Aus „Respekt vor Verfassungstext“
Umstrittene Justizreform in Mexiko: Acht oberste Richter kündigen Rücktritt an
Eine Justizreform in Mexiko, nach der zukünftig alle Richter durch das Volk gewählt werden sollen, stößt auf große Kritik. Acht von elf Richtern erklärten am Mittwoch, dass sie für die Wahl im Juni 2025 nicht zur Verfügung stünden.

Mitglieder der Nationalen Vereinigung der Richter und Bezirksrichter protestieren am 11. September 2024 nach der Verabschiedung der von der Regierung vorgeschlagenen Justizreform in Mexiko-Stadt.
Foto: RODRIGO OROPEZA/AFP via Getty Images
Aus Protest gegen eine Justizreform der mexikanischen Regierung, nach der sämtliche Richter des Landes durch Wahlen bestimmt werden sollen, haben acht von elf Richtern am Obersten Gericht ihren Rücktritt angekündigt.
Die acht Richter, darunter auch die Vorsitzende des Gerichts, Norma Piña, erklärten am Mittwoch (Ortszeit), dass sie für die Wahl im Juni 2025 nicht zur Verfügung stünden.
Dies geschehe nicht, weil sie sich von dem Amt trennen wolle, fügte Piña in einem Schreiben hinzu. Der Rücktritt sei vielmehr „ein Akt der Übereinstimmung und des Respekts vor dem Verfassungstext“, erklärte die Richterin.
Direktwahl der Richter ab 2025
Der Erklärung der Richter zufolge tritt einer der Rücktritte im November in Kraft, die übrigen sieben Ende August.
Die linksgerichtete Regierung hatte die Reform noch unter Ex-Präsident Andrés Manuel López Obrador im September mit ihrer breiten Mehrheit im Parlament verabschiedet.
Demnach müssen alle Richter, auch die des Obersten Gerichtshofs, ab 2025 direkt gewählt werden, was weltweit einzigartig ist. Die Linke begründet die Reform mit der „Korruption“ in der Justiz und den „Privilegien“ der Richter.
Kritiker befürchten Politisierung des Justizsystems
Kritiker fürchten, dass damit das Justizsystem politisiert und die gewählten Richter durch die mächtigen Drogenkartelle beeinflusst werden könnten. Zudem sei die gegenseitige Kontrolle von Verfassungsorganen und damit das System der Gewaltenteilung gefährdet.
Die acht Richter kündigten ihren Rücktritt am letzten Tag der Frist für die Anmeldung zu den künftigen Wahlen an.
Der Oberste Gerichtshof will am kommenden Dienstag über den Antrag eines der zurückgetretenen Richter beraten, der vorsieht, die Reform für Richter außerhalb des Obersten Gerichts für verfassungswidrig zu erklären. Die Wahl der Obersten Richter wäre demnach weiter verfassungskonform.
Neue Präsidentin verteidigt Reform
Mexikos neue Präsidentin Claudia Sheinbaum verteidigt das Gesetz ihres Vorgängers. Der Oberste Gerichtshof habe nicht das Recht, die auf legalem Wege mittels einer gewählten Mehrheit verabschiedete Reform zu kippen, sagte sie. Sheinbaum hielt den zurückgetretenen Richtern vor, ihnen gehe es darum, ihre Rentenansprüche nicht zu verlieren.
López Obrador hatte die Reform als notwendig dargestellt, um in einem „verrotteten“ Justizsystem aufzuräumen, das vor allem der politischen und wirtschaftlichen Elite diene. Das Vorhaben hatte auch zu diplomatische Spannungen mit wichtigen Handelspartnern wie den USA und Kanada geführt.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatte vor einer Aushöhlung der richterlichen Unabhängigkeit in Mexiko gewarnt. (afp/red)
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