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1.500 Dokumente

Kennedy-Attentat: Was steht in den zuletzt freigegebenen Dokumenten?

Weitere 1.500 Dokumente wurden über die Ermordung von Präsident John F. Kennedy freigegeben. Es gibt zwar neue Erkenntnisse daraus, der Fall wird jedoch nicht gelöst.

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Bild vom 22. November 1963 von Lee Harvey Oswald (in der Mitte) während einer Pressekonferenz nach seiner Verhaftung in Dallas.

Foto: STRINGER/AFP via Getty Images

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Lesedauer: 8 Min.

Vielleicht hat kein größeres Ereignis in der modernen US-Geschichte mehr Zweifel hervorgerufen als die Ermordung von Präsident John F. Kennedy in Dallas im November 1963. 
Die offizielle Darstellung der US-Regierung besagt, Lee Harvey Oswald hat es getan und zwar alleine. Jedoch glauben nur 33 Prozent der Amerikaner, dass ein einzelner Mann für das Attentat verantwortlich war. Die Mehrheit, 61 Prozent, glaubt, dass andere in eine Verschwörung verwickelt waren. Die Befragung hat das Nachrichtenportal „FiveThirtyEight“ 2017 in Auftrag gegeben.
Dies ist eine der wenigen Fragen heutzutage, bei der sogar Wähler von Hillary Clinton (59 Prozent glauben an eine Verschwörung) und Donald Trump (61 Prozent) übereinstimmen, schreibt „FiveThirtyEight“. 
Das Attentat ist wieder in den Nachrichten, da nahezu 1.500 bisher als geheim eingestufte Dokumente, die sich auf die Ermordung von Kennedy beziehen, am 15. Dezember von der nationalen Archiv- und Aktenverwaltung der USA freigegeben wurden. Tausende weiterer Dokumente warten jedoch immer noch auf eine Veröffentlichung.

Oswald traf sich mit KGB-Agenten

Die Aufzeichnungen enthalten neu aufgedeckte Details zu Kennedys Tod – lösen aber die jahrzehntelangen Spekulationen über den Fall nicht auf.
Eines der brisantesten Details aus den Dokumenten enthüllt jedoch, dass sich der vermeintliche Attentäter Oswald nur zwei Monate vor der Ermordung von Kennedy mit einem KGB-Agenten getroffen hat.
Außerdem soll ein anonymer Hinweisgeber ein Jahr zuvor US-Botschaftsbeamte in Australien gewarnt haben, dass Kennedy von der Sowjetunion gegen ein Kopfgeld von 100.000 US-Dollar ermordet werden würde.
Der Hinweis wurde jedoch nie an die CIA weitergeleitet.
In einem Telegramm an Canberra, in dem nach den Einzelheiten des Telefongesprächs vom 23. November 1963 und des Anrufs vom 15. Oktober 1962 gefragt wurde, heißt es in einem Vermerk: „Es ist anzumerken, dass die CIA zuvor nichts von dem Telefonat von 1962 wusste“, steht in den veröffentlichten Akten.
Zwei Tage nach dem Attentat rief den Aufzeichnungen zufolge ein weiterer Hinweisgeber den US-Marineattaché in Australien an und gab sich als polnischer Fahrer der US-Botschaft in Canberra zu erkennen.
Aus den Aufzeichnungen geht nicht hervor, ob es sich um denselben Informanten wie ein Jahr zuvor handelte, aber der Anrufer wiederholte, dass die Sowjets hinter dem Attentat steckten.
Klar ist, dass das FBI und die CIA im Herbst 1963 wussten, dass Oswald, ein erklärter Marxist, nur wenige Wochen vor dem Attentat nach Mexiko-Stadt reiste und sich dort mit kubanischen und russischen Spionen traf, darunter ein KGB-Experte für Attentate. 
Ein FBI-Dokument aus dem Jahr 1964 legt nahe, dass Oswald, während er auf den Straßen Mexikos überwacht wurde, dort offen über seine Pläne zur Ermordung Kennedys sprach, schreibt „Politico“.

Fuhr Oswald mit Bus oder Auto?

