
Kein Kreuzverhör für Drosten – Charité-Virologe vor Untersuchungsausschuss Brandenburg
Viruslast, Ct-Werte, PCR-Test. Im Rahmen einer Anhörung des Untersuchungsausschusses im Landtag Brandenburg musste der Charité-Virologe Christian Drosten den Abgeordneten am 11. Juni Rede und Antwort stehen. Ein Protokoll über diese Sitzung bleibt aber vorerst unter Verschluss, erklärte der Pressesprecher des Landtags.

Christian Drosten.
Foto: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa/dpa
Keine Bilder, keine Fotos, keine Videomitschnitte. Relativ unbemerkt von den öffentlichen Medien fand am 11. Juni eine Anhörung des Charité-Virologen Christian Drosten vor dem Untersuchungsausschuss im Landtag Brandenburg statt. Drei Stunden stand er den Abgeordneten Rede und Antwort.
„Nach dem Untersuchungsausschussgesetz in Brandenburg ist eine Aufzeichnung der Sitzungen auch im öffentlichen Teil untersagt“, erklärte der Landtagspressesprecher Gerold Büchner auf Anfrage der Epoch Times. Das sei dort ganz klar geregelt, schließlich handelt es sich um die Arbeit des Untersuchungsausschusses und ist nicht vergleichbar mit einer Landtagssitzung. Die Protokolle der Sitzungen sollen gemeinsam mit dem Abschlussbericht nach Ende aller Anhörungen und Beratungen veröffentlicht werden. „Wann das der Fall sein wird, lässt sich derzeit nicht abschätzen“, so Büchner weiter.
Für die Stiftung Corona-Ausschuss verfolgte Rechtsanwältin Viviane Fischer die Sitzung des Untersuchungsausschusses in einem der Öffentlichkeit zugänglichen Raum innerhalb des Landtags. Die Juristin kritisierte, dass nur die Abgeordneten Fragen stellen durften und Drosten nicht unter Beihilfe anderer Experten, wie beispielsweise der Virologin Ulrike Kämmerer, „ins Kreuzverhör“ genommen wurde. Es sei nicht ganz einfach für die Abgeordneten, die Lücken oder Ungereimtheiten in Aussagen zu erkennen und nachzufragen, so Fischer.
Der Ausschussvorsitzende und Sitzungsleiter, Daniel Keller (SPD), habe darauf geachtet, dass Drosten „nicht gegrillt“ wurde, so der Eindruck der Anwältin. Immer wieder habe Keller bei den Fragen der Abgeordneten den Bezug zum Land Brandenburg hinterfragt und Drosten auch darauf hingewiesen, wann er auf Fragen nicht antworten musste.
Zum Schmunzeln brachte Fischer Drostens Aussage, dass der PCR-Test eine neue Technik sei, sodass man die Aussagekraft des Ct-Wertes zu Beginn der Pandemie nicht habe einschätzen können. Dabei wurde diese Technik schon vielfach bei unterschiedlichen Erregern eingesetzt, sagte sie.
Unterschiedliche Parameter für PCR-Test
Interessant fand Fischer, dass im Labor des Virologen noch andere Parameter als der Ct-Wert zur Anwendung kommen. Demnach wurde die aus dem Ct-Wert ablesbare Viruslast als hoch, mittel und niedrig eingestuft. Ein Ct-Wert von 24/25 spreche von einer hohen Viruslast, ab 29 sei diese nur noch gering. Auf Nachfrage eines Abgeordneten, ob die Brandenburger Labore über diese Schwellenwerte informiert worden seien, antwortete Drosten, dass er niemanden informiert habe. Dazu habe er sich auch nicht verpflichtet gesehen.
„Das finde ich eigentlich monströs“, so Fischer. Eine derartige Aussage sei bestürzend, auch im Hinblick darauf, dass sich Menschen mit niedriger Viruslast in Quarantäne begeben mussten.
Die Anwältin vom Corona-Ausschuss hat dafür gesorgt, dass der Inhalt der Sitzung des Untersuchungsausschusses stenografiert wurde. Ein Teil der Aufzeichnungen sollen veröffentlicht werden.
COVID-19 – eine milde Erkrankung
Für den Journalisten Boris Reitschuster beobachtete Max Kittan die Sitzung im Landtag. Er berichtete, dass rund 90 Prozent der Fragen von der AfD gestellt wurden. So fand Lars Hünich, AfD-Obmann im Untersuchungsausschuss, diese Einschätzung zu COVID-19 von Drosten besonders beachtenswert:
„Es ist in den allermeisten Fällen eine milde Erkrankung.“
In einer Sitzungspause sagte der AfD-Abgeordnete zu Drostens Anhörung: „Für uns war das absolut spannend, was wir gehört haben. Das muss man ehrlich sagen. Selbst er sagte, dass die Ausrichtung auf die Ct-Werte ungenau beziehungsweise viel zu grob wäre, dass es besser wäre, die Viruslast zum entscheidenden Faktor zu machen.“ Da müsse man sich die Frage stellen, warum das nicht umgesetzt wird? „Allein diese Aussage von Drosten und diese Erkenntnis war in meinen Augen die Vorladung wert“, so Hünich.
Laut Drosten sind etwa 20 Prozent der positiv auf SARS-CoV-2 getesteten Erwachsenen asymptomatisch. In vielen Fällen sei die Person zwar zum Zeitpunkt des Tests asymptomatisch, entwickele aber zwei Tage später Symptome. Wenn die Viruslast hoch ist, sei der Patient hochinfektiös.
Auf die Frage, ob man anhand eines positiven Tests überhaupt aktive Viren erkennen kann, teilte Drosten nach Kittans „Stegreif-Protokoll“ mit: „Es gibt nicht den Fall, dass in der Probe nur Fragmente sind. Diese kommen daher, weil da eine Infektion war. Die Infektion ist schon vorbei. Die ist am Auslaufen. Die Patienten haben nach vier oder mehr Wochen noch echte Genome. Diese Patienten sind nach aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr infektiös.“
Trotzdem handele es sich bei ihnen um echte Fälle, so Drosten. Diese müssten eine Infektion gehabt haben. Gleichzeitig gilt: „Nicht jeder ist infektiös oder auch krank, der positiv ist“, zitiert Kittan den Virologen weiter.
Man könne nicht ausschließen, ob jemand am Anfang oder am Ende der Krankheit sei. Der Charité-Virologe geht davon aus, dass anders als beim Influenza-Virus keine Grundimmunität in der Bevölkerung bestehe. Das sei „solide Grundauffassung“.
Der Untersuchungsausschuss zur „Untersuchung der Krisenpolitik der Landesregierung im Zusammenhang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und der Erkrankung COVID-19“ wurde auf Antrag der AfD ins Leben gerufen und hat am 23. September 2020 seine Arbeit aufgenommen. Er soll umfassend aufklären, ob das Handeln oder auch das Unterlassen der Brandenburger Landesregierung, der politischen Leitungen der zuständigen Ministerien und der ihrer Aufsicht unterliegenden Behörden kurz vor und während der Corona-Pandemie geeignet, erforderlich und angemessen waren. Dabei steht insbesondere im Raum, ob und inwieweit die Virusverbreitung minimiert werden konnte und ob es bessere Alternativen gegeben hat, die die Regierung hätte ergreifen können.
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