Konfuzius-Institut Berlin: Kooperationsvertrag zwischen Freier Universität und Peking in der Kritik
Die neue von China finanzierte Stiftungsprofessur an der Freien Universität (FU) in Berlin, steht in der Kritik. Ehemalige Studenten der FU sehen darin einen Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit in Deutschland. Kürzlich schaltete sich auch der Berliner Senat ein, er fordert Veränderung am Kooperationsvertrag zwischen der FU und Peking.

Die Freie Universität Berlin umfasst 250 Gebäude, die im Stadtgebiet verteilt liegen.
Foto: iStock
Eine von Peking bezahlte Stiftungsprofessur an der Freien Universität Berlin (FU) die in Verbindung mit dem Konfuzius-Institut steht, sorgt für Protest unter ehemaligen Studenten der Freien Universität (FU). Jetzt schaltete sich wegen problematischen Punkten im Kooperationsvertrag auch der Berliner Senat ein.
„Wir machen uns große Sorgen um die wissenschaftliche Unabhängigkeit unserer Alma Mater“, schreiben 14 ehemalige Studenten der FU in ihrem offenen Brief. Gerichtet ist das Schreiben an die Bildungsministerien von Bund und dem Land Berlin, an Berlins Bürgermeister und die Leitung der FU.
Gemeinsam kritisieren die ehemaligen Studenten eine im Oktober 2019 eingerichtete Stiftungsprofessur am Ostasiatischen Seminar der FU, die in Verbindung mit dem Dachverband der Konfuzius-Institute namens Hanban steht. Sie wird in den ersten fünf Jahren vollständig durch Hanban finanziert, einer Behörde, die der Propagandaabteilung der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) unterstellt ist.
Ex-Studenten fordern alternative Finanzierung der Professur oder eine Streichung
Für die Verfasser ist dieser Zustand “unhaltbar”, “da ein Einfluss der KPCh auf die Lehrinhalte nicht ausgeschlossen werden kann”, erklären sie in dem offenen Brief. Sie fordern eine Offenlegung des Vertragsinhaltes zwischen der FU und Hanban und “wie es zu dieser Vertragsbeziehung gekommen ist”. Man möchte wissen “welche Gremien und Einzelpersonen diese Beziehung angebahnt” und der Finanzierung durch Hanban zugestimmt hätten, heißt es in dem Brief weiter.
Die ehemaligen Studenten unter ihnen der Sinologe David Missel, wollen zudem wissen, welche konkreten Maßnahmen man plant, um einen möglichen Einfluss von Hanban und somit der KPCh auf Unterrichtsinhalte auszuschließen.
Wie stark chinesische Behörden Einfluss auf das Bild Chinas im Ausland nehmen, konnte Missel 2018 spüren. Als Austauschstudent in China traf er sich im Rahmen eines Filmseminars mit dem Bürgerrechtsanwalt Lin Qilei, um ihn zu Filmen und interviewte Angehörige von inhaftierten Aktivisten. Daraufhin wurde sein Visa annulliert und er musste Festlandchina verlassen.
Darüber hinaus fordern die Verfasser des offenen Briefes eine sofortige Beendigung des Vertrages mit „Hanban“ hinsichtlich der neu geschaffenen Professur und “daraus folgend eine alternative Finanzierung der Professur oder aber eine Streichung dieser”.
Laut Kooperationsvertrag wird Hanban nur die ersten fünf Jahre die Finanzierung – der auf unbegrenzte Zeit angelegten, W2-Professur – übernehmen. Danach wird die FU selbst (also mit Landesmitteln) die Finanzierung sicherstellen. Jährlich entstehen für die Stelle Kosten in Höhe von 100.000 Euro.
Berliner Senat fordert Nachverhandlungen
Was den Berliner Senat jetzt intervenieren und ihn eine Nachverhandlung von der FU einfordern ließ, war jedoch nicht die Einrichtung der Stiftungsprofessur. Es ging dabei auch nicht um die Berufung von Andreas Guder – ehemaliger deutscher Direktor des Akademischen Konfuzius-Instituts Göttingen – für diese Stelle. Er soll an der FU einen Lehramtsstudiengang für Chinesisch aufbauen.
Der Grund für den Senat einzuschreiten lag am Inhalt des Kooperationsvertrages, der zwischen FU und Hanban 2017 geschlossen wurde.
Dieser Vertrag, der seit 2017 dem Senat für Wissenschaft und Bildung vorliegt, wurde 2019 im Rahmen des Berufungsprozesses für die neue Professorenstelle geprüft. Der Senat für Wissenschaft und Bildung besitzt die Aufsichtspflicht über alle landeseigenen Bildungseinrichtungen.
