Nazi-Liedgut-Forscher über Gabalier: “Fragwürdige Botschaften” und “einzelne Passagen gefährlich”
Der Experte wisse, wann es in einem Schlager tatsächlich nur um Heimat geht - und wann mit „Heimat“ mehr gemeint ist.

Nazi-Liedgut-Experte warnt vor "gefährlichen Passagen" bei Gabaliers Liedern.
Foto: Expa/Stefan Adelsberger/APA/dpa
Ein Volkslied-Experte hat sich auf Wunsch des „Spiegel“-Jugendablegers „bento“ mit dem Liedgut von „Volks-Rock-n-Roller“ Andreas Gabalier beschäftigt.
Der Historiker und Theologe an der Uni Freiburg, Michael Fischer, forsche zu „volkstümlichem Liedgut – aus der Zeit des Nationalsozialismus bis heute“, heißt es dort. Der Experte wisse, wann es in einem Schlager tatsächlich nur um Heimat geht – und wann mit „Heimat“ mehr gemeint ist.
„Es wäre schön, wenn sich manche Kritiker intensiver mit mir beschäftigen würden. Dann wüssten sie, dass an den Vorwürfen aber so gar nichts dran ist”,
sagte Andreas Gabalier Anfang Februar anlässlich der Verleihung des Karl-Valentin-Ordens. Bento nahm seinen Vorschlag ernst und verhalf seinen jugendlichen Lesern nun zu einer Hintergrundanalyse zu teilweise offenbar gefährlichem Liedgut.
Gleich zu Beginn der Analyse wird deutlich, in welche Richtung der Zug fahren soll. Wenn Fischer über „reaktionären Kitsch”, spricht, der „schon nahe an der Selbstparodie volkstümlicher Musik“ dran sei und von dem man sich „nicht einlullen lassen“ dürfe, klingt das wie eine Warnung an die Jugend, hier mit ganz gefährlichem Gedankengut infiziert zu werden. Das macht dann auch der folgende Satz des Experten deutlich: Das ganze “Hulapalu” mache “einzelne Passagen nicht weniger gefährlich”.
Gabalier möge ein guter Entertainer sein, aber seine Lieder würden trotzdem fragwürdige Botschaften in sich tragen, so die Einschätzung des Forschers.
“Im volkstümlichen Schlager werden meist nur Berge und Wiesen besungen, Gabalier aber wird politisch”, wird Fischer zitiert. Mit Begriffen wie „Freiheit“, „Kameraden“ und „Heimatsöhnen“ nutze der Sänger „bewusst Begriffe aus einem rechtspopulistischen Umfeld.”
Viele Bilder, die Gabalier zeichnet, würden sich in alten Soldatenliedern wiederfinden. Eben Adler, die über Gipfel gleiten, Kameraden, die standhaft bleiben.
Im „eisernen Kreuz auf einem Gipfel“ aus dem Lied „Mein Bergkamerad“ sieht Fischer „eine gewollte Provokation“.
Im Lied heißt es:
„Kameraden halten zusammen ein Leben lang
Eine Freundschaft, die ein Männerleben prägt
Wie ein eisernes Kreuz, das am höchsten Gipfel steht
Und selbst dem allerstärksten Sturmwind widersteht“

Das Eiserne Kreuz war eine der höchsten Auszeichnungen der deutschen Wehrmacht.
Foto: wikimedia.org
Die Formulierung “Wie ein eisernes Kreuz” erinnere Fischer ganz sicher an die alte Kriegsauszeichnung: “Das kann kein Zufall sein, soviel Naivität kann man Gabalier kaum unterstellen,“ meint er.
„I glaub an den Petrus an der Himmelstür
Der sagt, komm her zu mir, Buab, I muss reden mit dir
Vaterunser beten, Holzscheitelknien“
Skandalös sei hier laut Fischer die Verbindung zwischen Vaterunser und der „Foltermethode“ Holzscheitelknien”. Jeden “religiös empfindenden Menschen” müsse das “empören”, so der Hinweis des Wissenschaftlers.
„Es schmeichelt uns sehr, doch es macht uns net an
Warum muss denn a Dirndl heut sein wie a Mann
Völlig verbissen, schon fast verkrampft emanzipiert
So dass man die ganze Freud am Knuspern verliert
Aber jeder von uns steht halt net auf an Mann
Wir beißen viel lieber an am echten Dirndl an“
Besungen werde hier nur, so die Analyse, was heute angeblich schlecht sei – zum Beispiel emanzipierte Frauen. „Ohne aber im Umkehrschluss zu fordern, dass sie wieder an den Herd zurück sollen und die Kinder hüten.“ Gabalier müsse hier so vage bleiben, sonst würde er viele weibliche Fans verlieren, sagt Fischer.
Gabalier spiele bewusst den „naiven Lausbuben in Lederhosen“, aber „diese Rolle nehme ich ihm nicht ab“, so der Experte. (nmc)
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.
0
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.