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„Ethikgremium“ soll Image der EU aufpolieren – Kritiker befürchten Mogelpackung

Die EU wurde wiederholt mit Vorwürfen in Bezug auf Korruption und Machtmissbrauch konfrontiert – „Katargate“ war nur ein Faktor dafür. Nun soll ein „Ethikgremium“ kommen.

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Ein sogenanntes Ethikgremium soll gemeinsame Compliance-Regeln für alle Institutionen der EU entwerfen.

Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa

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Lesedauer: 4 Min.


Die Ende 2022 bekannt gewordene sogenannte Katargate-Affäre hat das Vertrauen in die europäischen Institutionen in vielen Teilen der Bevölkerung weiter untergraben. Dazu kommen Unwägbarkeiten wie jene rund um die Verträge zur Beschaffung von Corona-Impfstoffen. Diese haben unter anderem staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ausgelöst. Nun will die EU gegensteuern – und die 2019 von der Kommissionspräsidentin selbst aufgebrachte Idee eines „Ethikgremiums“ umsetzen.

Neun Institutionen sollen Vertreter in Ethikgremium der EU entsenden

Wie „table.media“ berichtet, soll sich dieses Ethikgremium um die Ausarbeitung gemeinsamer Regeln für alle EU-Institutionen kümmern. Am Donnerstag, 8. Juni, habe die EU-Kommission einen entsprechenden Entwurf angekündigt. Die Regeln sollen dabei einheitlich sein, mit der Durchsetzung würden die einzelnen Einrichtungen jedoch selbst betraut.
Um die entsprechenden Compliance-Standards auszuarbeiten, sollen neun unterschiedliche EU-Institutionen je einen Vertreter in das Ethikgremium entsenden. Neben der Kommission selbst sollen diese aus dem Europäischen Rat, dem Parlament, dem Rat der EU, dem EuGH und der EZB kommen. Je einen Vertreter sollen zudem der Rechnungshof, der Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen entsenden.
Am 3. Juli sollen die Entsandten erstmals zusammentreten und die Standards entwerfen, harmonisieren und weiterentwickeln.

Lobbyismus und Nebenjobs als Baustellen

Zu den Themen, mit denen sich das Gremium befassen soll, gehören unter anderem der Umgang mit Lobbyisten, die Annahme von Geschenken oder die Bezahlung von Auslandsreisen. Im Zusammenhang mit der sogenannten Katargate-Affäre waren mehrere Abgeordnete des EU-Parlaments in den Verdacht von Korruption und Geldwäsche geraten. Unter anderem sollen die Regierungen Katars, Marokkos und Mauretaniens diesen Vorteile gegen politische Gefälligkeiten gewährt haben.
Das sogenannte Ethikgremium soll aber auch Regeln aufstellen über Nebenjobs oder gut bezahlte Tätigkeiten nach dem Ausscheiden aus EU-Institutionen. Allerdings soll es nur um einen harmonisierten Mindeststandard an Regeln für die Zukunft gehen. Einzelermittlungen oder gar Sanktionen seien, so die Kommission, nicht Gegenstand der Beratungen.
Transparenzkommissarin Věra Jourová zufolge wolle man eine „gemeinsame Ethikkultur“ entwickeln. Die jeweiligen Einrichtungen sollen diese in ihre internen Regelwerke integrieren. Am Ende würden sie auf diese Weise rechtsverbindlich und einklagbar. Die Kommissarin rechnet mit drei Monaten der Beratung um eine interinstitutionelle Vereinbarung. Danach sind weitere sechs Monate eingeplant, um konkrete Standards zu definieren.

NGOs wünschen Ethikgremium mit weitreichenden Befugnissen

Dies stößt unter anderem auf die Kritik von Nichtregierungsorganisationen (NGOs). „Transparency International“ fordert ebenso wie das EU-Parlament ein „unabhängiges Aufsichtsgremium“. Dieses soll auch konkrete Ermittlungs- und Sanktionsbefugnisse haben.
Ein solches lehnen unter anderem konservative Parlamentsmitglieder ab. Sie befürchten Einschränkungen des freien Abgeordnetenmandats – aber auch die Gefahr einer Politisierung. Der EVP-Abgeordnete Sven Simon weist darauf hin, dass auch ein Ethikgremium mit weitreichenden Befugnissen Katargate nicht verhindert hätte.
Zudem befürchtet er eine „Disziplinarkammer für Europaabgeordnete nach polnischem Vorbild“. In Polen sollte eine solche das Gebaren der Justiz überwachen. Die EU hatte dies zum Anlass genommen, durch die Verweigerung zustehender Corona-Gelder Polen zur Rücknahme des entsprechenden Gesetzes zu nötigen.

Katargate nicht der erste große Skandal im Umfeld von EU-Einrichtungen

Bereits vor Katargate und den Ermittlungen gegen von der Leyen waren Persönlichkeiten und Institutionen der EU wiederholt in Korruptionsskandale verwickelt. Im Jahr 1999 trat die Kommission unter Jacques Santer zurück, nachdem für Sarajevo bestimmte Hilfsgelder in den Taschen von EU-Kommissaren gelandet war. Diese hatten damit zusätzliche Mitarbeiter bezahlt.
Um Vetternwirtschaft und Betrug ging es auch im sogenannten Eurostat-Skandal des Jahres 2003. Bei der Statistikbehörde sollen demnach bis zu acht Millionen Euro an der offiziellen Buchführung vorbeigeflossen sein. Es kam zu Untersuchungen und einige hochrangige Beamte traten zurück oder wurden entlassen.

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