“[Auch] die Exposition gegenüber sozialen Medien und unerreichbaren Körperidealen kann zu einem negativen Körperbild und nachfolgendem Binge-Eating führen”, ergänzt Dr. Kyle T. Ganson von der University of Toronto in einer Pressemitteilung. Die Studie unterstreiche daher “die Notwendigkeit für mehr Forschung […], wie Bildschirmzeit das Wohlbefinden junger Menschen jetzt und in Zukunft beeinflusst.”
Pandemie, Bildschirmnutzung, Essstörung
Für ihre Untersuchung griffen die Forscher auf die Adolescent Brain Cognitive Development Study zurück. Sie ist die größte Langzeitstudie zur Gehirnentwicklung in den Vereinigten Staaten. Insgesamt analysierten die Forscher Daten von 11.025 Kindern im Alter von 9-11 Jahren. Die Erfassung der Daten erfolgte von 2016 bis 2019.
Die Kinder beantworteten dabei Fragen zu ihrer Zeit, die sie mit verschiedener Bildschirmnutzung verbrachten, darunter Fernsehen, soziale Medien und SMS. Eltern beantworteten Fragen zum Verhalten ihrer Kinder, insbesondere zur Häufigkeit und den Merkmalen des übermäßigen Essens und dem damit verbundenen Leidensdruck.
Obwohl die Studie aus der Zeit vor Corona stammt, sehen die Forscher eine besondere Relevanz ihrer Ergebnisse während der Pandemie. “Mit Fernunterricht, der Streichung des Jugendsports und sozialer Isolation sind Kinder derzeit einem noch nie dagewesenen Maß an Bildschirmzeit ausgesetzt”, stellte Nagata fest. “Obwohl die Bildschirmzeit während der Pandemie wichtige Vorteile wie Bildung und Sozialisierung haben kann, sollten Eltern versuchen, die Risiken von übermäßiger Bildschirmzeit wie Binge-Eating zu mindern.”
Aus diesem Grund rät Nagata: “Eltern sollten regelmäßig mit ihren Kindern über die Bildschirmzeit sprechen und einen Familienplan für die Mediennutzung entwickeln.”
(ts)
(Mit Material der University of Toronto)
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