
Gefahr von Bodenversalzung: Ein wilder Wein wehrt sich
Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie haben herausgefunden, dass eine wilde Weinsorte tolerant gegenüber Salz ist. Nun sollen widerstandsfähige Kulturpflanzen nach diesem Vorbild gezüchtet werden.

Deutsche Forscher fanden heraus, dass ein wilder Wein salztoleranter als andere Sorten ist. Nun sollen Kulturpflanzen nach diesem Vorbild gezüchtet werden.
Foto: iStock
Steigende Temperaturen erhöhen den Wasserbedarf von landwirtschaftlichen Flächen, wie etwa beim Weinanbau. Wenn Wasser verdunstet, bleiben in den oberen Bodenschichten jedoch Salze zurück, die Pflanzen zusätzlich belasten können. Dieser verstärkte Salzstress lässt die Erträge sinken und kann zum Absterben der Pflanze führen.
Um den Weinbau vor diesen Folgen zu schützen, wollen die Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) genetische Faktoren identifizieren, welche eine Weinrebe widerstandsfähiger machen.
„Die Weinrebe ist eigentlich gut an Trockenheit angepasst, sodass der bewässerungsbedingte Salzgehalt auf den ersten Blick kein großes Problem darstellen sollte“, sagt Professor Peter Nick vom Joseph Gottlieb Kölreuter Institut für Pflanzenwissenschaften (JKIP) des KIT. „Jedoch erhöhen die trockeneren und heißeren Sommer auch hier den Bedarf an zusätzlicher Bewässerung.“
Wilder Wein dank Stoffwechsel toleranter
Die Weinrebe gehört zu den mäßig salzempfindlichen Pflanzen. Überschreitet der Salzgehalt einen bestimmten Schwellenwert, werden Membranen und Proteine in ihrer Funktion gestört. Als Folge stellt die Pflanze die sogenannte Transpiration, also die Verdunstung über die Blätter, ein. Dies führt dazu, dass sich die Salze in den Blättern anreichern. Bereits einige Tage nach Beginn der Stressperiode fangen die Blätter an abzusterben.
Dies scheint bei der im Atlasgebirge (Nordafrika) gefundenen alten Weinsorte „Tebaba“ nicht der Fall zu sein. Dieser wilde Wein ist deutlich widerstandsfähiger und wächst prächtig, obwohl er das Salz aus dem Boden aufnimmt und es bis in die Blätter der Pflanze aufsteigt.
Um einen Einblick in wichtige Prozesse wie die Photosynthese zu erhalten, haben KIT-Forscher diese Sorte mit ihren im Mittelmeerraum weitverbreiteten Verwandten verglichen. Dabei erhöhten die Wissenschaftler in ihrem Versuch nach und nach den Salzstress, um die Bedingungen in einem bewässerten Weinberg zu simulieren.
„Wir stellten fest, dass Tebaba im Gegensatz zu anderen salztoleranten Pflanzen das Natrium nicht in den Wurzeln zurückhält, sondern ihren Stoffwechsel so umgestaltet, dass er in Gegenwart von Natrium unverändert weiterlaufen kann. Wir gehen davon aus, dass ihre Salztoleranz nicht auf einen einzigen genetischen Faktor zurückzuführen ist, sondern sich aus günstigen Stoffwechselflüssen ergibt, die sich gegenseitig stützen“, beschreibt Nick die Studie.
Es zeigte sich, dass diese Prozesse in den Blättern stabiler aufeinander abgestimmt sind, sodass die Bildung schädlicher Stoffe vermieden wird. Dadurch kann die Wildrebe ihre Ressourcen verstärkt für die Photosynthese einsetzen und so einen Zusammenbruch der Zellwände verhindern.
Kreuzung mit Kultursorten soll Lösung bringen
Im Weinanbau ist es gängige Praxis, Weinreben zu veredeln. Dabei werden die Triebe besonders früchtetragender Arten auf vorhandene Wurzelstöcke einer besonders robusten Art gesetzt, um sie widerstandsfähiger gegen schädliche Einflüsse wie Trockenheit oder Schädlinge zu machen. Laut der Studie wäre es nicht sinnvoll, Tebaba als Wurzelstock zu verwenden, da der Grund für die Salztoleranz nicht in der Wurzel, sondern in den Blättern liegt.
„Wir empfehlen daher, durch natürliche Kreuzung, aber unterstützt von molekularbiologischen Analysen, die genetischen Faktoren der Salztoleranz aus Tebaba in kommerziellen Sorten einzuführen“, fasst Nick die Ergebnisse zusammen. „So können wir es schaffen, die Weinrebe – die Obstpflanze mit dem weltweit höchsten wirtschaftlichen Ertrag pro Fläche – an die Folgen des Klimawandels anzupassen.“
Alle Hobbygärtner, die ein ähnliches Problem mit ihren Weinpflanzen haben, könnten künftig einfach den wilden Wein Tababa anpflanzen. Die Studie erschien am 1. September 2023 im Fachjournal „Plant Physiology“.
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