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Volksbegehren

Dem Volk den Mund verbieten

Die CDU in Schleswig-Holstein will Bürgerbegehren einschränken.

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Windräder zwischen den Inseln Rügen und Bornholm in der Ostsee.

Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa

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Lesedauer: 3 Min.

667 Bürgerbegehren gab es in Schleswig-Holstein seit der Einführung im Jahr 1990. Das sind in dem Bundesland mit seinen 2,9 Millionen Einwohnern durchschnittlich rund 20 pro Jahr. Dennoch möchte die von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) geführte Landesregierung diese Möglichkeit künftig massiv einschränken.
Per Gesetz will die Union Einspruchsmöglichkeiten der Bürger verhindern, wenn ein kommunales Parlament mit einer Zweidrittelmehrheit für ein Bauvorhaben (Krankenhäuser, Schulen, Kitas, Sozialwohnungen sowie Wind- oder Solaranlagen) stimmt, schreibt die „taz“ auf ihrer Internetseite.
Außerdem muss ein Bürgerbegehren künftig in drei Monaten komplett über die Bühne gehen. Über ein einmal abgelehntes Thema soll es drei Jahre lang keine neuen Verhandlungen mehr geben.

Der erste Plan wurde zurückgezogen

Diese Neuregelung soll eine Generalklausel ersetzen, mit der sich die Regierung ein Veto-Recht gegen Bürgerbegehren einräumen wollte, wenn diese der Landesplanung zuwiderlaufen. Die Klausel war Bestandteil des Koalitionsvertrages mit dem grünen Regierungspartner. Nach massiven Protesten der Opposition zog die CDU diese Pläne zurück.
Claudine Nierth, Landesverbandssprecherin des bundesweit agierenden Vereins „Mehr Demokratie“, befürwortet den Rückzug des Veto-Rechts. Über die neuen Vorstellungen der Regierung werde man aber ebenfalls diskutieren müssen, sagte sie auf Anfrage von Epoch Times.
Als Ursache sieht sie, dass Bürgermeister oder Kommunalpolitiker ihre Arbeit durch Bürgerbegehren bedroht sehen: „Die sagen, wir machen hier ehrenamtliche Arbeit und dann kommt irgendeiner mit einem Bürgerbegehren und macht unsere ganze Arbeit kaputt.“ Das sei eher eine „gefühlte Wahrnehmung“ angesichts der 20 bis 25 Bürgerbegehren pro Jahr, verteilt auf 1.100 Gemeinden. Sie sieht das Bürgerbegehren als ein Instrument, „das Konflikte klärt und kanalisiert“.

Bayern als positives Beispiel

Mithilfe des Bürgerbegehrens könnten die Beteiligten „sachlich diskutieren, und am Ende hat man ein klares Ergebnis. Wir wissen aus Bayern, dass die Vorhaben besser werden, je früher man die Öffentlichkeit beteiligt.“ Dass die Regierung die Bauleitplanung in Schleswig-Holstein nun einschränken will, ist ein Novum, sagt die Sprecherin. „Bisher wurde sie in Deutschland eher ausgebaut, eingeschränkt wurde sie bisher noch nie.“
Offenbar versprechen sich Politiker eine Planungsbeschleunigung, „doch Bürgerbegehren sind nicht die Bremse“, betont Claudine Nierth. Eher seien dies die Verwaltungen. Gegen den Gesetzesentwurf gibt es nach Aussage der Sprecherin bereits „ein Bündnis, das dagegenhält“.
Mit Politikern möchte die Gruppierung sprechen, „um zu verstehen, was überhaupt das Problem ist.“ […] „Wir scheuen uns nicht, eine Volksinitiative zu diesem Gesetz zu machen. Wenn Demokratie schon eingegrenzt wird, sollte das Volk darüber befinden, ob es das möchte oder nicht.“ Der Vorstoß der CDU werde sicher auch ein Thema der Kommunalwahlen im Mai 2023 sein.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 69, vom 4. November 2022.

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