Archäologie
Studie zeigt: So überlebten Menschen die letzte Eiszeit in Europa
Die Menschen waren bereits vor Zehntausenden Jahren sehr mobil und reisten weit. Dies bekräftigen Erbgutanalysen aus dem heutigen Europa und zeigen, welche Menschengruppen im Süden erfolgreich Schutz fanden – und welche verschwanden.

Während der letzten Eiszeit vor 115.000 bis 12.000 Jahren waren weite Teile Nordamerikas, Europas und Asiens von riesigen Gletschern bedeckt.
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Während der letzten Eiszeit vor 115.000 bis 12.000 Jahren waren weite Teile Nordamerikas, Europas und Asiens von riesigen Gletschern bedeckt. Vor 25.000 bis 19.000 Jahren erreichte die Eiszeit schließlich mit Temperaturen von durchschnittlich nur acht Grad Celsius ihr Maximum.
In dieser Zeit lag Deutschland vom Norden bis zu den Mittelgebirgen unter einem riesigen Gletscher verborgen. Was heute als lebensfeindlich gilt, war einst der Lebensraum von Mammut, Wollnashorn, Bison und dem frühen Menschen. Doch wie haben sie in der Kälte und der Einöde aus Eis überlebt? – Eine Frage, die sich viele Wissenschaftler stellen. Vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig kommt nun eine mögliche Antwort.
Kälte führte sie in den Süden
Dazu führte ein internationales Forschungsteam im Rahmen einer Studie eine Genanalyse von 356 Menschen durch, die vor 35.000 bis 5.000 Jahren in Europa und Asien lebten. Die Forscher entdeckten dabei, dass die ältesten von ihnen aus der Zeit des Gravettien (32.000 bis 24.000 Jahre) an zwei unterschiedlichen Orten in Europa lebten. So gab es eine westliche Population im heutigen Frankreich, Spanien und Portugal und eine in Zentral- und Südeuropa (heutiges Tschechien und Italien). Obwohl beide ähnliche Werkzeuge und Schnitzereien mit Tiergesichtern produzierten, waren sie genetisch völlig verschieden.
„Mit diesen Funden können wir erstmals direkt die These untermauern, dass die Menschen während der kältesten Phase der letzten Eiszeit Zuflucht in Südwesteuropa suchten, das klimatisch günstigere Bedingungen bot“, sagte Erstautor Cosimo Posth von der Universität Tübingen. Den Analysen zufolge breiteten sich später ihre Nachkommen von Südwesteuropa in Richtung Norden und Osten aus.
Als weiterer Rückzugsort für die Menschen galt bisher die italienische Halbinsel. Für diese These fand das Forschungsteam allerdings keine Belege, im Gegenteil: Die in Zentral- und Südeuropa lebenden Jäger und Sammler sind dort nach dem Kältemaximum genetisch nicht mehr nachweisbar und gelten damit als ausgestorben. Stattdessen ließen sich dort Menschen mit einem neuen Genpool nieder.
„Wie wir sehen konnten, unterscheiden sich die dort lebenden Individuen […] genetisch stark von den vorherigen Bewohnern der italienischen Halbinsel“, sagt Mitautorin He Yu vom Max-Planck-Institut in Leipzig. „Vermutlich kamen diese Menschen um die Zeit des glazialen Maximums vom Balkan nach Norditalien und breiteten sich bis nach Sizilien aus.“ Grund für die Wanderungsbewegung könnten laut den Forschern ebenfalls klimatische Veränderungen sein.
Die Studie erschien am 01. März 2023 im Fachblatt „Nature“. (dpa/kms)
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