Genderverbot in Bayern
Aufruf zur Denunziation? Söders Kommentare zum Gendern lösen Kontroverse aus
Ab 1. April gilt ein Genderverbot für den Dienstverkehr in Bayern. Nicht alle sind begeistert. Heftige Kritik gibt es nun auch für eine Aussage des Ministerpräsidenten zu dem ohnehin emotional aufgeheizten Thema.

Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern.
Foto: Christof Stache/afp
Ein „Bild“-Interview mit dem bayerischen Regierungschef Markus Söder sorgt für Unmut bei einigen Lehrern im Freistaat. Der Vorwurf: Söder habe angeblich Eltern aufgefordert, Lehrkräfte „anzuschwärzen“, falls sie weiterhin gendern. Das Genderverbot Bayerns gilt ab 1. April im dienstlichen Schriftverkehr und kann bei Verstößen „dienstrechtliche Konsequenzen“ nach sich ziehen.
Söders beantwortete in dem Gespräch vom 24. März eine Frage des „Bild“-Journalisten. Dieser wollte wissen, wo sich Eltern beschweren könnten, falls sie einen Brief von der Schule bekommen, in dem gegendert wurde.
Söder zählte daraufhin verschiedene Möglichkeiten auf: „In der Schule, beim Schulleiter, beim Klassenleiter selbst oder beim Schulforum und wenn gar nichts geht, dann einfach eine E-Mail ans Kultusministerium schreiben, die sind rund um die Uhr im Einsatz und regeln die Probleme.“
Einige Lehrer sehen in dieser Aussage einen Aufruf zum Denunzieren, obwohl Söder in dem Gespräch mit der „Bild“ auch klargestellt hat:
„Wenn jemand sprachlich gendern will und es auch kann, ohne dass es wie ein Schluckauf klingt, ist das völlig in Ordnung.“
Er könne das jedenfalls nicht.
Lehrerverband: Andere Themen sind wichtiger
Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands, zeigte sich über Söders Aussage empört. „Wenn wir jetzt auch noch anfangen, dass Eltern bestimmte Lehrkräfte wegen Formulierungen in Elternbriefen beim Kultusministerium melden – wo kommen wir denn dahin?“, kritisierte sie laut BR24.
Viele Lehrer sähen das ähnlich. „Die sagen zu mir: Jetzt sollen wir aufhören, so zu reden und zu schreiben, wie viele jüngere Menschen es gerade tun. Per Dienstanweisung. Das hat mit der Realität an den Schulen nichts zu tun“, so Fleischmann.
Außerdem gebe es viel wichtigere Themen als Gendersternchen, wie den Lehrermangel und den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Verärgert über Söders Worte zeigte sich auch Martina Borgendale, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Abgesehen davon, dass der Ministerpräsident „hier mit Kanonen auf Spatzen schießt, finden wir diesen Aufruf zur Denunziation total daneben“, sagte sie laut BR24. Auch auf neu zu gewinnendes Personal wirke das „massiv abstoßend“.
Aus Rückmeldungen von Kollegen weiß Borgendale: „Manche fühlen sich schmerzlich erinnert an die Zeiten der AfD-Meldeportale, auf denen dazu aufgefordert wurde, Lehrkräfte zu melden, die sich kritisch zur AfD äußerten.“
Feministin: „Das fühlt sich wie ein Berufsverbot an“
Für Verena Brunschweiger, Gymnasiallehrerin für Deutsch, Englisch und Ethik und bekennende Feministin, ist das Genderverbot ein tiefer Eingriff in ihr Leben.
„Ich soll jetzt zwangsweise ausdrücken, dass queere Menschen für mich nicht existieren und Frauen lediglich irgendwie mitgemeint sind? Nein! Es fühlt sich für mich als Feministin wie ein Berufsverbot an, ich fühle mich gegängelt“, sagte sie gegenüber der „Abendzeitung München“.
Sie frage sich wirklich, wie sie das mit dem Genderverbot schaffen solle, zumal sie auch eine bewusste Sprechpause mache, die als Untersstrich im Gender-Begriff gekennzeichnet ist, wie bei Bürger_innen.
Ob sich Brunschweiger an das Verbot halten wird, sei ungewiss. „Nun ja, es wurden Sanktionen angedroht. Ich muss abwarten, wie diese ausfallen werden“, erklärt die Aktivistin.
Mit ihren Werten lasse es sich jedenfalls nicht vereinbaren, nicht zu gendern. „Wer progressiv ist, wer Empathie und Intelligenz hat, gendert“, findet sie.
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