Jenewein-Affäre
Österreich: Intrigen und Selbstmordversuch setzen FPÖ-Chef Kickl unter Druck
Auf elektronischen Geräten des Ex-FPÖ-Abgeordneten Hans-Jörg Jenewein sollen sich Entwürfe von Anzeigen gegen Parteifreunde befunden haben. Er wurde als Mitarbeiter des Parlamentsklubs entlassen und trat aus der Partei aus. Nun gerät auch Parteichef Kickl unter Druck.

Herbert Kickl FPÖ
Foto: Getty Images | GINDL | AFP | BARBARA
Eine persönliche Tragödie droht sich in diesen Tagen in Österreich zu einem potenziellen Sprengsatz für die FPÖ und deren Parteichef Herbert Kickl zu entwickeln – und das zu einem außerordentlich ungünstigen Zeitpunkt.
In der Nacht zum Sonntag ist der frühere FPÖ-Sicherheitssprecher und Nationalratsabgeordnete Hans-Jörg Jenewein offenbar nach einem Suizidversuch per Notarzt in ein Krankenhaus gebracht worden. Der Politiker, so berichtet „exxpress.at“, habe sich nicht in Lebensgefahr befunden, sein Gesundheitszustand sei stabil.
Aufwind der FPÖ in Gefahr
In den vergangenen Wochen konnte die FPÖ ihr seit 2019 andauerndes Umfragetief zunehmend überwinden. Sie liegt bundesweit wieder deutlich über der 20-Prozent-Marke. Einige Institute sehen sie mittlerweile sogar wieder vor der ÖVP.
Gleichzeitig bewegt sich die Impfgegner-Partei MFG, die den Freiheitlichen zuletzt Konkurrenz gemacht hatte, wieder in Richtung unterhalb der Vier-Prozent-Hürde. Mit Volksanwalt Walter Rosenkranz hat die FPÖ auch einen eigenen Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl am 9. Oktober nominiert.
Die Jenewein-Affäre droht nun allerdings alte Wunden in der FPÖ und ihrem Umfeld wieder aufzureißen. Jenewein, der kurzzeitig 2013 als Nachrücker und regulär ab 2017 in den Nationalrat eingezogen war, hatte Rosenkranz im Juli 2019 als Sicherheitssprecher beerbt. Bei der vorgezogenen Nationalratswahl im September 2019 verlor er sein Mandat, blieb dem Parlamentsklub jedoch als Mitarbeiter erhalten.
Anzeigen waren „Beifang“ einer Hausdurchsuchung
In der Vorwoche erhielt Jenewein seine Kündigung, am Freitag, 5. August, gab der Politiker seinen Austritt aus der FPÖ bekannt. Jenewein war in Ungnade gefallen, weil dieser offenbar in Intrigen gegen Parteifreunde vor allem aus der Landesgruppe Wien involviert war.
Hintergrund sind die Ergebnisse einer Hausdurchsuchung im September 2021 auf Antrag der Staatsanwaltschaft bei Jenewein. Dieser soll bei einem früheren Agenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Informationen gekauft haben. Die Polizei beschlagnahmte unter anderem Jeneweins Mobiltelefon und einen Computer.
Das aus der Binnenperspektive der FPÖ besonders Problematische daran: Auf den elektronischen Geräten sollen sich Textentwürfe für Anzeigen an die Strafverfolgungsbehörden befinden, die sich gegen frühere und aktuelle Parteifreunde richten. Unter anderem soll es um den früheren Parteichef Heinz-Christian Strache, Ex-Klubobmann Johann Gudenus und den amtierenden Wiener Landesparteichef Dominik Nepp gehen.
Black Op gegen innerparteiliche Gegner?
Zwei Bezug habende Dateien seien im März 2021 erstellt und mehrfach bearbeitet worden. Dem „exxpress“ zufolge ist in den Dateien angeblich die Rede von Vereinskonstrukten, über die eine versteckte Bezahlung von Funktionären in Millionenhöhe gelaufen sein soll.
An anderer Stelle sollen die bekannten Vorwürfe aus einer anonymen Anzeige an die Staatsanwaltschaft auftauchen. Demnach soll ein Goldvorrat für die Partei in Osttirol angelegt worden sein und das ohne offiziellen Beschluss. Zudem soll HC Strache einen nicht beschlossenen Mietkostenzuschuss vonseiten der FPÖ eingestrichen haben.
Einige der Vorwürfe waren bereits im November 2019 an Medien geleakt worden. Dem „exxpress“ zufolge dienten sie lediglich dazu, frühere und aktuelle Parteifreunde ins Zwielicht zu setzen. Weder für den Goldvorrat noch für den Mietzuschuss seien den Statuten zufolge formale Beschlüsse erforderlich gewesen.
Kickl geht auf Distanz zu Jenewein
Noch am vergangenen Wochenende distanzierte sich Parteichef Herbert Kickl öffentlich von dem als mutmaßlichen Denunzianten entlarvten Jenewein. Dieser galt zuvor als enger Vertrauter des früheren Innenministers.
Dass Jenewein die unvorteilhaften Informationen auf seinem Computer über 13 Parteifreunde in Eigenregie und ohne jedes Wissen vonseiten Kickls zusammengetragen hat, halten viele Partei-Insider laut „exxpress“ für „nicht besonders lebensnah“.
Einige gehen sogar davon aus, dass Kickl selbst den Auftrag dazu erteilt hat. Jenewein selbst bestritt, die Anzeigen je abgeschickt zu haben. Kickl hingegen bestreitet, von den Anzeigen oder den dazugehörigen Konvoluten zu wissen.
Der „exxpress“ zitiert einen Gesprächspartner aus den Reihen der FPÖ mit den Worten: „Mit diesen erfundenen Anzeigen, die in zwei Computer-Dateien auf dem PC von Hans-Jörg Jenewein gefunden worden sind, sollten Existenzen anderer FPÖ-Politiker vernichtet werden. Die irren Vorwürfe sollten anständige Menschen ins Gefängnis bringen, Familien ruinieren.“ Es sei jedoch „nicht realistisch, dass jemand das alles ohne jede Rückendeckung macht“.
„Krone“-Reporter liefern mit erfundenem Abschiedsbrief Medienskandal
Die mit der Jenewein-Affäre verbundenen Enthüllungen über Intrigen und Machtkämpfe innerhalb der FPÖ könnten dem Aufwärtstrend der Partei und der Autorität ihres Parteichefs schaden.
Allerdings stehen auch namhafte österreichische Medien schon jetzt als Verlierer da: Unter anderem haben Reporter der „Kronen Zeitung“ über angebliche Inhalte eines Abschiedsbriefes von Jenewein berichtet, der offenbar frei erfunden war.
Jeneweins Schwester, die Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein, machte in einer Aussendung deutlich, dass es einen derartigen Brief nie gegeben hat. „Eine derartige mediale Hetze ist widerlich und rücksichtslos gegenüber der gesamten Familie. (…) [G]anz besonders gegenüber der Ehefrau und den minderjährigen Kindern“, heißt es darin.
Die genauen Motive hinsichtlich Jeneweins Suizidversuchs sind derzeit noch unbekannt. Neben dem politischen Skandal sowie den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft stellen auch die Pflegebedürftigkeit seiner krebskranken Frau erhebliche Belastungen für den Politiker dar.

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