Logo Epoch Times
plus-iconGewalt gegen Demonstranten

Taubblinder in Panik: Widerstand gegen Polizisten löst Strafbefehl aus

Gegen Bert Bohla liegt ein Strafbefehl vor. Der Taubblinde hatte sich nach Auflösung einer Demonstration der Wuppertaler Polizei bei einer Durchsuchung widersetzt. Zu Recht, findet sein Anwalt.

top-article-image

Bert Bohla.

Foto: Epoch Times

Artikel teilen

Lesedauer: 7 Min.

Seit der Corona-Krise ist für ihn nichts, wie es früher war. Bernd Bohla ist ein taubblinder Mann aus Wuppertal. Nur mit technischer Unterstützung, also einem Hörgerät, erreicht sein Hörvermögen maximal 70 Prozent. Wenn er einkaufen geht, eckt er wegen einer fehlenden Gesichtsmaske an. Dass der ohnehin stark beeinträchtigte Mann ein ärztliches Attest vorweisen kann, interessiert kaum jemanden, sagt er.
Auf einer Kundgebung am 19. September, organisiert von „Corona Report Wuppertal“, kommt es zu einem Konflikt zwischen Bohla und der Polizei. Als Beamte seine Tasche nach einem Ausweis durchsuchen, gerät er in Panik. Nun liegt ein Strafbefehl gegen Bohla wegen Widerstands gegen Staatsgewalt vor. Für seinen Anwalt, Dirk Sattelmaier, ist das ein Unding.
Nachdem die Kundgebung am 19. September und auch eine folgende Spontan-Demo von der Polizei aufgelöst wurde, verließ der taubblinde Wuppertaler gemeinsam mit seiner Begleiterin den Platz. Nach kurzer Zeit wurden sie von der Polizei angehalten. Man warf ihnen eine Ordnungswidrigkeit vor und verlangte die Ausweise zu sehen. Dem zugrunde läge ein Platzverweis, dem die beiden nicht sofort nachgekommen seien, lautete der Vorwurf.
Auf Bohlas Argument, dass er von einem Platzverweis nichts wisse, teilten die Beamten mit, dass er später Widerspruch einlegen könne. Zunächst wolle die Polizei die Ausweise sehen. Als der Taubstumme dem nicht nachkommt, wird ihm damit gedroht, ihn gewaltsam zu durchsuchen. „Die haben mich nicht einmal gefragt, ob ich überhaupt einen Ausweis mithabe“, beschreibt Bohla die Situation gegenüber Epoch Times.
Alexander Kresta, Pressesprecher des Wuppertaler Polizeipräsidiums, schilderte auf eine Anfrage, dass Bohla „trotz mehrfacher, deutlicher Aufforderungen“ einem Platzverweis nicht nachgekommen sei. Bohlas Begleitperson habe sich zwar gegenüber der Polizei ausgewiesen. Aber anstatt beruhigend auf Bohla einzuwirken, habe sie die polizeilichen Maßnahmen mit ihrem Smartphone gefilmt, kritisiert Kresta.
In einem YouTube-Video ist zu sehen, wie drei Polizisten auf den blinden Mann zugehen: „So, nicht erschrecken“, sagt ein Beamter, berührt Bohla an der Schulter mit den Worten „Ich werde jetzt“ und schon ist der behinderte Mann von drei Beamten umringt. Seine Rufe „Lassen Sie das, ich mach das selber! Ich habe meine Ordnung, ich habe das sortiert!“, beachten die Beamten nicht. Auch die Frage, warum die Beamten Bohla nicht haben kooperieren lassen, blieb vom Pressesprecher unbeantwortet.

