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Meinung

Auf ein Wort: Vergangenes schätzen, aber hinter sich lassen

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Ein goldenes Weizenfeld im August.

Foto: iStock

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Lesedauer: 3 Min.

Liebe Leser,
dass jeder Moment absolut einzigartig und unwiederbringlich ist, habe ich an diesem wunderschönen Augusttag wieder einmal feststellen können. Egal wie oft ich bereits denselben Weg entlang der letzten Häuserreihen hinaus in die Felder meiner kleinen Dorfgemeinde gelaufen bin, so fühlt es sich stets anders an.
Verschiedene Gerüche strömen mir entgegen, wie der frisch gemähte Rasen eines Vorgartens oder der Geruch des Traktors, der vor mir eine Runde dreht, um auf dem golden schimmernden Acker seine Getreideernte einzufahren. Gerne möchte ich die Zeit anhalten, in der die Nachmittagssonne angenehm mein Gesicht erwärmt.
Plötzlich kommen Erinnerungen an meine Kindheit hoch. Lange ist es her, dass ich mit meinen Großeltern, Eltern und Geschwistern selbst auf einem ähnlichen Acker gesessen bin, um Kartoffeln aus dem Boden zu rupfen. Voller Stolz habe ich damals jeden vollen Korb meiner Oma präsentiert, um daraufhin das versprochene Münzgeld als Belohnung entgegennehmen zu können. Durch die „kleine Motivation“ habe ich mehrere Stunden durchgehalten, bis es dann auf dem Traktor wieder in Richtung des Bauernhofes meiner Großeltern ging.
Auch das war eine schöne Zeit und sie wird nicht wiederkommen. Aber vielleicht geht es auch nicht darum, dass etwas nicht enden darf. Denn jedem Ende ist auch wieder ein neuer Anfang beschert. Obwohl ich die Zeit auch jetzt nicht anhalten kann, kann ich doch darauf hoffen, dass die Sonne am nächsten Tag wieder aufgeht. Neue Momente und neue Geschichten werden entstehen, an die ich mich später wieder erinnern kann.
Als ich auf meinem Spaziergang wieder in Richtung Ortsinneres komme, lässt auch hier jedes Gebäude eine Geschichte aus meinem Leben vor meinem geistigen Auge aufblitzen. Meine alte Schule, das Wohnhaus eines Schulkameraden und die leckere Bäckerei, die mittlerweile durch einen Kinderwagen- und Rollatorverkauf ersetzt wurde. Verschiedene Gedanken und Gefühle wie Freude, Trauer und Erleichterung wechseln sich untereinander ab. Vieles hat mich geprägt; ich habe gelernt, mich entwickelt und meine Lehren gezogen.
Bei all den Erlebnissen im Leben merke ich jedoch Folgendes: Je schneller ich etwas Vergangenes hinter mir lassen und auf neue Situationen eingehen kann, desto besser kann ich damit umgehen. Ich kann mich auch viel mehr auf das freuen, was noch kommt.
Würde die Zeit stehen bleiben, wäre es doch fatal und würde schnell langweilig werden. Das hat auch Hermann Hesse treffend in einem seiner berühmtesten Gedichte („Stufen“) beschrieben:
„[…] Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.
Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf‘ um Stufe heben, weiten. […]“
Ihre Iris Lindenmaier

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.

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