
Trinkwasser- und Badeseen voller Mikroplastik überraschen Forscher
Einige Seen sind stärker mit Mikroplastik belastet als die sieben Weltmeere, auch in Deutschland. Als mögliche Quelle gilt Badekleidung.

Der Schein trügt: Selbst in einem abgelegenen Badesee in Brandenburg fanden Forscher Mikroplastik.
Foto: iStock
Gab es früher die Steinzeit, leben wir heute in der Kunststoff- oder Plastikzeit. Diese Produkte sind so alltäglich geworden, dass sie auch in der Umwelt ihre Spuren hinterlassen – nicht nur in den Ozeanen, sondern auch in kleinen und größeren Seen weltweit. Das haben Forscher der italienischen Universität Milano-Bicocca und des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) jüngst nachgewiesen.
Dabei ist die Konzentration im Süßwasser teilweise höher als in den subtropischen Ozeanwirbeln, also jenen Meeresgebieten, in denen sich große Mengen an Plastikmüll angesammelt haben. Insgesamt floss Wasser aus 38 Seen in 23 Ländern in die Auswertung ein. Die Ergebnisse erschienen Mitte Juli in der Fachzeitschrift „Nature“.
Mikroplastik erwartet, Menge unerwartet
Wie die Forscher um Veronica Nava von der Fakultät für Erd- und Umweltwissenschaften der Uni Mailand schrieben, erwarteten sie durchaus, auf Mikroplastik zu stoßen. Vor allem in Gewässern in dicht besiedelten Gebieten sowie in Seen, in denen sich viel Wasser lange Zeit aufhält, sei damit zu rechnen gewesen. Beides bestätigte sich. Jedoch fanden die Forscher auch in kleinen Natur- und Bergseen teilweise große Mengen an Plastik. Letztlich gab es kein Gewässer, in dem sie nicht fündig geworden sind.
Überrascht waren die Forscher jedoch von dem Ausmaß der Verschmutzung. Obwohl die Konzentration an Mikroplastik von See zu See stark variierte, erreichte oder übertraf sie in den am stärksten verschmutzten Seen die Werte der großen ozeanischen Müllstrudel.
„Unsere Ergebnisse zeigen zum ersten Mal ein umfassendes Bild der Plastikverschmutzung in Seen“, sagte Professor Hans-Peter Grossart vom IGB. „Sie verdeutlichen, wie wichtig es ist, Seen und Stauseen in den Kampf gegen die Mikroplastikverschmutzung einzubeziehen“.
Badesee am ehemaligen Kernkraftwerk
Um verschiedene Seetypen abzudecken, wählten die Forscher weltweit völlig unterschiedliche Seen aus. Dadurch konnten sie erkennen, welche Rolle Größe, Tiefe, Besiedlung und Versiegelung des Umlandes spielen. Sowohl zeitliche Schwankungen beispielsweise im Jahresverlauf als auch die räumliche Verteilung innerhalb der Seen war hingegen nicht Forschungsgegenstand. Die Ergebnisse sind daher als Momentaufnahme zu betrachten.
Pro Standort filterten die Forscher durchschnittlich 140 Kubikmeter Seewasser. Unter allen Partikeln, die größer als 0,25 Millimeter waren, fanden sich vor allem Polyester, Polypropylen (PP) und Polyethylen (PE). Knapp die Hälfte (49 Prozent) beschreiben die Forscher als Kunststofffasern. Weitere 41 Prozent seien sogenanntes „sekundäres Mikroplastik“, welches beim Zerfall größerer Partikel entstehe.
Neben der Zusammensetzung variierte auch die Konzentration von 0,01 bis zu mehr als 10 Partikeln pro Kubikmeter stark. 45 Prozent der untersuchten Seen wiesen mehr als einen Partikel pro Kubikmeter auf, die am stärksten verschmutzten Seen über zehn Partikel pro Kubikmeter.
Zu den Seen mit der höchsten Belastung gehören auch einige, die als Trinkwasserquellen genutzt werden, wie der Lago Maggiore (Italien), der Luganer See (Italien, Schweiz), der Lake Tahoe (USA) und der Lake Neagh (Großbritannien).
In Deutschland überraschte der Große Stechlinsee in Brandenburg, direkt vor der Haustür des IGB. Der See diente in der Vergangenheit als Kühlwasserauslauf des Kernkraftwerks Rheinsberg und ist heute weitgehend natürlich und von Buchenwald umgeben. Dennoch fanden die Forscher dort vor allem Plastikfasern. „Vermutlich handelt es sich dabei um Fasern von der Kleidung von Badegästen“, so Grossart.
(Mit Material des IGB)
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