Wie der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz bekannt gab, soll der Bezirk Schwaz komplett mit dem Impfstoff von BioNTech/Pfizer durchgeimpft werden. Der Bezirk wird zur Forschungsregion und das Projekt von nationalen und internationalen Wissenschaftlern begleitet. Damit soll die dort aufgetretene südafrikanische Mutation ausgemerzt werden.
Durchimpfung auf freiwilliger Basis
Am 3. März gaben Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und Landeshauptfrau-Stellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) in einer Pressekonferenz die Pläne für den Tiroler Bezirk Schwaz bekannt.
Für den von der südafrikanischen Virus-Variante B.1.351 betroffenen Bezirk werden in Zusammenarbeit mit der EU-Kommission 100.000 zusätzliche Impfdosen von BioNTech/Pfizer als Vorauslieferung zur Verfügung gestellt.
Damit soll allen Einwohnern über 18 Jahre ab der zweiten März-Woche ein Impfangebot gemacht werden. Eine Ausreise aus dem Bezirk ist nur mit einem negativen Test möglich. Der Beginn der speziellen Ausreiseregelung ist vermutlich der 11. März, diese soll so lange andauern, wie die Impfaktion läuft.
Der österreichische Kanzler hofft, dass damit auch die Grenzkontrollen zu Deutschland überflüssig werden – spätestens Ende März.
88 Fälle der südafrikanischen Mutation
„Es ist unsere Chance, die Variante im Bezirk Schwaz auszulöschen“, sagte Sebastian Kurz, “beziehungsweise gegen null zu bringen”,
schreibt der “ORF”. Nach Angaben des “Tiroler ORF” gab es am 3. März
88 Fälle der südafrikanischen Mutation im Bezirk – die
Tendenz war am 3. März leicht fallend. Insgesamt leben im Bezirk Schwaz rund 79.000 Menschen.
Ingrid Felipe (Grüne) sprach von einem “Lichtblick und Hoffnungsschimmer” für die Region. Sie appelliert an die Bevölkerung, das Impfangebot anzunehmen. Gesundheitsminister Anschober hofft, dass die Schwazer die “einmalige Chance” nutzen.
In den anderen österreichischen Bundesländern trägt die südafrikanische Mutation kaum zum Corona-Geschehen bei, lediglich in Tirol gab es eine Häufung der Fälle. Die Mutation sei mit 5,11 Prozent am Infektionsgeschehen beteiligt, berichtet der “ORF”.
Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet und als “EU-Forschungsregion” benannt. Es soll unter anderem geklärt werden, welche Effekte Impfungen auf die Übertragung des Virus haben. Bekannt wurde, dass der österreichische Virologe
Florian Krammer einer der begleitenden Forscher sein wird.
Die Wogen gehen hoch
Mit den Maßnahmen sind nicht alle einverstanden, es regt sich Kritik.
Die “Tagesstimme”
weist darauf hin, dass es nur so scheine, als ob sich eine breite Front wie die “Arbeiterkammer, die Wirtschaftskammer und der Wirtschaftsbund” für das Impf-Experiment aussprechen. Alle diese Politiker gehörten jedoch zur ÖVP; diese würden sich kaum gegen ihren Parteichef Sebastian Kurz stellen, das “käme einem Wunder gleich”.
Kritik an dem Vorhaben kam unter anderem von der
Tiroler FPÖ und den Neos. Gerald Loacker, gesundheitlicher Sprecher der Neos,
kritisiert in der “Presse”: „Eine Studie kann es nur sein, wenn ich mir davor anschaue, wer Antikörper hat.“ Und: „Dann muss es eine verpflichtende Beteiligung an der Impfung geben, keine freiwillige – so aber ist das alles fadenscheinig.“ Loacker selbst tritt nicht für eine Impfpflicht ein.
Ein anderer weist auf Twitter auf
Widersprüche hin: “
Zuerst kündigt@sebastiankurz an, bei den #Impfungen neue Wege ohne die EU zu gehen, um dann ein paar Stunden später ein europäisches Forschungsprojekt mit 100.000 zusätzlichen Impfdosen für #Schwaz zu präsentieren. Die EU rettet wieder mal die katastrophale Kurz-Politik.”Gleichzeitig ist in den sozialen Medien eine Neiddebatte entbrannt. Menschen anderer österreichischer Bezirke scheinen neidisch auf die Schwazer Bevölkerung, da sie sich impfen lassen wollen und bereits längere Zeit auf ein Impfangebot warten. Der Bezirk
Hermagor in Kärnten will sich für eine Studie zur Wirksamkeit der Impfungen gegen die britische Variante B.1.1.7 anbieten.
