Kein Bock auf Arbeit?
Deutsche wollen im Schnitt nur noch 32,8 Stunden pro Woche arbeiten
Weniger arbeiten, mehr Freizeit. So denkt die Mehrheit der deutschen Beschäftigten. Viele würden dafür auch Lohnkürzungen in Kauf nehmen. Bei der Generation Z hat sich unterdessen ein neuer Trend eingeschlichen: „Quiet Quitting“.

Deutsche Arbeitnehmer wünschen sich kürzere Arbeitszeiten.
Foto: iStock
Die Menschen in Deutschland wollen weniger arbeiten – im Durchschnitt nur noch 32,8 Stunden in der Woche. Diese Wunscharbeitszeit ist so gering wie noch nie seit Beginn der Erhebung im Jahr 1985. Dabei arbeitet man hierzulande jetzt schon im Schnitt weniger als die meisten europäischen Nachbarn. Für kürzere Arbeitszeiten sind die Beschäftigten auch bereit, Gehaltseinbußen hinzunehmen.
Die Zahlen beziehen sich auf eine Erhebung im Jahr 2020 und stammen aus dem Sozio-ökonomischen Panel (SOEP), über den die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ berichtet. Jährlich werden rund 30.000 Personen befragt.
Die aktuelle Arbeitszeit kürzen, das wollen Männer aller Altersgruppen sowie Frauen bis 59 Jahren. Frauen ab 60 Jahren bilden hingegen eine Ausnahme. Sie wollen laut dem SOEP mehr arbeiten als bisher. Der Wunsch nach kürzeren Arbeitszeiten hat sich schleichend in der Realität durchgesetzt.
Work-Life-Balance – ein Riesenthema
Ein Blick in die Arbeitswelt der Nachbarländer zeigt, dass Deutschland im Jahr 2021 mit seiner tatsächlichen Arbeitszeit von 34,7 Stunden pro Woche weit unter dem europäischen Durchschnitt (37 Stunden) lag. Dieser Mittelwert wird stark von dem steigenden Anteil der Erwerbstätigen in Teilzeit beeinflusst, so die Daten des Statistischen Bundesamtes. Zwanzig Jahre zuvor hatten die Deutschen durchschnittlich noch 38,4 Stunden gearbeitet – 3,7 Stunden pro Woche mehr.
Diese Zahlen bestätigen den Trend zu einer besseren Work-Life-Balance – also zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen beruflichen Anforderungen und Privatleben. Ein Riesenthema, insbesondere bei jungen Menschen. Auch der Wunsch nach Selbstverwirklichung steht hoch im Kurs.
Junge Berufstätige streben heute nach mehr Freiräumen im Beruf, erklärte Christopher Lohmann, Vorsitzender des Versicherungsunternehmens HDI. „Sie wollen mitbestimmen, wo, wann und wie lange sie arbeiten. Ihre Vorstellungen weichen dabei deutlich von den tradierten Arbeitsmodellen ab.“
Laut einer HDI-Umfrage würde fast jeder zweite Vollzeitbeschäftigte zur Teilzeitarbeit wechseln, wenn er dazu die Möglichkeit vom Arbeitgeber bekäme. Dieser Wunsch sei vornehmlich bei Beschäftigten unter 40 Jahren am stärksten.
„Quiet Quitting“: Neuer Trend greift um sich
Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände, äußerte Unverständnis. Eine gute Work-Life-Balance „bekommt man auch mit 39 Stunden Arbeit in der Woche hin“, sagte er dem Informationsdienst „Table.Media“. „Wir brauchen mehr Bock auf Arbeit.“ Und das fängt bereits in der Schule an. Leistung müsse hier wieder eine größere Rolle spielen, forderte Kampeter.
Stichwort Leistung: Viele junge Menschen wollen heute nur noch das leisten, wofür sie bezahlt werden – und zwar nicht mehr. Das heißt, keine Überstunden, keine Sonderprojekte, keine Extrameile.
In den sozialen Medien greift dieser Trend um sich und trägt den Namen „Quiet Quitting“ („stilles Kündigen“). Damit ist nicht gemeint, dass man den Job kündigt oder seine Arbeit nicht mag. Dahinter steckt vielmehr die Idee, das Leben nicht ausschließlich über die Berufstätigkeit zu definieren.
(Mit Material von Agenturen)
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