Dabei fiel auf, dass das chinesisches Recht als Grundlage der Kooperation zwischen FU und Hanban vereinbart wurde. Zudem kritisiert der Senat, dass auch der festgelegte Gerichtsstand für Streitfälle während der Kooperation in China liegt. Ein weiterer Punkt sind die Vereinbarungen über den Schlichtungsmodus, teilte ein Senatssprecher Epoch Times mit.
Dazu kommt noch, dass es im Kooperationsvertrag zwischen FU und Hanban eine festgelegte Zulassungsbeschränkung für den geplanten China-Studiengang gibt. Sie besagt, dass nur deutsche Staatsbürger und EU-Bürger den Studiengang besuchen dürfen.
Diese Beschränkung würde Nicht-EU-Bürger nach Auffassung der Fach- und Rechtsaufsicht des Senats jedoch diskriminieren. Man hätte daher „die Leitung der Freien Universität Berlin gebeten, die Nachverhandlung des Kooperationsvertrags einzuleiten“, so der Senat zur Epoch Times.
Laut “Welt” hat die FU Hanban auch das Recht eingeräumt, „korrigierende Maßnahmen“ zu verlangen, falls die deutsche Universität chinesisches Recht verletzt. Wenn sie dem nicht nachkommt, soll Peking die Förderung einstellen und die schon ausgezahlten Gelder zurückfordern können, berichtet die Zeitung.
2006 – Erstes Konfuzius-Institut Deutschlands in Berlin eröffnet
Das Konfuzius-Institut an der Freien Universität Berlin wurde 2006 gegründet und ist das älteste der momentan 19 Konfuzius-Institute in Deutschland. Das Konfuzius-Institut an der FU besitzt die Rechtsform eines eingetragenen Vereins, der von FU und der Peking Universität gemeinsam getragen wird.
In ihrem äußeren Erscheinen und offiziellem Selbstverständnis stellen sich die Konfuzius-Institute als Einrichtung zur Förderung der Kenntnis der chinesischen Sprache und Kultur im Ausland dar.
Li Changchun, Ex-Propagandachef und ehemaliges Mitglied des zentralen Politbüros, erklärte 2011 in einer Rede: “Das Konfuzius-Institut ist eine ansprechende Marke für die Erweiterung unserer Kultur im Ausland. Es hat einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung unserer Softpower geleistet. Die Marke ‘Konfuzius’ hat eine natürliche Anziehungskraft. Unter dem Vorwand, die chinesische Sprache zu unterrichten, sieht alles vernünftig und logisch aus”, sagte er, berichtet “Politico”.
Finanziert und personell ausgestattet werden die Konfuzius-Institute von der Behörde „Hanban“. Hanban sitzt in Peking und ist die Zentrale für die rund 500 Konfuzius-Institute weltweit. Sie sind in den jeweiligen Ländern hauptsächlich Bildungseinrichtungen (Schulen und Universitäten) angegliedert. Mit ihnen gehen sie langfristige, enge Kooperationen ein.
Wie wichtig Peking Hanban ist, wird an der hierarchischen Untergliederung und der finanziellen Ausstattung dieser Behörde deutlich. Hanban ist der Zentralen Propagandaabteilung der KP Chinas unterstellt und erhält jedes Jahr ein Milliardenbudget. Hierarchisch liegt über der Zentralen Propagandaabteilung nur noch das Zentrale Politbüro als die Machtzentrale der KP.
Laut Senat erhält das Konfuzius-Institut an der FU keine Landesmittel. Die FU selbst erklärt, dass sie dem Konfuzius-Institut nur Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, erfuhr Epoch Times vom Senat. Auf eine Anfrage von uns zum Kooperationsvertrag reagierte die FU nicht.
FU sieht keine Gefahr für die “Ausübung der akademischen und der Meinungsfreiheit”
Seitens der FU geht man nicht davon aus, “dass durch den Studiengang deutsche oder chinesische Gesetze verletzt werden”. Und dies “auch bei voller Ausübung der akademischen und der Meinungsfreiheit.” Das macht die FU in einer eigenen Mitteilung, namens “Stiftungsprofessur und Kooperation mit Hanban”, deutlich.
Auch hätte man bei anderen durch Hanban finanzierten Stellen keine Einflüsse auf die Besetzung oder die Arbeit von Professuren gesehen.
Das eine der zwei Leiter des Konfuzius-Instituts (in der Regel ist ein Leiter vom Konfuzius-Instituts ein Mitarbeiter der betreffenden Universität und der andere ein von Hanban eingesetzter Chinese) von Peking aus bestimmt wird, darin sehe die FU “nichts ungewöhnliches”.