Die Warren-Kommission, die von Präsident Lyndon B. Johnson eingesetzt wurde, um einen Bericht über das Attentat auf Kennedy zu erstellen, kam zu dem Schluss, dass Oswald bei dem Attentat allein gehandelt hat. Er fuhr mit dem Bus vor dem Attentat nach Mexiko und kehrte auch mit Bus in die Vereinigten Staaten zurück.
Aus den neu freigegebenen Dokumenten geht jedoch hervor, dass Oswald Mexiko-Stadt mit dem Auto verlässt. Die Zusammenfassung dazu wurde von der CIA etwa sieben Wochen nach der Abreise aus Mexiko-Stadt erstellt.
„Das ist aus verschiedenen Gründen sehr, sehr interessant, sagt Jim DiEugenio, Experte für das Attentat und Drehbuchautor für den 2021 erschienenen Film „JFK Revisited: Through the Looking Glass“. 
„Erstens“, so DiEugenio, „Oswald hatte keinen Führerschein. Zweitens: Oswald hatte kein Auto“. 
Außerdem hat die Warren-Kommission etwa zehn Monate nach der CIA-Zusammenfassung veröffentlicht, dass Oswald mit dem Bus gefahren ist, so der Drehbuchautor.
„Das bedeutet, dass er entweder mit jemand anderem hinuntergegangen ist, oder dass es dort unten einen Imitator von Oswald gab. Das hat sich also im Laufe der Zeit geändert.“
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Bildschirmaufnahme aus dem CIA-Dokument, das im Dezember 2021 vollständig freigegeben wurde. Quelle: National Archives

 

Weitere Geheimhaltung ist „Missachtung des Gesetzes“

DiEugenio sagt, dass es „eine Art Missachtung des Gesetzes“ darstelle, dass es immer noch geheime Dokumente über das Attentat gibt.
In dem Gesetz zur Sammlung von Aufzeichnungen um das Attentat herum wurde 1992 festgelegt, dass der Präsident der Vereinigten Staaten eine schriftliche Begründung vorlegen muss, wenn er ein Dokument als geheim einstuft. „Meines Wissens ist das noch nicht geschehen, weder unter Biden noch unter Trump“, sagte DiEugenio gegenüber Epoch Times. 
Auch verstehe er nicht, warum die nationale Archiv- und Aktenverwaltung den Prozess der Deklassifizierung übernommen hat, obwohl sie nur ein Aufbewahrungsort sein sollte. 
„Das ist eine Angelegenheit zwischen dem Präsidenten und den Regierungsbehörden, sei es das FBI, die CIA, das Außenministerium oder was auch immer“, so DiEugenio.

2.000 Kubikmeter Material

Die Regierungsbehörde veröffentlichte die Dateien über ihre Website, nachdem US-Präsident Joe Biden im Oktober die Freigabe auf Dezember verschoben hatte, um den Bundesbehörden mehr Zeit zur Prüfung der Dokumente zu geben.
Das Nationalarchiv teilte mit, dass es und andere Behörden eine „intensive Überprüfung“ der Schwärzungen von mehr als 14.000 zurückgehaltenen Dokumenten durchgeführt haben, „um sicherzustellen, dass die Regierung der Vereinigten Staaten die Transparenz maximiert“.
Die Regierung verfügt laut Nationalarchiv über mehr als fünf Millionen Seiten an Aufzeichnungen, Fotografien, Filmen, Tonaufnahmen und Gegenständen – etwa 2.000 Kubikmeter Material.
Knapp 16.000 Dokumente sind zumindest teilweise geheim. Die meisten davon wurden von der CIA und dem FBI erstellt, schrieb die Denkfabrik „Just Security“ an der New York University School of Law. 
Dazu gehören damalige Berichte, Gesprächsnotizen, Akten von CIA-Beamten, die über den mutmaßlichen Attentäter Lee Harvey Oswald Bescheid wussten, sowie Interviews, die von Ermittlern des Kongresses geführt wurden.
Der ehemalige Präsident Donald Trump hatte 2018 die Freigabe von mehr als 19.000 Dokumenten genehmigt, von denen die meisten geschwärzt waren. Er gab einem Prozess grünes Licht, bei dem der Rest der noch immer geschwärzten Dokumente bis zum 26. Oktober 2021 überprüft werden sollte. 
Trumps Plan gab der CIA, dem FBI und anderen Behörden weitere vier Jahre der Geheimhaltung und übertrug die Entscheidung an seinen Nachfolger.
Präsident Joe Biden hatte versprochen, die Akten bis Oktober freizugeben, verzögerte dies aber später und machte die Corona-Pandemie dafür verantwortlich.
Seine Regierung wird jedoch weiterhin viele der Akten zurückhalten und sie bis zum Dezember 2022 unter Verschluss halten.
Oswald wurde nur zwei Tage nach seiner Verhaftung von Jack Ruby, einem Barbesitzer aus Dallas, erschossen – und mit ihm viele der unbeantworteten Fragen.

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