
Abiturient kritisiert Direktor auf Abiball – und kassiert Strafanzeige wegen übler Nachrede
Der Abiball ist eine Zeit, um die Schulzeit Revue passieren zu lassen. Oft sind die Worte der Abiturienten des Dankes voll. Bei der Rede des 18-jährigen Fiete Korn aus Mecklenburg-Vorpommern waren diese allerdings eher ironisch gemeint – zum Ärgernis seines Direktors.

Ostseebad Prerow.
Foto: iStock
Nicht nur Worte des Danks, vor allem Kritik hagelte es bei der Abschlussrede auf dem Abiball in Prerow. Der 18-jährige Fiete Korn aus Mecklenburg-Vorpommern hatte so einiges an seinem Direktor auszusetzen. So „bedankte“ er sich „für die tolle Wartezeit im Büro“, die er das eine oder andere Mal über sich ergehen lassen musste, die „faire Behandlung von Schülern“ wie „einfach so Schulverweise verteilen“ und die nicht vorhandene Kommunikation.
Besonderen Dank gab es für das „Einschüchtern von Schülern“, die der 18-Jährige am eigenen Leib erfahren habe, als ihn nach seinen Angaben drei Lehrer belästigten und beleidigten. Auch das „Überwachen von Schülern durch andere Schüler“ floss in die Dankesrede des Abiturienten ein. „Das fördert definitiv den Klassenzusammenhalt“, sagte Fiete ironisch. Dazu führt er aus: „Ich war mehrmals bei Ihnen im Büro und Sie haben mir oft angeboten, dass ich Ihnen doch über meine Klasse berichten soll, dass ich Ihnen sagen soll, was in der Schule so passiert, dass ich auch auffällige Schüler ruhig bei Ihnen melden soll.“
So bedankte sich Fiete bei seinem Direktor für das „Ausfragen über das Privatleben von Schülern“ und kritisierte: „Sie verhalten sich einfach unangemessen manchen Schülern gegenüber.“ Gegenüber den Schülern, die teilweise nur wegen des Verhaltens des Direktors gegangen seien, habe sich Fiete ehrlich und loyal gezeigt. „Und ich möchte heute Rückgrat beweisen und Ihnen das ins Gesicht sagen“, fährt der Abiturient in seiner Rede fort. „Ich danke Ihnen für die Lehrer, aber kein guter Lehrer ist länger als vier Jahre an unserer Schule gewesen.“
Durch den Direktor habe Fiete lernen können, was „gespielte Freundlichkeit“ sei. Schließlich habe der Direktor selbst geäußert, dass er zu den Schülern, die er am wenigsten mag am freundlichsten sei. Und gerade Fiete selbst habe nach seiner Wirtschaftsprüfung etliche Male vom Direktor Lob empfangen.
Kritik – bekämpft und belohnt
Dem Direktor der Freien Schule Prerow war die kritische Rede seines Schülers zu viel. Er zeigte ihn wegen übler Nachrede an. Zu der Anzeige äußerte sich der Direktor aufgrund des laufenden Verfahrens nicht. Er bestreitet jedoch, dass es Einschüchterungen und darauf gerichtete Versuche gegeben habe.
Gefallen an der Rede fand hingegen der deutsche Satiriker Jan Böhmermann. Als er von der Rede des 18-jährigen Abiturienten erfuhr, postete er auf Twitter einen Gutschein für ein „ausgedehntes Redaktionspraktikum“ in seiner Sendung.
für Herrn FIETE KORN für ein
ausgedehntes
R E D A K T I O N S P R A K T I K U M
R E D A K T I O N S P R A K T I K U M
in einer ZDF-Hauptprogramm-Satiresendung von/mit Dr. Jan “Gerald” Böhmermann
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(bitte ausschneiden und einsenden)https://t.co/AJpewEM7NY
(bitte ausschneiden und einsenden)https://t.co/AJpewEM7NY
— Jan Böhmermann?? (@janboehm) August 16, 2020
Das „Parentsmagazin“ Hamburg würdigte diese Unterstützung mit den Worten: „Es sollten noch viel mehr SchülerInnen in Deutschland den Mut aufbringen, sachlich Kritik zu äußern.“
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