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Ärzte empört: Lehrer fordern aus Angst vor Präsenzunterricht Corona-Atteste

Die hohe Zahl an Lehrern, die aus Angst vor einer Corona-Ansteckung eine Befreiung vom Unterricht in der Schule anstrebt, sorgt bei Ärzten für Verärgerung.

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Blick in ein Klassenzimmer in Corona-Zeiten. Foto: LAURIE DIEFFEMBACQ/BELGA MAG/AFP via Getty Images

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Lesedauer: 5 Min.

„Es ist schon unverständlich, dass die Berufsgruppe der Lehrer für sich ein solches Schutzprivileg in Anspruch nimmt“, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Thomas Fischbach, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Andere Berufsgruppen versorgten „tatsächlich kranke Patienten“ und wiesen wie die Kinderärzte ein wesentlich höheres Durchschnittsalter als Lehrer auf.
Ungeachtet dessen stünden sie „an der Gesundheitsfront nach wie vor ihren Mann“, so der Kinderärztepräsident weiter.
Der Kasseler Arzt Dr. Gunter Lehmann sieht es ähnlich. Er geht davon aus, dass viele Lehrer die Corona-Verordnungen missbrauchen, um nicht unterrichten zu müssen. Dabei seien Lehrer nicht gefährdeter als andere Berufsgruppen. 50-Jährige, die unter Bluthochdruck leiden, würden nun Atteste fordern. Das habe nichts mit den gefährdeten Menschen, die unter schweren Autoimmunerkrankungen leiden, zu tun.
Würden sich alle so verhalten wie viele Lehrer, wäre die Hälfte der Krankenhäuser dicht und das Land komplett am Boden. Der 74-jährige Mediziner geht mit gutem Beispiel voran. Trotz Asthma und Bluthochdruck hält er seine Praxis am Laufen.
„Medizinische Mitarbeiter arbeiten auch mit Bluthochdruck. Keiner ist zu Hause geblieben. Dabei ist man dem Risiko dort doch viel mehr ausgesetzt als in der Schule.” Warum sollte also für Lehrer eine Ausnahme gelten? Wenn chronisch kranke Beamte ein Attest fordern, obwohl sie ein eigenes Büro und nicht einmal Kundenkontakt hätte, habe Lehmann dafür auch kein Verständnis. „So jemand darf bei vollem Gehalt zu Hause bleiben, während Kassiererinnen im Supermarkt weiterarbeiten.”

Lehrer in Heimarbeit

Mehrere Medizinerverbände, darunter der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, hatten sich in einer gemeinsamen Stellungnahme für eine umgehende Komplettöffnung von Kindergärten und Schulen ausgesprochen. „Wenn vier medizinische Fachgesellschaften dazu aufrufen, Kitas und Schulen vollständig zu öffnen, muss die Politik so schnell wie möglich reagieren“, sagte FDP-Chef Christian Lindner der Deutschen Presse-Agentur.
In Niedersachsen liegt der Anteil der freigestellten Lehrer bei rund 20 Prozent, berichtet die „Neue Osnabrücker Zeitung“ unter Berufung auf eine Erhebung des Kultusministeriums. Von anderen Berufsgruppen sei eine solche Ausfallquote nicht bekannt. Je nach Bundesland nehme bis zu ein Drittel der Lehrer gegenwärtig keinen Unterricht in der Schule wahr, weil sie aufgrund ihres Alters oder anderer persönlicher Umstände besondere Angst vor einer Corona-Infektion haben würden. Sie verrichteten stattdessen Arbeiten für die Schule von zu Hause aus, soweit dies angefordert werde und möglich sei.

Testen, testen, testen – so einfach wie Zähneputzen

In Mecklenburg-Vorpommern geht man einen ungewöhnlichen Weg. Um das aus China stammende SARS-CoV-2 aufzuspüren, können Schüler und Lehrer des Neustrelitzer Carolinum-Gymnasiums sich seit Ende April zweimal wöchentlich freiwillig testen lassen. „News4Teacher“ beschreibt, wie eine Lehrerin einem 18-Jährigen das Corona-Testmaterial übergibt: „Nach wenigen Minuten nimmt er vor einem Spiegel, routiniert den Abstrich in seinem Mundraum vor, verschließt die Plastik-Ampulle und gibt sie ab.” Der Kommentar des Schülers zu dem Prozedere: „Das geht echt Fixi-Foxi.” Das Ergebnis gibt es am nächsten Tag per Mail, bislang verliefen alle negativ. Wer sich testen lässt, erhält einen grünen Punkt auf seinem Namensschild, auch wenn der Test negativ ausfällt.
Der Berliner Psychologe Thilo Hartmann sieht diese Maßnahme kritisch. „Mit den Punkten werden zwei für alle sichtbar nicht gleichberechtigte Gruppen von Schülern aufgemacht.“
„Testen ist einfach, billig, schnell“, sagte Arndt Rolfs, Professor für Neurologie und Psychiatrie an der Rostocker Universität. Gleichzeitig ist er Vorstand des Unternehmens Centogene, die in gemeinsamer Kooperation mit der Schule die Tests durchführt. Laut „FAZ“ haben sich 95 Prozent der elften Klasse freiwillig testen lassen, bei den zwölften Klassen waren es 85 Prozent.
Der Landkreis Mecklenburgische Seenplatte hat als Schulträger die Genehmigung erteilt, dass in einem Zelt auf dem Hof, in kühleren Tagen in einem Raum in der Schule, die Tests durchgeführt werden. Dies ist montags und freitags der Fall. Schulleiter Henry Tesch hofft, dass dieses Verfahren „wie Zähneputzen“ integriert werde.(dts/dpa/sua)

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