Big Data
„Hyperintelligentes Google für Polizisten“ – Datenschützer hoffen auf strenge Vorgaben
Die Polizei in Hessen und NRW nutzt bereits eine spezielle Software zur Datenanalyse. Auch Bayern zieht nach. Nun behandeln Verfassungsrichter Beschwerden gegen das Data Mining. Datenschützer hoffen auf strenge Vorgaben für Einsatz von Polizei-Software.

Die Polizei hat mittlerweile einen Zugriff auf gigantische Datenmengen.
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Ein Klick – und eine spezielle Software fügt aus vielen kleinen Einzelinformationen das Profil eines Verdächtigen zusammen: Was der Polizei die Arbeit massiv erleichtern soll, alarmiert Bürgerrechtler und Datenschützer.
Beim Bundesverfassungsgericht sind bereits mehrere Verfassungsbeschwerden gegen das sogenannte Data Mining anhängig. Am Mittwoch, 21. Dezember, verhandelt der Erste Senat in Karlsruhe über zwei Eingaben, meldet die „Deutsche Presse-Agentur“ (dpa). 
Google für Polizisten
Angestoßen hat das die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die mögliche Grundrechtsverletzungen gezielt vor Gericht bringt. Verfahrenskoordinatorin Sarah Lincoln vergleicht die automatisierte Datenauswertung mit einem „hyperintelligenten Google für Polizisten“. Dabei durchforstet die Software riesige Datenbestände, um neue Ermittlungsansätze und Verdachtsmomente zu generieren.
Das sind zunächst einmal Daten aus Polizeibeständen. Doch laut GFF können diese auch Opfer und Zeugen betreffen. Infolgedessen sieht die Organisation die Gefahr, dass auch Daten von Ämtern oder öffentlich verfügbare Informationen, etwa aus sozialen Netzwerken, in die Analyse einfließen. So könnten unbescholtene Menschen ins Visier geraten.
Die gleiche Adresse oder eine Mitgliedschaft im selben Fußballverein reichten vielleicht schon aus, damit die Software Verbindungslinien ziehe. Aber wie diese genau arbeitet und wie die erstellten Profile aussehen, wissen laut dpa auch die Kläger nicht.
Nutzung zur Vorbeugung vorn Straftaten
Die Verfassungsbeschwerden zielen nicht unbedingt darauf ab, die automatisierte Datenanalyse komplett verbieten zu lassen. Daher erhoffe sich die Gesellschaft für Freiheitsrechte, dass die Richterinnen und Richter strenge Vorgaben für deren Einsatz machten. So müsse mindestens eine konkrete Gefahr für ein hochrangiges Rechtsgut drohen.
In Karlsruhe geht es ausschließlich um die Nutzung der Software, um Straftaten vorzubeugen – also noch bevor überhaupt etwas passiert ist.
Die Polizei soll mit dem neuen Instrument schneller und schlagkräftiger werden. Bisher müssen die Daten oft einzeln abgefragt und zeitaufwendig händisch miteinander abgeglichen werden.
In Hessen und NRW bereits im Einsatz
In Hessen („Hessendata“) und Nordrhein-Westfalen („DAR“) ist das System schon im Einsatz, jeweils mit dem Programm Gotham des US-amerikanischen Unternehmens Palantir.
Zudem läuft in Bayern derzeit die Einführung einer ähnlichen Plattform („Verfahrensübergreifendes Recherche- und Analysesystem“, VeRA). Diese könnten im nächsten Schritt auch Bund und andere Länder übernehmen.
Die beiden Verfassungsbeschwerden, die die Karlsruher Richter prüfen, richten sich gegen die Regelung in Hessen und einen ähnlichen Passus in Hamburg. Also dort, wo es also bisher nur die gesetzliche Grundlage gibt. Als Kläger treten Journalisten, Anwälte und Aktivisten auf.
Eine dritte Klage wegen der NRW-Software, die die GFF neu im Oktober eingereicht hatte, ist nicht Gegenstand der eintägigen Verhandlung. Das Urteil verkünden die Richter erfahrungsgemäß frühestens in einigen Monaten.
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