„Egoisten vermehren sich nicht“
Russisch-orthodoxer Patriarch Kyrill warnt vor Kommunismus und Ego-Kapitalismus
Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill hat in einem „Forbes“-Interview vor kommunistischen Ideen in alter und neuer Form gewarnt. Gleichzeitig wandte er sich gegen ein Verständnis von Kapitalismus, das auf Reichtum und Konsum ohne moralische Verantwortung setze.

Symbolbild. Moskau.
Foto: ALEXANDER NEMENOV/AFP via Getty Images
Die Realität des „kommunistischen Paradieses auf Erden“ seien brutale Verfolgung und soziale Ghettoisierung, warnt das Oberhaupt der Russisch-Orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill, in einem jüngst geführten Interview mit der französischsprachigen Ausgabe des „Forbes“-Magazins.
Außerdem wendet er sich gegen eine „Idee der sozialen Gerechtigkeit, die zu einer aggressiven Ideologie geworden ist, die alles um sich herum zerstört“.
Russisch-orthodoxer Patriarch wirbt für Altruismus
Der Patriarch sieht unter anderem eine quasi-religiöse Verabsolutierung von materiellen Gütern und damit verbundenes Anspruchsdenken als gefährlichen Irrweg, der in totalitäre Zerstörungswut münden könne. Wörtlich erklärte er gegenüber dem Wirtschaftsmagazin:
„Wir, die wir die Ära des Kommunismus hinter uns gelassen haben, wissen sehr wohl, dass die Idee der sozialen Gerechtigkeit, wenn sie sich in eine aggressive Ideologie verwandelt, alles um sich herum zerstört. Hunderttausende, die gesetzlos für ihren Glauben hingerichtet werden, die Schaffung eines sozialen Ghettos für feindliche Klassen – das ist die Realität des ‚kommunistischen Paradieses auf Erden‘.“
Gleichzeitig kritisierte das Oberhaupt der russischen Orthodoxie jedoch auch ein Verständnis des Kapitalismus, das sich von moralischen und sittlichen Werten löse. Das Streben nach Selbstbereicherung als höchstes Ziel im Leben und selbstzufriedener sozialer Egoismus seien „aus Sicht des christlichen Weltbildes abstoßend“.
Kapitalismus zerstört ohne Familienwerte eigene Existenzgrundlage
Neben der Einhaltung der religiösen Gebote sei vor allem die Familie der Schlüssel für das Überleben einer Zivilisation, betonte der Patriarch. Darauf habe der Westen seit Beginn der 1970er-Jahre zunehmend vergessen:
„Der Kapitalismus hat die Familie einst als Wachstumspol genutzt, als kollektiven Konsumenten von Produkten und Dienstleistungen. Ab einem bestimmten Punkt war es möglich, Menschen, deren moralische Grundlagen nicht sehr solide waren, davon zu überzeugen, dass personalisierte, auf individuelle Bedürfnisse ausgerichtete Waren und Dienstleistungen ihren egoistischen Ansprüchen besser gerecht werden. Ein Familienauto, eine Familienwohnung, ein Familienfilm – das sind immer Kompromisse. Man muss sich einzwängen, um Platz für seine Lieben zu schaffen, man muss Opfer bringen oder nachgeben.“
Kurzfristig möge es Gewinn bringen, auf sofortige Befriedigung individueller und egoistischer Bedürfnisse zu bauen. Die Gewohnheit, alles sofort zu bekommen, untergrabe die Geduld, die Ausdauer und das Bedürfnis nach längerer Anstrengung und Aufopferung. Längerfristig zerstöre der Kapitalismus, wenn er sich von grundlegenden Wahrheiten entferne, jedoch seine eigene Lebensgrundlage.
Kyrill: „Egoistische Menschen vermehren sich nicht“
Dies zeige sich, so Kyrill, insbesondere mit Blick auf die rückläufigen Geburtenzahlen. „Egoistische Menschen vermehren sich nicht“, macht der Geistliche deutlich. „Die Zahl der potenziellen Verbraucher nimmt ab, denn auch bei besserer Lebensqualität bleibt der Mensch sterblich.“
In Russland begännen Staat und Gesellschaft nach langen Jahren einer gegenläufigen Entwicklung, zu verstehen, dass die Familie ein grundlegender Wert und keine Ware oder Dienstleistung sei. Es sei notwendig, „materiell und moralisch in die Familie zu investieren, sie zu verteidigen und zu unterstützen“.
Mittlerweile, so zeigt sich Kyrill optimistisch, erkenne jedoch auch im Westen eine größere Anzahl an Menschen, „dass die Zukunft der Menschheit ohne die traditionelle Familie unmöglich ist“.

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