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Kohlenstoffarmer Wasserstoff

Wegen Kernkraft: Frankreich erzwingt Verschiebung von EU-Richtlinie zu erneuerbaren Energien

Frankreich hat eine Verschiebung des Beschlusses der geplanten EU-Richtlinie über erneuerbare Energien erzwungen. Das Land will Garantien zugunsten der Kernkraft.

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Das Kernkraftwerk Cruas in Cruas und Meysse, direkt an der Rhone, Oktober 2017, Frankreich.

Foto: Philippe Desmazes/AFP über Getty Images

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Lesedauer: 4 Min.

Am Mittwoch, 17. Mai, sollte auf Botschafterebene grünes Licht für die geplante EU-Richtlinie über erneuerbare Energien (RED) erteilt werden. Bereits am 30. März hatten die Mitgliedstaaten und das EU-Parlament darüber eine vorläufige Einigung erzielt. Nun verschwand die Abstimmung jedoch von der Tagesordnung – und Frankreich soll dies veranlasst haben. Paris fordert demnach „Garantien“ für Technologieneutralität, insbesondere für kohlenstoffarmen Wasserstoff aus Kernkraft.

Frankreich misstraut Staaten mit ideologischem Anti-KKW-Kurs

Wie „Euractiv“ berichtet, ist der Text des Artikels 22b der Richtlinie Stein des Anstoßes. Darin geht es um die Ziele im Bereich des sauberen Wasserstoffs bei der Dekarbonisierung der Industrie. Frankreich beharrt auf der Anrechnung von kohlenstoffarmem Wasserstoff aus Kernenergie auf die Ausbauziele bei erneuerbaren Energien.
Zwar eröffnet der Passus bereits jetzt Freiräume für kohlenstoffarmen Wasserstoff – und dessen Anrechnung auf den geforderten Anteil an erneuerbarem Wasserstoff. Frankreich hatte diesbezüglich bereits im Vorfeld der Einigung Ende März Druck gemacht und technologische Neutralität angemahnt.
Jedoch hätten Belgien und die Niederlande Textpassagen bezüglich der Umsetzung der Wasserstoffziele redigiert. Paris möchte nun eine Klärung herbeiführen – und offenbar vertraut man Ländern wie Deutschland und Österreich nicht, welche Kernkraft aus ideologischen Gründen ablehnen.

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Paris beharrt auf Technologieoffenheit zugunsten der Kernkraft

Eine zu wenig eindeutige Klarstellung, so die Sorge in Paris, ließe sich möglicherweise später vonseiten der Anti-Kernkraft-Lobby zulasten Frankreichs ausnutzen. Deshalb verlangten französische Diplomaten „Garantien“ bezüglich der zugelassenen Mittel zur Erreichung der Richtlinienziele. Dies sei die Voraussetzung dafür, damit Europa „einen Dekarbonisierungsplan aufstellen kann, der Bestand hat“.
Ob es noch wie geplant während der schwedischen Ratspräsidentschaft zur Verabschiedung der Richtlinie kommen wird, ist nun offen. Quellen zufolge soll nicht nur Frankreich auf eindeutigeren Bekenntnissen zur Technologieoffenheit beharren. Auch weitere Staaten, die auf Kernenergie als Instrument zur Dekarbonisierung setzen, haben demnach eine stärkere Anerkennung kohlenstoffarmer Energie nuklearen Ursprungs in der RED angemahnt.
Inspirieren ließ sich Frankreich zu seinem Beharren auf Klarstellung offenbar von Deutschlands Verkehrsminister Volker Wissing. Dieser hatte im Zusammenhang mit dem geplanten Verbot von Verbrennermotoren mit einem Veto gedroht. Am Ende erreichte er ein Zugeständnis in Sachen Technologieneutralität im Kontext der Entwicklung sogenannter E-Fuels.

Frankreich zeigte sich auch mit Blick auf die ReFuelEU-Verordnung als Anwalt der Kernkraft

Die geplante Richtlinie sieht vor, dass zur industriellen Verwendung bestimmter Wasserstoff in der EU bis 2030 zu 42 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammen muss. Bis 2035 sollen es sogar 60 Prozent sein.
Zugeständnisse gibt es jedoch an Länder mit besonders geringem Anteil aus fossil gewonnenem Wasserstoff. Zu diesen gehören die Kernkraftstaaten. Sie dürfen 20 Prozent des anvisierten Wasserstoffs aus erneuerbaren Quellen durch solchen aus anderen Quellen ersetzen – unter anderem Kernenergie.
Die Verschiebung der Einigung über die Richtlinie hat auch Auswirkungen auf ein geplantes Gesetz über umweltfreundliche Flugkraftstoffe. Die ReFuelEU-Verordnung, so der Name, ist eng mit der Richtlinie über erneuerbare Energien verknüpft. Auch hier hatte Frankreich bis zuletzt darauf beharrt, dass emissionsarme synthetische Flugkraftstoffe, die sich aus Kernenergie gewinnen lassen, als nachhaltig anerkannt werden.

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