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G7-Gipfel belanglos – das Kreuz musste weg

Der G7-Gipfel in Münster ist zu Ende gegangen. Ein Kommentar von Georg Habenicht.

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Der westfälische Friede von 1648 steht im Namen des Kreuzes. Niemand sollte sich fortan auf das Kreuz berufen können, wenn er Krieg führte.

Foto: Guido Kirchner/dpa

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Lesedauer: 4 Min.

Am Freitag, den 5. November, ist der G7-Gipfel in Münster zu Ende gegangen. Die Ergebnisse sind der Rede nicht wert. Das eigentliche Thema der ganzen Veranstaltung indessen ist, dass das Kreuz weg musste.
Der „Eingriff“ geriet im Nachgang zum Eklat. Jetzt zerstört er den gleichermaßen weltläufigen wie offenherzigen Nimbus des Auswärtigen Amtes samt seiner Chefin Annalena Baerbock.
Auf Anordnung des Auswärtigen Amtes wurde im historischen Friedenssaal im Rathaus von Münster, wo die G7-Runde tagte, ein altes historisches Standkreuz entfernt. Im Nachhinein schiebt die deutsche Außenministerin die Verantwortung weit von sich.
Das Ganze sei ohne ihr Wissen durch ihr Amt veranlasst worden. Frau Baerbock bedauert den Vorgang. Oberbürgermeister Lewe bedauert ebenfalls. Überhaupt bedauern jetzt alle. Aber niemand stellte das übrigens künstlerisch hochwertige Kreuz von ca. 1540 wieder zurück an seinen Platz.

Das Kreuz zu Münster durchkreuzt das schöne Image

Warum hatte kein Verantwortlicher den Mut, sich der kurzsichtigen und ahistorischen Anordnung des Auswärtigen Amtes zu widersetzen? Der Friedenssaal ist ja nur deshalb Ort des G7-Gipfels geworden, um in einer Zeit, da wieder Krieg in Europa herrscht, ein Zeichen zu setzen. Denn hier wurde 1648 der westfälische Friede besiegelt.
Paragraph 1 des Friedens formuliert das allgemeine umfassende Friedensgebot: „Es möge ein christlicher allgemeiner und immerwährender Friede“ herrschen (pax sit Christiana, universalis, perpetua).
Der westfälische Friede steht im Namen des Kreuzes. Niemand sollte sich fortan auf das Kreuz berufen können, wenn er Krieg führte (was davor der Fall war). Dagegen kann eigentlich nur der Kriegstreiber etwas haben.

Nazis entfernten 1936 im Münsterland Kreuze

Als die Nazis 1936 befahlen, im Land Oldenburg alle Kreuze in Schulen und öffentlichen Gebäuden zu entfernen, kam es im Oldenburger Münsterland, das dem Bistum Münster unterstand, zum kollektiven Widerstand.
Dieser war so vehement, das der oldenburgische Gauleiter den umstrittenen Kreuzerlass zum Teil zurücknahm. Der münsterische Bischof Clemens August Graf von Galen, der „Löwe von Münster“, dankte den Katholiken im oldenburgischen Münsterland in einem Hirtenbrief für ihren mutigen Widerstand mit den Worten, ihre Haltung möge für alle Christen weit hinaus über die Grenzen ihrer Heimat Vorbild und Beispiel sein.
Ob den deutschen Kreuzabhängern und Kreuzentfernern von heute eigentlich klar ist, in welcher fatalen Kontinuität sie sich bewegen? Im Jahr 2022 sich zu weigern, das Kreuz zu entfernen, dazu braucht es wahrlich nicht viel. 1936 schon!
Das künstlerisch bedeutsame Standkreuz im Friedenssaal steht nicht grundlos in der sogenannten Bürgermeisterbank. Es sollte die hohen Herren daran erinnern, demütig, weise und vor allem gnädig zu urteilen und Recht zu sprechen. Das hatte Format. Unsere Politiker handeln wie „Zwerge“, die sich aufblasen zu Weltenlenkern.

Ohne Kreuz kein Kompass?

Will man über das Menschenbild einer Epoche reden, muss man zuerst über ihr Gottesbild sprechen. Man muss nicht ans Kreuz glauben, um einen inneren Kompass zu haben. Aber mit geht es offenbar besser. Die Entbindung von Gott hat unsere Funktionseliten stark verunsichert. Gott ist tot – und wir haben ihn getötet, wird Nietzsche zitiert.
Eigentlich haben wir nur die Nabelschnur durchtrennt: Eine Entbindung. Ihr folgten dann alle weiteren. Hier wirken tektonische Kräfte. Sie umzulenken, dafür reicht die Kraft von Worten nicht. Das schafft nur eine tiefe, existentielle Krise.
Religio bedeutet im Lateinischen Bindung, genauer: Rückbindung. Ist die Rückbindung zum Göttlichen gekappt, fangen die Menschen an zu schwimmen. Da hilft auch nicht der Versuch, die innere Leere mit Ersatzreligionen verschiedenster Art zu bekämpfen.
Dr. Georg Habenicht studierte bei Karl Arndt und Hartmut Boockmann in Göttingen Kunstgeschichte und Geschichte. Er ist ein herausragender Kenner des Spätmittelalters. Seit 2012 publiziert er zu Fachthemen im Michael Imhof Verlag und hält Vorträge auf internationalen Konferenzen.
 

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.

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