Deutscher Wirtschaft geht die Puste aus
Europas größte Volkswirtschaft tritt Ende 2019 auf der Stelle. Die Ausbreitung des Coronavirus dämpft Hoffnungen auf eine rasche Erholung. Einzig die Baubranche verzeichnet nach wie vor volle Auftragsbücher.

Getriebe-Produktion.
Foto: Felix Kästle/dpa/dpa
Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus trifft die deutsche Wirtschaft in einer Schwächephase. Zum Ende des Jahres 2019 ging Europas größter Volkswirtschaft die Luft aus.
Im vierten Quartal stagnierte das Bruttoinlandsprodukt gegenüber dem Vorquartal. Das Statistische Bundesamt bestätigte am Dienstag vorläufige Angaben. Deutschland geht damit ohne nennenswerte Impulse in das laufende Jahr. Trotz der Konjunkturabkühlung sind die öffentlichen Kassen sind gut gefüllt.
Vor allem sinkende Exporte bremsten die Entwicklung zum Jahresende. Gestützt wurde die Konjunktur im Zeitraum Oktober bis Dezember von den boomenden Bauinvestitionen.
Der Konsum – zuletzt häufig der Konjunkturmotor – verlor nach einem sehr starken dritten Quartal dagegen deutlich an Dynamik. Die privaten Konsumausgaben stagnierten zum Jahresende, der Staat erhöhte seine Konsumausgaben nur leicht um 0,3 Prozent.
Deutsche Wirtschaft hat in 2019 deutlich an Tempo verloren
Internationale Handelskonflikte und die Abkühlung Weltkonjunktur belasteten die exportorientierte deutsche Industrie.
Hinzu kam der Strukturwandel in der Autoindustrie. Im Gesamtjahr wuchs die deutsche Wirtschaft um 0,6 Prozent. Das war deutlich weniger als jeweils in den beiden Vorjahren. Ähnlich schwach wie 2019 war das Wachstum zuletzt 2013.
In diesem Jahr könnte die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus nach Einschätzung von Volkswirten die erhoffte Konjunkturerholung in Deutschland verzögern.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) senkte bereits seine globalen Wachstumsprognosen. Die Weltwirtschaft werde voraussichtlich um 0,1 Prozentpunkte weniger wachsen als bisher angenommen.
Pralle Kassen
Die öffentlichen Kassen sind trotz der Konjunkturschwäche gut gefüllt. Dank der weiterhin guten Lage auf dem Arbeitsmarkt sprudelten Sozialabgaben und Steuern kräftig und spülten Milliarden in die öffentlichen Kassen. Zugleich sorgte die vor allem in Deutschland umstrittene ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) für Entlastung.
Wegen der niedrigen Zinsen kann sich der Staat günstiger verschulden. Auf insgesamt 49,8 Milliarden Euro (Vorjahr: 62,4 Mrd.) bezifferte das Statistische Bundesamt den Überschuss von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialkassen.
Der Überschuss machte im vergangenen Jahr 1,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus, nach 1,9 Prozent im Vorjahr. Ein Defizit hatte Europas größte Volkswirtschaft zuletzt 2011 verbucht.
Deutschland ist mit dem Überschuss weit entfernt von der Defizit-Grenze des Maastricht-Vertrages, in dem sich die Europäer ein Haushaltsdefizit von 3,0 Prozent der Wirtschaftsleistung erlauben.
Lediglich die Baubranche boomt
Die Auftragsbücher der Baubranche in Deutschland sind trotz eines Dämpfers im Dezember weiterhin prall gefüllt.
Im Gesamtjahr 2019 lagen die Bestellungen mit 86,1 Milliarden Euro nominal um 8,2 Prozent über dem Vorjahreswert, wie das Statistische Bundesamt errechnet hat.
Das war nach Angaben der Wiesbadener Statistiker der höchste jemals gemessene Jahreswert. Real (preisbereinigt) betrug das Plus zum Vorjahr 3,2 Prozent. Große Nachfrage nach Häusern und Wohnungen sowie staatliche Investitionen etwa im Straßenbau sorgen seit längerem für gute Geschäfte der Baubranche.
Das Bauhauptgewerbe umfasst die Errichtung von Gebäuden (Hochbau) ebenso wie von Straßen, Bahnstrecken und Leitungen (Tiefbau). Die Statistik berücksichtigt Betriebe mit mindestens 20 Beschäftigten.
Im Dezember lag das eingehende Auftragsvolumen preisbereinigt um 5,0 Prozent unter dem Wert des Vorjahresmonats. Auch gegenüber dem November 2019 gingen die Bestellungen zurück: um real 4,8 Prozent. (dpa/nh)
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