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Ergebnisse des Ifo-Instituts

Ein Jahr Schule unter Pandemie-Bedingungen: so schlecht steht es um die Zukunft unserer Kinder

Kinder und Jugendliche verwenden einer Umfrage zufolge in der Pandemie mehr Zeit am Handy oder mit Computerspielen als für die Schule. Das Ifo-Institut sieht die Schuld bei der Politik.

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Forscher stellen der Corona-Schulpolitik in einer Studie kein gutes Zeugnis aus - auch weil sie nur relativ geringe Verbesserungen zum ersten Lockdown feststellten.

Foto: Philipp von Ditfurth/dpa/dpa

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Laut dem aktualisierten Entwurf des Infektionsschutzgesetzes sollen die deutschen Schüler zu Hause bleiben, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz 165 und mehr beträgt. Das bedeutet, dass die Zeiten, in denen die Kinder und Jugendlichen zu Hause sich selbst überlassen sind, nicht abreißen werden. Das wiederum kann dramatische Langzeitfolgen vor allem für Lernschwächere mit sich bringen.
So sieht es zumindest eine Untersuchung des Ifo-Instituts, die zu dem Schluss kommt, dass die Schulschließungen zu Jahresbeginn bei Kindern und Jugendlichen tiefe Spuren hinterlassen haben.
Im Schnitt gingen ihnen pro Tag mehr als drei Stunden Lernzeit verloren, wie die am Dienstag veröffentlichte Befragung durch das Münchner Forschungsinstitut zeigt. Statt 7,4 Stunden pro Tag lernten die Schüler nur noch 4,3 Stunden – das ist weniger Zeit als sie mit Computerspielen, sozialen Netzwerken oder ihrem Handy verbrachten. Zudem war die Lernzeit drei Stunden kürzer als im normalen Schulalltag, aber 45 Minuten mehr als bei den ersten Schulschließungen Anfang 2020.
Die Forscher stellen der Schulpolitik in ihrer Studie kein gutes Zeugnis aus – auch weil sie nur relativ geringe Verbesserungen zum ersten Lockdown feststellten. Auch mit „langer Vorlaufzeit und nach eindringlichen Appellen von Eltern und Wissenschaft“ sei es nicht gelungen, eine angemessene Beschulung aller Kinder im Distanzunterricht sicherzustellen. Die Ergebnisse seien „ernüchternd“.

Traurigkeit, Ängste und Nervosität

Auch würden die Schulkinder durch konzentriertes Lernen zu Hause die entgangene Lernzeit nicht ausgleichen können. Die Mehrheit der Eltern gibt an, dass ihr Kind pro Stunde zu Hause weniger lernt als in der Schule. Die Lernzeitverluste dürften deshalb noch größer sein als ohnehin befürchtet. Nicht nur würden sie weniger Zeit mit dem Lernen verbringen, sie nehmen daraus auch noch weniger mit.
Die Situation wird zunehmend schwieriger für die Familien und bringt soziale und emotionale Konsequenzen mit sich. Die Kinder sind zunehmend belastet dadurch, dass sie ihre Freunde nicht treffen dürfen. Traurigkeit, Ängste und Nervosität sind verbreitet.
Laut Umfrage hatten 26 Prozent oder ebenfalls ein Viertel aller Schüler zum Anfang des laufenden Jahres täglich gemeinsamen Unterricht im Klassenverband, etwa per Videokonferenz. Bei 39 Prozent oder mehr als einem Drittel war dies allerdings nur maximal einmal pro Woche der Fall.
56 Prozent oder etwa die Hälfte der Eltern glaubte demnach, dass ihre Kinder zu Hause weniger lernten als im regulären Schulalltag. 22 Prozent oder ein Fünftel waren laut ifo allerdings auch vom Gegenteil überzeugt. Und der Lockdown hatte auch Auswirkungen auf die Gesundheit: 31 Prozent der Eltern sagten, ihr Kind habe in dieser Zeit zugenommen.

Zeit nach erstem Lockdown vielerorts nicht gut genutzt

Im Vergleich mit einer vorangegangenen Analyse der ersten Schulschließungen im Frühjahr vergangenen Jahres stellt “Welt” fest, dass Bildungspolitiker und Schulen die wichtigen Monate im Sommer und Herbst nach dem ersten Lockdown verstreichen ließen. An einzelnen Stellen laufe es zwar ein bisschen besser als damals. Aber Strategien, um in großem Stil Distanzunterricht und digitale Lernmethoden für alle verfügbar zu machen, fehlten immer noch. Daraus resultiert, dass soziale Unterschiede zunehmen und berufliche Perspektiven sich verschlechtern werden.
Trotz Vorlaufzeit, zitiert „Welt“ die Ifo-Forscher, scheine es also nicht gelungen zu sein, den ausgefallenen Präsenzunterricht in ein verbindliches Onlineunterrichtsformat zu überführen. Für mehr als ein Drittel der Kinder bleibe der Alltag somit „fast ausschließlich vom eigenständigen Erarbeiten von Unterrichtsstoff geprägt und nur minimal vom regelmäßigen Austausch im digitalen Klassenzimmer“.
Besonders groß sind die Sorgen um Leistungsrückstand und berufliche Nachteile bei den Eltern von leistungsschwächeren Schülern. Ähnliches gilt zum Teil auch für die Kinder von Nicht-Akademikern. Ein besonderer Fokus der Lehrer auf benachteiligte Kinder sei nicht zu erkennen.
„Besonders bedenklich ist, dass 23 Prozent der Kinder sich nicht mehr als zwei Stunden am Tag mit der Schule beschäftigt haben“, sagte der Leiter des Ifo-Zentrums für Bildungsökonomik, Ludger Wößmann. „Die Coronakrise ist eine extreme Belastung für die Lernentwicklung und die soziale Situation vieler Kinder.“ (dpa/nmc)

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