„Zu nationalistisch“
Grünen-Politiker wollen „Deutschland“ aus Programmslogan streichen
„Deutschland. Alles ist drin.“ – so lautet der Titel des Wahlprogramms der Grünen, über das die Basis in wenigen Wochen abstimmen soll. Ein Titel, mit dem sich offenbar nicht jedes Parteimitglied anfreunden kann. Einige befürchten negative Assoziationen mit dem Wort „Deutschland“.

Annalena Baerbock, Co-Vorsitzende der deutschen Grünen, hält eine Beschreibung des Parteiprogramms hoch.
Foto: Sean Gallup/Getty Images
Zum Parteiprogramm der Grünen für die Bundestagswahl sind 3.500 Änderungseinträge eingegangen, die auf der Bundesdelegiertenkonferenz diskutiert und abgestimmt werden sollen. Über 300 Parteimitglieder sind der Meinung, dass das Wort „Deutschland“ im Slogan des Wahlprogramms nichts verloren hat. Immerhin stehe nicht Deutschland im Mittelpunkt der Politik, sondern „der Mensch“.
Antragsteller Michael Sebastian Schneiß, Mitarbeiter des grünen EU-Parlamentariers Erik Marquardt, fordert in seinem Antrag mit weiteren 305 Parteimitgliedern, darunter auch Kandidaten für den Bundestag, das Wort „Deutschland“ zu streichen.
Die simple Begründung: „Im Mittelpunkt unserer Politik steht der Mensch in seiner Würde und Freiheit. Und nicht Deutschland.“
Künftig soll der Titel also nur noch lauten „Alles ist drin.“
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Stefan Müller, hatte den Grünen daraufhin „ein gestörtes Verhältnis zu Deutschland“ vorgeworfen. Auf Twitter verteidigt Antragsteller Schneiß seinen Vorschlag.
https://twitter.com/MichaelSchneiss/status/1390031287453368322
Auch Timon Dzienus, Bundesvorstandsmitglied der Grünen Jugend, gehört zu den Unterstützern des Antrags. In der Vergangenheit hatte er sich unter anderem mit der linksextremen Organisation Ende Gelände solidarisiert. Diese Organisation wurde vom Landesamt für Verfassungsschutz als „linksextremistisch“ eingestuft, da es zu „gezielter Diskreditierung von Staatlichkeit“ und Gewalt gegen Polizisten gekommen war.
„Deutschland“ – negative Assoziation mit “nationalistischer Politik”
Ein weiterer Änderungsantrag, der das Wort „Deutschland“ im Titel infrage stellt, wurde von Peter Konrad Müller aus dem Kreisverband Hamm initiiert, wie die “Welt” berichtet.
Zusammen mit mehr als 20 Unterstützern schlägt Müller darin vor, das Wort „Deutschland“ durch „Grün“ zu ersetzen. So solle der Titel des Wahlprogramms also lauten: „Grün. Alles ist drin.“
Die Antragsteller begründen ihren Änderungswunsch damit, dass das Wort „Deutschland“„sehr negativ assoziiert werden“ könne. Sie schließen Parallelen zu „Deutschland über alles“ und bringen auch den „America first“-Wahlspruch des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump mit einem „Deutschland first“ in Verbindung.
„,Deutschland‘ erinnert eher an eine nationalistische Politik. Und das steht ganz im Gegensatz zu unserer multinationalen Ausrichtung und unserem Bekenntnis zu Europa“, heißt es weiter. Zudem sei der Titel „nichtssagend“ und weise Parallelen zum Wahlprogramm der AfD auf, die den Titel „Deutschland. Aber normal.“ gewählt hat.
Die Grünen-Politikerin Juliana Wimmer betonte, dass es ihr als Außenpolitikerin um eine „globale Perspektive“ und als Juristin „um die Menschenwürde aller“ gehe. „Darum finde ich ‘Grün – Alles ist drin’ besser. Freue mich auf unsere Parteidebatte”, wird sie von „RT“ zitiert.
Das weckt der “Welt” zufolge Erinnerungen an einen der größten Fehler in der Geschichte der Grünen: Im Wahlkampf im Jahr der Wiedervereinigung 1990 hieß der Slogan der Partei: „Alle reden von Deutschland. Wir reden vom Wetter“. Damit scheiterte man kläglich am Einzug ins Parlament. Dies gestanden sich selbst die aktuellen Parteichefs Annalena Baerbock und Robert Habeck 30 Jahre später als Fehler ein.
Man darf also gespannt sein, wie Baerbock und Habeck zu diesem Änderungsantrag Stellung beziehen werden. Immerhin symbolisiert es ein Problem, vor dem die Grünen stehen, denn noch ist die Partei in alle Richtungen anpassungsfähig: Grün-Schwarz, Ampel oder Grün-Rot-Rot – die Koalitionsoptionen der Grünen sind nach Lage der Umfragen ziemlich mannigfaltig. (aa)
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