Der Deutsche Akademische Austausch-Dienst (DAAD) entsende im Rahmen bilateraler Abkommen in ähnlicher Weise seit Jahrzehnten Lektorinnen und Lektoren für Deutsch und Germanistik an Universitäten weltweit, heißt es in der Mitteilung. Auch deren Auswahl würde in Deutschland vorgenommen. Dann würden sie den gastgebenden Hochschulen im Ausland als von Deutschland finanziell unterstützte Kandidaten vorgeschlagen, erklärt die FU.
China wird allerdings – anders als Deutschland – von einem totalitären Regime, in Form der KPCh, regiert. Dieses Regime nutzt ganz offiziell seine Konfuzius-Institute als politisches Softpower-Instrument.
Peking untersagte Mitarbeitern von Konfuzius-Institut das Falun Gong-Praktizieren
Zu möglichen Diskriminierungen religiöser oder politischer Art durch Hanban und einen möglichen Einfluss aus Peking auf die Angestellten der FU wird in der Mitteilung erklärt: “Die gegenwärtige und ehemalige politische Haltung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den Fachbereichen und Zentralinstituten der Freien Universität ist – weder im Allgemeinen und noch im Speziellen – Gegenstand einer Überprüfung durch die Hochschule.”
Dies gelte auch für Angestellte der Verwaltung, so die FU. Fakt ist aber, dass es dies seitens Hanbans gegenüber den chinesischen Angestellten der Konfuzius-Institute im Ausland gab. So ist bekannt das Hanban chinesischen Bewerbern Arbeitsverträge vorlegte, die ihnen ausdrücklich untersagten Falun Gong zu praktizieren. Falun Gong ist eine traditionelle buddhistische Meditationspraxis aus China.
Die Anhänger dieser Meditationsschule werden seit 1999 massiv durch die KPCh und den staatlichen chinesischen Organen in Festlandchina verfolgt. Es sind zahlreiche Todesopfer, Folteropfer und Beweise für staatlich organisierten Organraub an ihnen und anderen Glaubensgefangenen belegt.
Ans Licht gekommen ist diese Ausschlussklausel 2011 durch Sonia Zhao. Über Hanban kam Frau Zhao von China nach Kanada. Hier sollte sie als Dozentin für das Konfuzius-Institut an der McMaster Universität in Hamilton arbeiten. Ihr wurde das Praktizieren von Falun Gong per Arbeitsvertrag untersagt. Sie machte dies öffentlich. Schließlich zog sich die Mc Master Universität vollständig von einer Zusammenarbeit mit Hanban zurück.
FU: Kein Einfluss aus China auf Professur und Arbeit
Die FU erklärt in der Mitteilung weiter, dass sie vielfältig international verknüpft wäre. Die neue Stiftungsprofessur ist allerdings an der ganzen Universität die einzige die von ausländischen Staaten finanziert wird.
Man hätte bei anderen durch Hanban finanzierten Stellen keine Einflüsse auf die Besetzung oder die Arbeit von Professuren gesehen. “Erfahrungen anderer Institutionen in Deutschland, belegen eine solche Vermutung nicht”, erklärt die FU.
Das scheinen die Uni Hamburg und die Uni Düsseldorf anders zu sehen. Während die Universität Freiburg seine Kooperation mit Hanban verlängerte, hat Düsseldorf ganz und Hamburg zumindest die finanzielle Zusammenarbeit beendet.
So soll laut einer Sprecherin der Universität Hamburg „eine Finanzierung [des dort angesiedelten Konfuzius-Institutes] nicht weiter vorgesehen“ sein. Die Sprecherin ließ dabei offen, ob die Kooperation beendet werde.
Maßgeblich sei die „fehlende Unabhängigkeit“ von Chinas kommunistischer Propaganda. Dies unterlegt ein Vorfall aus 2015. Das Hamburger Institut berichtete damals über das Massaker am Tiananmen-Platz, dem „Platz des Himmlischen Friedens“. Daraufhin wurde dem chinesischen Direktor gekündigt. Dies berichtete der „Tagesspiegel“.
Uni Düsseldorf beendet Zusammenarbeit mit Konfuzius-Institut
Düsseldorf kündigte bereits 2016 die Kooperation mit Hanban auf – wegen der Vertragslaufzeit ist dies April 2020. Auf Nachfrage des “Tagesspiegel” wurde von „Intransparenz“ in der „Konstellation der Zusammenarbeit“ gesprochen.
Die Unileitung könne einen Einfluss von Chinas Staatsdoktrin auf didaktische Inhalte und somit auf Uniangehörige nicht ausschließen. Die Kündigung sei „kein Schritt, den eine Universität leichtfertig unternimmt“, sagte ein Sprecher. Alle Fortsetzungsangebote habe man ausgeschlagen.
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