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Neue Vorlage, alter Kern

Neuer Anlauf zur Chatkontrolle: Jetzt ist Ungarn am Zug

EU-Ratsvorsitzender Ungarn präsentiert einen nur marginal geänderten Gesetzentwurf zur Chatkontrolle. Der ehemalige EU-Abgeordnete Patrick Breyer (Piratenpartei) fordert deutsche Politiker auf, sich für eine grundlegende Überarbeitung einzusetzen.

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Die EU will sämtliche Messengerdienste zur anlasslosen Chatkontrolle verpflichten. Symbolbild.

Foto: Photosbypatrik/iStock

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Weil es keine Mehrheit für einen Gesetzesentwurf für eine umfassende und anlasslose Chatkontrolle gab, hat die Europäische Union das Thema im Sommer von der Tagesordnung genommen und vertagt (Epoch Times berichtete). Zu den Ländern, die den Vorstoß (bislang) ablehnten, gehört auch Deutschland.

Nur minimale Veränderungen

Ende Juni wurde Ungarn die Aufgabe übertragen, während seiner EU-Ratspräsidentschaft (als Nachfolge von Belgien) einen konsensfähigen Gesetzentwurf vorzulegen. Ein Hauptargument für die Einführung des Gesetzes ist den Befürwortern zufolge die Eindämmung von kinderpornographischem Material über Chats.
In der neuen Vorlage gab es aber offenbar nur marginale Änderungen. So soll es den Messengerdiensten überlassen bleiben, ob sie auf der Suche nach verdächtigen Bildern auf Künstliche Intelligenz (KI) zurückgreifen, teilt der ehemalige Europaabgeordnete der Piratenpartei, Dr. Patrick Breyer, auf seiner Internetseite mit. Hingegen bleibe es bei den Plänen, sämtliche Dienstanbieter zu einer massenhaften, anlasslosen Kontrolle von privaten Chats zu verpflichten. Die Messengeranbieter Signal und Threema hatten bereits angekündigt, sich in diesem Fall aus Europa zurückzuziehen.
„Statt Kindern durch sicherere Apps zu helfen, sich im Netz vor Erpressung und Ausbeutung zu schützen, werden Missbrauchsopfer durch einen realitätsfremden und vor Gericht zum Scheitern verurteilten Gesetzentwurf im Regen stehen gelassen,” kritisiert Breyer. Er war bis zum Ende der Legislaturperiode Mitglied des Europaparlaments und gehört nach eigenen Aussagen zu den Mitverhandlern einer kritischen Position zu dem Gesetz.

Bedenken von vielen Seiten

Von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) erwartet Breyer nun Taten. Beide hatten sich bislang gegen die Umsetzung des Gesetzes in seiner jetzigen Form ausgesprochen. „Nur dagegen zu sein und dann überstimmt zu werden“, reiche nicht. Die Bundesregierung sollte eine Sperrminorität und eine grundlegende Überarbeitung des Gesetzentwurfs erreichen.
Im Juni 2024 appellierten 36 Politiker aus Europa, gegen die „Chatkontrolle“ zu stimmen. Insgesamt haben 22 deutsche Abgeordnete den Brief unterzeichnet, darunter Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Konstantin Kuhle (beide FDP) sowie Konstantin von Notz und Emilia Fester (beide Grüne).
„Wir setzen uns für den Schutz des Rechts auf anonyme und pseudonyme Nutzung des Internets sowie für die Stärkung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ein“, heißt es in dem Brief, in dem die Verfasser alle beteiligten Regierungen „dringend dazu aufrufen“, den Plänen nicht zuzustimmen.
Kritik an den EU-Plänen gibt es von vielen Seiten. So hatte der Juristische Dienst des Europarats mit Blick auf die lückenlose Kontrolle aller Messengernutzer erhebliche Zweifel geäußert. Die Pläne zur Chatkontrolle würden „den Kerngehalt des Grundrechts auf Achtung des Privatlebens“ verletzten, heißt es darin. Dies würde der Europäische Gerichtshof (EuGH) nicht dulden. Auch die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) hatte den seit Mai 2022 im politischen Verfahren befindlichen Verordnungsentwurf aus datenschutzrechtlicher Sicht als „höchst problematisch“ bezeichnet.

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