Ausstellung feiert Mode-Jahrzehnt des vorigen Jahrhunderts
Siegeszug der Schönheit in London

Silhouetten-Vielfalt: Ob H-, A,- oder Pfeil-Linie, die Experimentierfreude der Meister-Designer beeindruckt auch heute noch. (Fotos: Getty Images)
An einem Abend im Jahr 1947 begann mit der „Blütenkelch-Linie” die glanzvollste Zeit der Pariser Mode und ein Jahrzehnt, in dem Frauen überall auf der Welt ein bisschen wie Prinzessinnen aussahen. Verursacher dieses Durchbruchs zu neuer Mode und neuem Lebensgefühl war der Franzose Christian Dior, den sein „New Look” über Nacht berühmt machte. Er hatte das Unerhörte gewagt, und auf die Entbehrungen der Nachkriegszeit mit purem Luxus geantwortet: Mit Wespentaillen und schwingenden Röcken aus unzähligen Metern Stoff hatte er den Frauen ihren Stolz, ihre Eleganz und ihre Schönheit zurückgegeben.
Uniformartige Hemdkleider mit tristen Kastensilhouetten, die von den Sparzwängen des Krieges diktiert worden waren und die die Frauen zur moralischen Unterstützung ihrer Soldaten-Männer getragen hatten, wurden auf einmal in die Vergangenheit verbannt.
Bis zu seinem Tod im Jahr 1957 prägte Dior den neuen Stil entscheidend und lancierte Jahr für Jahr eine andere Silhouette. Seine Designer-Kollegen folgten begeistert seinem Beispiel, und inspiriert von dieser Aufbruchstimmung entstand Mode, deren Eleganz bis heute unübertroffen ist.
Mehr als 100 Kreationen dieser goldenen Ära werden bis zum 6. Januar 2008 im Londoner „Victoria & Albert Museum” zu sehen sein, darunter Tages-, Cocktail-, und Abendkleider aus Frankreich und Großbritannien, die für Gesellschaft und Königshof entworfen wurden.
Christian Dior, Hubert Givenchy und Christóbal Balenciaga sind die Hauptkreateure aus Frankreich, Hardy Amies und Norman Hartnell ihre britischen Gegenparts, die in den fünfziger Jahren die Haute Couture zu höchster Blüte führten.
Den Meistern auf der Spur
Mit Fotografien von Richard Avedon und Cecil Beaton, Filmausschnitten aus Hollywood und originalen Ton-Dokumenten, begibt man sich auf eine faszinierende Zeitreise. Skizzen, Stoffe, Rechnungen und Briefe rücken die Vergangenheit in greifbare Nähe. Die Schau zeichnet die Geschichte von Designern und Werkstätten nach, erzählt von Couture-Häusern und ihren Kunden und beleuchtet, wie deren Einfluss die alltägliche Mode prägte.
Eine Abteilung, die sich speziell mit dem Thema Technik und Handwerk beschäftigt, enthüllt den Besuchern das Innenleben der Kleider. Diese ungewöhnlichen Einblicke offenbaren, was sonst auf dem Laufsteg verborgen bleibt: Die Verarbeitung von Innenseiten und Unterkleidern mit ihren von Hand gehefteten Etiketten und verblassenden Aufschriften erzählt von der Entstehungsgeschichte und von unermüdlicher Arbeit jener fleißigen ungenannten Hände, die den Ruhm der Designer erschufen.
Die meisten der gezeigten Kleider stammen aus dem Besitz des Victoria & Albert Museums selbst, sie wurden ergänzt durch Neuerwerbungen. Eine intensive Forschungsarbeit im Vorfeld der Schau führte zu neuen Erkenntnissen über die Geschichte der Traum-Roben, etwa 70 von ihnen wurden eigens für die Schau restauriert.Dabei kam es zu einem sensationellen Fund: Das Modell „Zemire”, ein Kleid aus Diors „Ligne H” -Kollektion des Jahres 1954, wurde wiederentdeckt. Der Traum in Rot, bestehend aus Oberteil, Jacke und bodenlangem Rock, hatte jahrzehntelang in einem Pariser Keller nahe der Seine geschlummert und bislang nur noch auf alten Fotos existiert. Perfekt restauriert ist „Zemire” nun die Sensation der Schau – schlicht und umwerfend glamourös.
Abgerundet wird der Reigen mit einer kleinen Auswahl zeitgenössischer Haute Couture. Mit seiner Herbst/Winter-Kollektion 2005/06 kreierte John Galliano eine Hommage an Diors Meisterschaft und erwies damit dem Gründervater die Ehre.
„Diese Ausstellung feiert ein wichtiges Jahrzehnt der Modegeschichte, das großen Einfluss auf den Bekleidungsstil der Frauen und die Entwicklung der Modeindustrie insgesamt ausübte,” sagte Mark Jones, der Direktor des Victoria & Albert Museum in London. Er muss es wissen…
“The Golden Age of Couture: Paris and London 1947-1957” findet bis zum 6. Januar 2008 im Victoria & Albert Museum in London, statt.
www.vam.ac.uk
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