Eine Pressekonferenz ist „kein privater Plausch“
Pressekonferenz zu Corona-Studie: Berlin untersagt „Tagesschau“ das Streamen
Das Bezirksamt Berlin-Mitte und das RKI haben sich vonseiten der „ARD“ und des Deutschen Journalistenverbandes Kritik eingehandelt. Die „Tagesschau“ wollte eine Pressekonferenz über eine Studie zur Verbreitung von Corona live streamen – was ihr prompt untersagt wurde.

Fernsehmikrofone mit den Logos von „ARD“/„BR“ und „ZDF“.
Foto: Peter Kneffel/dpa
Die Entscheidung des Bezirksamts Berlin-Mitte als Mitveranstalter einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Robert Koch-Institut (RKI), der „Tagesschau“ der „ARD“ die Möglichkeit zu verweigern, diese via Livestream zu übertragen, sorgte am Mittwoch, 17. Februar, für Verstimmungen.
DJV: Eine Pressekonferenz ist „kein privater Plausch“
Dass „Tagesschau“-Zuschauer die Ausführungen des RKI-Chefs nicht live verfolgen durften, wurde vonseiten des Bezirksamtes Berlin-Mitte damit begründet, dass nicht von allen Teilnehmern der Pressekonferenz im Vorfeld Einverständniserklärungen zum Streaming hätten eingeholt werden können. Diese hätte man jedoch vorliegen haben müssen, um einen Livestream auszustrahlen. So verlangten es Datenschutz und Urheberrecht.
Eine nicht haltbare Ansicht, meint Juliane Leopold, Chefredakteurin Digitales von „ARD-aktuell“. Sie betont:
„Die Corona-Pandemie betrifft alle Lebensbereiche. Wir wollen und müssen die Menschen darüber so gut wie möglich informieren und sie dabei unterstützen, sich selbst ein Bild zu machen.“
Die Behörde habe durch ihr Vorgehen einen „gefährlichen Präzedenzfall“ geschaffen. Auch der Deutsche Journalistenverband (DJV) wies darauf hin, dass „eine Pressekonferenz […] kein privater Plausch“ sei, der Außenstehende nichts angehe.
Deutlich mehr Probanden bereits zuvor infiziert
Thema war eine Studie zur Verbreitung des Coronavirus. Die „Welt“ verlinkte in diesem Zusammenhang einen Artikel über einen kontrovers diskutierten Test an Freiwilligen am Imperial College London, in deren Rahmen sich freiwillige Probanden im Alter von 18 bis 30 Jahren in einer „kontrollierten Umgebung“ selbst anstecken wollen.
Um die ging es in der Pressekonferenz jedoch offenbar nicht: Wie der „Tagesspiegel“ berichtet, stellten die Veranstalter eine Antikörper-Studie vor, im Rahmen derer im Bezirk 2.000 Erwachsene auf Antikörper untersucht und zu ihrem gesundheitlichen Zustand befragt worden seien.
Die Daten, die der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, präsentierte, wurden vorwiegend in der zweiten Novemberhälfte des Vorjahres gewonnen.
Damals war etwa ein Prozent der Probanden akut mit COVID-19 infiziert. Allerdings wurden bei 4,4 Prozent der Untersuchten Antikörper nachgewiesen, die darauf hindeuteten, dass diese – ohne es zu wissen – bereits zu einem früheren Zeitpunkt mit Corona infiziert gewesen sein mussten.
Neben Berlin-Mitte noch Gemeinden in Baden-Württemberg und Bayern untersucht
Insgesamt wurden in vier besonders stark von Corona heimgesuchten Regionen jeweils 2.000 Probanden im Rahmen der Studie untersucht. Neben Berlin-Mitte wählte das RKI noch Kupferzell (Baden-Württemberg) und die bayerischen Gemeinden Straubing und Bad Feilnbach aus. In letztgenannter Gemeinde lag die Zahl der offenbar bereits zuvor Infizierten um das 3,9-fache höher als an nachgewiesenen Fällen registriert war.
Die Dunkelziffer der nicht registrierten Infizierten liege, so Wieler, möglicherweise noch höher, weil bei Coronaviren einmal gebildete Antikörper auch irgendwann wieder verschwänden – was ein Anlass sei, auch im Fall einer Infektion nicht davon ausgehen zu können, für die Zukunft dauerhaft immunisiert zu sein.
Eine jüngst veröffentlichte Studie der Medizinischen Universität Innsbruck, die eine ähnliche Erhebung im ehemaligen Corona-Hotspot Ischgl ausgewertet hatte, kommt demgegenüber zum Schluss, dass die erworbene Immunität nach einer durchgemachten Corona-Infektion relativ stabil sein dürfte. So wurden Studienleiterin Wegene Borena zufolge bei knapp 90 Prozent von den im April 2020 seropositiv Getesteten auch im November Antikörper nachgewiesen.
Beim nächsten Mal „Hinweise eleganter formulieren“
Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel weist unterdessen die Darstellung zurück, man habe Informationen vor der Öffentlichkeit verborgen oder Geheimhaltung betrieben. Immerhin habe man selbst „praktisch live berichtet“. Allerdings werde man aus der Angelegenheit lernen:
„Das nächste Mal werden wir ein Livestreaming ermöglichen, natürlich unter dem Vorbehalt, dass alle Beteiligten – inklusive angemeldeter Journalist*innen – vor Beginn der PK zustimmen. Und Hinweise dazu eleganter formulieren.“
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