Nawalny: Bundesregierung hält Giftanschlag für möglich - Russische Ärzte bestreiten Druck von außen

Der russische Oppositionsführer Alexej Nawalny.
Foto: Pavel Golovkin/Archiv/dpa
Die Bundesregierung sieht “eine gewisse Wahrscheinlichkeit” dafür, dass der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny vergiftet wurde. Es handele sich um einen Patienten, “auf den mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ein Giftanschlag verübt worden ist”, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Seibert begründete damit, dass sich das Bundeskriminalamt (BKA) um die Sicherheit Nawalnys kümmert, der in der Berliner Charité behandelt wird.
Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte am Montag bei seinem Besuch in Kiew, für eine Einschätzung des Falls Nawalny bedürfe es noch weiterer Aufklärung. “Für den Fall Nawalny fehlen noch viele Fakten, medizinische aber auch wahrscheinlich kriminologische. Die gilt es abzuwarten.” Die Bundesregierung warte auf weitere Informationen, “die wir sicherlich aus der Charité bekommen werden in absehbarer Zeit”.
Regierungssprecher Seibert äußerte sich nicht zum Gesundheitszustand des 44-jährigen Kreml-Kritikers. Darüber könnten nur seine Ärzte und die Familie Auskunft geben. Er verwies zudem darauf, dass Transport und Unterbringung Nawalnys von privater Seite organisiert worden seien.
Russische Ärzte bestreiten Druck von außen
Die Ärzte im sibirischen Omsk, die den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny unmittelbar nach dessen plötzlicher Erkrankung untersuchten, waren bei ihrer Diagnose nach eigenen Angaben “keinerlei Druck” von außen ausgesetzt.
“Wir haben mit niemandem eine Diagnose vereinbart”, sagte Chefarzt Alexander Murachowski bei einer Online-Pressekonferenz am Montag. “Auf uns wurde keinerlei Druck von außen, von Medizinern oder anderen Kräften ausgeübt.”
Mit großen Anstrengungen sei es ihnen gelungen, das Leben des 44-Jährigen zu retten, sagte Murachowski weiter. Der bekannte Anti-Korruptions-Aktivist und scharfe Kritiker von Russlands Präsident Wladimir Putin war am vergangenen Donnerstag in das Krankenhaus in Omsk eingeliefert worden, nachdem er auf einem Flug nach Moskau heftige Krämpfe bekommen und das Bewusstsein verloren hatte.
Nawalnys Umfeld geht davon aus, dass er durch einen Tee vergiftet wurde, den er kurz vor dem Abflug trank. Seit Samstag wird der 44-Jährige in der Berliner Charité behandelt.
Die Ärzte in Omsk fanden nach eigenen Angaben bei ihren Untersuchungen hingegen keinerlei Spuren von Gift im Körper Nawalnys und nannten eine “Stoffwechselstörung” als mögliche Ursache für den Zusammenbruch.
Der stellvertretende Klinik-Leiter Anatoli Kalinitschenko bestätigte am Montag noch einmal, dass in Nawalnys Körper keine giftige Substanz gefunden worden sei, und berief sich dabei auf die Befunde zweier Labore in Omsk und Moskau.
Die Ärzte in Omsk hatten der Verlegung Nawalnys nach Berlin erst nach längerem Zögern zugestimmt. Die Anhänger des Kreml-Kritikers warfen ihnen vor, damit sein Leben zu gefährden und die Verlegung zu verzögern, um den späteren Nachweis von Gift zu erschweren. (afp)
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