Knappheit an Halbleitern
Taiwan-China-Eskalation: Deutsche Wirtschaft fürchtet Halbleiter-Krise
Die deutsche Wirtschaft befürchtet, eine Eskalation zwischen China und Taiwan würde eine Krise in der Halbleiter-Produktion verursachen. Zwei Drittel der weltweiten Auftragsfertigung kommen nämlich von taiwanischen Firmen. Der Konflikt würde aber auch die Weltwirtschaft „immens beeinträchtigen“.

Besuch bei der Weltkonferenz der Halbleiter 2020 in Nanjing in der östlichen Provinz Jiangsu in China.
Foto: STR/AFP über Getty Images
Die deutsche Wirtschaft fürchtet bei einer Eskalation des Taiwan-Konflikts eine Verschärfung der aktuellen Halbleiter-Krise.
„Die Knappheit an Halbleiter, die uns heute schon betrifft durch die generell erhöhte Nachfrage und die Auswirkungen der Corona-Pandemie, würde durch eine Eskalation des Taiwan-Konflikts natürlich noch stärker werden“, sagte Achim Haug von der bundeseigenen Gesellschaft Germany Trade and Invest (GTAI) der Mediengruppe Bayern.
Die Sorge vor einer Zuspitzung des Streits mit China sei in der Wirtschaft „sehr groß“. Europa habe eine sehr geringe Eigenproduktion von Chips – sie seien aber heute in fast allen Technologieprodukten verbaut, betonte Haug.
Der Löwenanteil komme aus Asien, allen voran aus Taiwan. Das Land sei daher ein wichtiger Exportpartner für die deutsche Automobil- und Maschinenbauindustrie.
„Zwei Drittel der weltweiten Auftragsfertigung – also Chips, die in Handys und Autos verbaut werden – kommen von den taiwanischen Firmen TSMC und UMC.“
Eine Angliederung Taiwans an China habe zwar vor allem politisch-historische Hintergründe, sagte Haug. Sie würde aber nebenbei auch in der Volksrepublik ein wirtschaftliches Problem lösen, „denn an der Halbleiter-Herstellung scheitern die Chinesen bislang, obwohl sie sehr viel Geld in die Entwicklung stecken“. Deshalb sei der Westen auch sehr sensibel, „denn er will natürlich nicht, dass China sich die Krone der Halbleiterindustrie aufsetzt“.
Lieferstopps würden Weltwirtschaft „immens beeinträchtigen“
Eine Eskalation im Taiwan-Konflikt würde nach Ansicht des Experten ähnliche Sanktionen gegen China zur Folge haben, wie sie gerade gegen Russland wegen des Ukraine-Krieges in Kraft sind. „Die Auswirkungen wären allerdings um ein Vielfaches größer“, sagte Haug den Zeitungen der Mediengruppe. „Strafmaßnahmen wie zum Beispiel Lieferstopps würden die Weltwirtschaft immens beeinträchtigen.“
Die fossilen Brennstoffe aus Russland seien „deutlich leichter zu ersetzen als das, was wir alles aus China beziehen“. Es gebe kein Land, aus dem Deutschland mehr Waren importiere als aus China – darunter auch kritische Rohstoffe wie seltene Erden.
Haug sagte, das Bewusstsein in der deutschen Wirtschaft dafür, kritische Abhängigkeiten zu reduzieren, sei „stark gewachsen“. Ein Mittel gegen eine zu starke Abhängigkeit sei Diversifizierung, die zweite Option sei Lagerhaltung und die dritte Regionalisierung – also die heimische Produktion.
Die EU-Kommission hatte Anfang Februar den Chips Act beschlossen: Sie will die Herstellung von Halbleitern in der EU ankurbeln und dafür rund 43 Milliarden Euro aus öffentlichen und privaten Mitteln mobilisieren. Ziel ist, bis 2030 ein Fünftel der globalen Halbleiterproduktion in Europa anzusiedeln.
Auch die USA treten mit einem großen Mikrochip-Gesetz gegen China an. Das US-Repräsentantenhaus hat am 28. Juli den „CHIPS and Science Act“ verabschiedet [Creating Helpful Incentives to Produce Semiconductors for America]. Das Gesetz stellt über einen Zeitraum von fünf Jahren etwa 52 Milliarden US-Dollar für den Ausbau der Halbleiterfertigung bereit.
Zudem genehmigt es eine Steuergutschrift von 25 Prozent für neue oder erweiterte Anlagen zur Herstellung von Halbleitern oder Chipmaschinen. Neben der Investition, um die Produktion von in Amerika hergestellten Halbleitern zu steigern, soll das Gesetz die Schwachstellen in der Lieferkette beseitigen, um mehr Waren in Amerika herstellen zu können.
Die Vereinigten Staaten wollen zudem die wissenschaftliche Forschung und technologische Führung dadurch wiedererlangen und die wirtschaftliche und nationale Sicherheit Amerikas im In- und Ausland stärken. (sza/afp)
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