Ein Taubblinder in Panik

„Ich habe das ‚Nicht erschrecken‘ gehört“, erinnert sich Bohla. Aber wenn man so etwas höre, müsse man sich auf die Situation erst einmal einstellen. Was die Polizei aber getan habe, geschah im „selben Atemzug“. Als die Polizei sich an seine Tasche machte, sei er in Panik geraten. „Ich brauche meine Ordnung“, bekräftigt er gegenüber Epoch Times. In Bohlas Tasche hat alles seinen guten Platz. Wenn ein Dritter die Dinge durcheinander bringt, kann er nichts mehr finden.
Als die Polizisten nicht reagieren, wehrt sich der Behinderte und schubst die Beamten weg. Schließlich legen ihm die Polizisten Handschellen an. Aus Sicht der Beamten hat sich der Wuppertaler „zu keiner Zeit kooperativ“ gezeigt und „passiven Widerstand“ geleistet und „um sich geschlagen“, so die Polizei. Es sei notwendig gewesen, ihn zwecks Durchsuchung nach seinen Ausweispapieren „zur Verhinderung weiterer Widerstandshandlungen“ zu fixieren.
Bohlas Anwalt, Dirk Sattelmaier, sieht das anders. Für einen Blinden sei es nun einmal sehr wichtig, dass seine Ordnung nicht durcheinander gebracht werde. Das sei der Moment, in dem die Polizei ihn hätte gewähren lassen müssen, erklärt der Jurist gegenüber Epoch Times. Auch wenn die Polizei grundsätzlich die Möglichkeiten habe, bei Weigerung eine Person wegen ihrer Personalien zu durchsuchen, so unterliege dies dem Gebot der Verhältnismäßigkeit. Wenn nun die betroffene Person, in diesem Fall ein Taubblinder, sagt „Ich mache das selber“, dann ist das Ziel dieser Maßnahme, nämlich die Feststellung der Personalien, bereits ohne weitere Gewaltanwendung möglich, so Sattelmaier weiter. „Diese Möglichkeit hat man ihm aber nicht gegeben.“
Zudem sei die besondere Situation, nämlich dass es sich um einen Taubblinden handelt, zu berücksichtigen. Ein solcher Mensch nehme Berührungen und den Zwang, dem er ausgesetzt ist, anders wahr als ein gesunder Mensch.
Tatsächlich habe sich Bohla „vollkommen hilflos“ gefühlt, als die Polizisten ihn fixiert haben, erklärt er.
„Hilflosigkeit ist für mich sowieso eine ganz, ganz üble Geschichte“, fährt er fort.
Die Einschränkungen, unter denen er leide, seien durch einen Unfall entstanden. Früher sei der Wuppertaler völlig autark gewesen. In dieser Situation jedoch, als er von Beamten durchsucht wurde, habe er sich aus Angst reflexartig gewehrt, weil seine Ordnung gefährdet war. „Das wollte ich natürlich verhindern.“

Strafverfahren in Bagatellsachen

Als Strafverteidiger hat Bohlas Anwalt, Dirk Sattelmaier, in der letzten Zeit beobachtet, dass gerade bei Kritikern der Corona-Maßnahmen die Verfahren scheinbar zur Verurteilung führen sollen.
„Selbst kleinste Delikte wie Hausfriedensbruch werden zur Anklage geführt“, schildert der Anwalt
Was wirklich gegen seinen Mandanten vorliegt, ist dem Anwalt noch gar nicht bekannt. Er kenne auch nicht die Aussagen der Polizisten zu dem Sachverhalt, denn eine „rechtzeitig beantragte“ Akteneinsicht wurde ihm bislang nicht gewährt. Ersichtlich sei jedoch bereits jetzt, dass in der Sachverhaltsdarstellung im Strafbefehl gewisse Sachverhalte weggelassen wurden, die dem Video zu entnehmen sind und seinen Mandanten entlastet hätten, so Sattelmaier.
Für ihn steht fest: Sein Mandant war in einer Ausnahmesituation. Darum hat er auch Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt.  Da durch den Lockdown viele Gerichte Hauptverhandlungen aussetzen oder gar nicht erst anberaumen, ist derzeit noch nicht absehbar, wann es zum Termin kommt. Das bliebe abzuwarten.
Wer Bert Bohla unterstützen möchte, kann über seinen Telegram-Kanal “nixblick_news” Kontakt mit ihm aufnehmen.

Kommentare

Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.