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Vineta – Von Wilhelm Müller

Aus der Reihe Epoch Times Poesie - Gedichte und Poesie für Liebhaber

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Ostsee, Vineta Seebrücke Zinnowitz .Auf der Ostsee-Insel Usedom. Mit Tauchgondel Bei "Sonnenaufgang" Im Gegenlicht.

Foto: iStock

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Lesedauer: 2 Min.

Vineta

Aus des Meeres tiefem, tiefem Grunde
Klingen Abendglocken dumpf und matt,
Uns zu geben wunderbare Kunde
Von der schönen alten Wunderstadt.
In der Fluten Schoß hinabgesunken,
Blieben unten ihre Trümmer stehn,
Ihre Zinnen lassen goldne Funken
Widerscheinend auf dem Spiegel sehn.
Und der Schiffer, der den Zauberschimmer
Einmal sah im hellen Abendroth,
Nach derselben Stelle schifft er immer,
Ob auch rings umher die Klippe droht.
Aus des Herzens tiefem, tiefem Grunde
Klingt es mir, wie Glocken, dumpf und matt.
Ach, sie geben wunderbare Kunde
Von der Liebe, die geliebt es hat.
Eine schöne Welt ist da versunken,
Ihre Trümmer bleiben unten stehn,
Lassen sich als goldne Himmelsfunken
Oft im Spiegel meiner Träume sehn.
Und dann möcht’ ich tauchen in die Tiefen,
Mich versenken in den Widerschein,
Und mir ist, als ob mich Engel riefen
In die alte Wunderstadt hinein.
Wilhelm Müller  (1794 – 1827)
Der Sage nach ging Vineta bei einem Sturmhochwasser unter. Grund sei der moralische Verfall der Stadt, der „Hochmut und die Verschwendung der Bewohner“ gewesen. In einer der zahlreichen Varianten der Sage gab es eine Warnung: Drei Monate, drei Wochen und drei Tage vor dem Untergang der Stadt erschien sie über dem Meer mit allen Häusern, Türmen und Mauern als farbiges Lichtgebilde. Die Ältesten rieten allen Leuten daraufhin, die Stadt zu verlassen, denn sehe man Städte, Schiffe oder Menschen doppelt, so bedeute das immer den Untergang. Doch die Bewohner Vinetas kümmerten sich in ihrem Mangel an Demut nicht darum. Niemand beachtete auch die allerletzte Warnung: Einige Wochen später tauchte eine Wasserfrau dicht vor der Stadt aus dem Meer und rief dreimal mit hoher, schauerlicher Stimme:
„Vineta, Vineta, du rieke Stadt, Vineta sall unnergahn, wieldeß se het väl Böses dahn“
„Vineta, Vineta, du reiche Stadt, Vineta soll untergehen, weil sie viel Böses getan hat.“
Noch heute sollen Glocken aus den Tiefen des Meeres zu hören sein.
Quelle: Vineta – Wikipedia:

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