Ursache unklar
Balkanregion: „Bisher massivster Stromausfall im europäischen Stromnetz“
„Das hat es in der Geschichte noch nie gegeben“, schreiben lokale Medien. Ein großflächiger Stromausfall hat einen Teil der Balkanregion kurzzeitig lahmgelegt.

In der Balkanregion kam es zu einem großflächigen Stromausfall.
Foto: zhengzaishuru/iStock
Ein weitflächiger Stromausfall überraschte am Freitag, 21. Juni 2024, die Bewohner und Urlauber an der kroatischen Adriaküste. Um 12:47 Uhr fiel die Elektrizität an der dalmatinischen Küste und in ihrem Hinterland aus, wie Medien vor Ort berichteten. Davon betroffen waren Urlauberhochburgen wie Dubrovnik, Split und Zadar.
Ursache für den Stromausfall sollen Störungen infolge von Überlastungen bei den Netzbetreibern in den Nachbarländern gewesen sein, die gleichfalls mit weitflächigen Stromausfällen zu kämpfen hatten. In Kroatien kehrte die Stromversorgung nach rund einer Stunde nach und nach wieder zurück.
Der nationale Stromversorger HEP sprach von „internationalen Störungen der Stromversorgung“, die mehrere Länder betreffen.
Schutzmechanismen bewahrten vor Schlimmerem
Die Stromversorgung in Europa besteht aus einem großen zusammenhängenden Netz – dem europäischen Verbundsystem. „Das gesamte Stromnetz Kontinentaleuropas ist untereinander verbunden, und das hat manchmal seine Vorteile, aber auch seine Schwächen“, sagte Danko Blažević, Direktor des Bereichs Energiesystemmanagement beim lokalen Netzbetreiber HOPS.
„Der Vorteil ist, dass man Strom importieren, exportieren und verkaufen kann, aber der Nachteil ist, dass ein Ausfall von einem Netz zum anderen weitergegeben wird.“
Um das zu verhindern, gibt es Schutzmechanismen. Nach Angaben der kroatischen Tageszeitung „24 sata“ hat HOPS diese Mechanismen rechtzeitig aktiviert. „In solchen Situationen werden Relaisschutzsysteme aktiviert, die den Ausfall im Bruchteil einer Sekunde so weit wie möglich begrenzen“, erklärte Blažević.
Bisher „massivster Ausfall“ in Europa
Bevor die europäischen Schutzmechanismen griffen, gingen allerdings auch viele Lichter in Bosnien und Herzegowina, Albanien, Montenegro, Nordmazedonien und Griechenland aus. „24 sata“ schrieb: „Das hat es in der Geschichte noch nie gegeben.“ Ebenso meinte der Energieanlagenelektroniker Stefan Spiegelsperger in seinem Analysevideo dazu:
„Das war der massivste Ausfall im europäischen Stromnetz, den es jemals gegeben hat.“
Dieser Stromausfall hat die Stufe drei von maximal fünf Stufen erreicht, wie Albanien erklärte. Bisher gab es nur Stromausfälle der Stufe zwei.
Der lokale Netzbetreiber HOPS konnte anschließend den Strom wieder einschalten und der nationale Stromversorger langsam kleinere Netze aufladen, damit diese nicht erneut ausfallen, wie der kroatische Netzbetreiber schilderte. Innerhalb einer Stunde hatte HOPS das Netz wieder stabilisiert und Strom aus dem Norden des Landes zu den stillgelegten Stromleitungen geleitet.

Der Stromausfall hat zeitweise in mehreren Regionen wie hier in Albanien ein Verkehrschaos ausgelöst.
Foto: Photon-Photos/iStock
Ausgefallene Wasserversorgung und Verkehrschaos
In Podgorica, der Hauptstadt von Montenegro, fiel zeitweise auch die Wasserversorgung aus, berichteten örtliche Medien. Der Ausfall aller Verkehrsampeln führte in vielen betroffenen Regionen zu einem Verkehrschaos, berichteten bosnische und kroatische Medien.
In Bosnien-Herzegowina gab es einen vollständigen Stromausfall in der Hauptstadt Sarajevo, wie ein AFP-Reporter berichtete.
Mehrere Menschen in der kroatischen Stadt Split riefen die Feuerwehr an, weil sie in Fahrstühlen festsaßen. In Albanien fiel der Strom in den meisten Städten aus, kehrte aber zumeist nach einer halben Stunde wieder zurück, berichtete das Nachrichtenportal „top-channel.tv“.
Was kann die Ursache sein?
Zunächst wurde vermutet, dass es sich um eine Fehlfunktion aufgrund hoher Temperaturen handelte. Die deutschen Nachrichtenagenturen erwähnten unter anderem die „Hitzewelle“ und Temperaturen „von bis zu 37 Grad“, die in Split gemessen wurden.
Das habe zu einem Brand in einem montenegrinischen Umspannwerk an der Grenze zu Bosnien-Herzegowina geführt. So soll es zu dem überregionalen Stromausfall gekommen sein, wie das montenegrinische Nachrichtenportal „vijesti.me“ unter Berufung auf den nationalen Netzbetreiber CGES berichtete.
Der albanische Netzbetreiber OST führte den Stromausfall hingegen auf einen Defekt der Hochspannungsleitungen im Grenzgebiet zu Griechenland zurück. Ausgelöst hätte ihn eine Netzwerküberlastung. Über einen Hackerangriff wurde ebenfalls spekuliert.
Tatsächlich zeigen die Wetterdaten vom Freitag Temperaturen von teilweise rund 35 Grad Celsius in der Balkanregion. Das führt dazu, dass die Menschen vermehrt ihre Klimaanlage oder andere Kühlgeräte auf Hochtouren laufen ließen. Dies wiederum erzeugt laut dem US-Magazin „The Verge“ Verbrauchsspitzen im Stromnetz, die die Strominfrastruktur an ihre Grenzen bringen kann.
Hinzu kommt, dass bei hohen Temperaturen verschiedene Kraftwerksarten oftmals nicht mehr optimal funktionieren. Wenn die Wasserpegel in Flüssen und Stauseen sinken, reduziert sich beispielsweise bei Wasserkraftwerken die Leistung.
Bei niedrigen Wasserpegeln schwächeln auch Atom-, Braun- und Steinkohlekraftwerke. Diese Anlagen benötigen ausreichend Kühlwasser. Bei zu hohen Temperaturen sinkt auch die Spannung und somit die Leistung bei Photovoltaikanlagen.
Der Direktor des Nationalen Verteilzentrums in Montenegro, Ranko Redžić, teilte mit, dass die genauen Gründe für den Ausfall derzeit noch nicht klar sind. Spezialisten des europäischen Netzes von Systemübertragungsnetzen müssen jetzt danach suchen. „Sie werden detaillierte und genaue Informationen nach der Untersuchung haben“, so Redžić.
Er fügte hinzu, dass die Ursache auch im grünen Wandel zu finden sein könnte, da dieser Markt sehr aktiv sei. Vermutlich meinte er damit die Energiewende, bei der viele Länder primär auf die Umstellung ihrer Energieversorgung auf möglicherweise sauberere, aber wetterabhängige Windkraft- und Solaranlagen setzen.
(Mit Material der Nachrichtenagenturen)
Aktuelle Artikel des Autors
28. Januar 2025
Windkraft-Stopp in Kärnten: Was das für Deutschland bedeutet
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.
0
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.