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Keine Rückführung von in Griechenland anerkannter Flüchtlinge durch Deutschland

Einem Bericht der „Welt am Sonntag“ zufolge müssen in Griechenland anerkannte Flüchtlinge, die in Deutschland einen Zweitantrag stellen, nicht mit einer Rückführung rechnen. Dies gilt auch dann, wenn dieser angelehnt wird, weil schon ein Schutzstatus besteht.

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Sintilj, Slovenia - November 19, 2015: Refugees wait to cross to Austria at the Slovenian transit camp on the border. Countries along the Balkan refugee route, including Slovenia, are now restricting entry to refugees who can prove they are from Syria, Afghanistan, or Iraq.

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Lesedauer: 4 Min.

Monat für Monat machen sich etwa 1.000 in Griechenland anerkannte Flüchtlinge auf den Weg nach Deutschland und stellen hier einen neuerlichen Asylantrag.
Zwar wird dieser regelmäßig abgelehnt, weil bereits ein rechtskräftiger Schutztitel besteht, eine Rückführung nach Griechenland findet jedoch nicht statt, schreibt die „Welt am Sonntag“. Der Fachausdruck für das Phänomen lautet „Sekundärmigration“.

Oberverwaltungsgericht in NRW stoppt Rückführung

Die Angelegenheit könnte zu Verstimmungen zwischen Berlin und Athen führen, denn die deutsche Bundespolizei befürchtet einen „erheblichen Pull-Faktor“, der von einer jüngst ergangenen Entscheidung des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts ausgehen könnte.
Ende Januar entschied dieses, dass Flüchtlinge, die in Griechenland bereits Schutzstatus genießen und deshalb in Deutschland nicht asylberechtigt wären, dennoch nicht zurückgeschoben werden dürften.
In Griechenland drohe diesen nämlich, so das Gericht, „die ernsthafte Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung“. Ausschlaggebend für diese Einschätzung waren Umstände wie unzumutbare Zustände in griechischen Migrantenlagern und Unterkünften, häufige Obdachlosigkeit von Schutzsuchenden und schlechte Chancen auf dem griechischen Arbeitsmarkt.

Rechtslücke genutzt

Abgeordnete aus Union und FDP werfen der griechischen Regierung vor, das Problem einer zuletzt wieder zunehmenden Zahl an Schutzsuchenden auf griechischen Inseln zügig delegieren zu wollen – indem sie deren Lebensbedingungen so wenig einladend gestalte, dass diese entweder gar nicht nach Griechenland kämen oder das Land zügig in Richtung Mittel- und Europa verließen.
In einem EU-Staat anerkannte Flüchtlinge dürfen nach derzeitiger Rechtslage in andere Mitgliedstaaten reisen – wenn sie nicht vorhaben, sich dort länger als 90 Tage pro Halbjahr aufzuhalten.
Häufig nutzen Schutzsuchende diese Option, um legal nach Deutschland einzureisen, dann jedoch dort einen erneuten Asylantrag zu stellen. Dazu kommen weitere Fälle illegaler Weiterreise, die ebenfalls mit einem erneuten Asylantrag enden.

Union wittert Strategie, um Menschen zur Weiterreise zu ermuntern

Das BAMF erhob im gesamten Jahr 2020 7.100 Asylbewerber in Deutschland, die zuvor bereits in Griechenland als Flüchtlinge anerkannt worden waren.
Im Januar und Februar dieses Jahres seien weitere 2.100 Fälle hinzugekommen. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts könnte die Zahl noch weiter ansteigen lassen. Der Polizei zufolge reisen „Sekundärmigranten“ aus Griechenland meist direkt oder via Warschau auf dem Luftweg nach Deutschland ein.
„Ich befürchte, dass im Verhalten der Griechen eine neue Strategie steckt“, äußert Innenpolitiker der Union, Alexander Throm, gegenüber der „Welt“: „Flüchtlinge anerkennen, Mindestversorgung nicht gewährleisten und schnell weiterreisen lassen. Das muss unterbunden werden.“
Auch Linda Teuteberg, migrationspolitische Sprecherin der FDP, sieht in der Sekundärmigration die „Achillesferse des gemeinsamen europäischen Asylsystems“. Es müsse etwas gegen die Zustände unternommen werden, die dazu führten, dass deutsche Gerichte unter Verweis auf die Lage in Griechenland Rücküberstellungen verhinderten.

Griechenland weist Vorwürfe zurück

Beide Politiker forderten, Druck auf Griechenland auszuüben, damit Athen für eine „angemessene Unterbringung“ der Migranten und Flüchtlingen im eigenen Land sorge. Griechenland weist Vorwürfe, die Schutzsuchenden nicht angemessen unterzubringen, regelmäßig zurück.
Gegenüber der „Zeit“ erklärte jüngst Griechenlands Migrationsminister Notis Mitarachi, man erfülle mittlerweile auch in den Lagern auf den Inseln „die Anforderungen, beispielsweise was die Ausstattung mit Toiletten und Duschen betrifft“.
Zudem habe man die Situation durch Hochwasserschutzmaßnahmen entschärft, sodass die jüngsten schweren Regenfälle keine so großen Schäden mehr angerichtet hätten.
Das „Borgen Magazin“ berichtet zudem, dass Griechenlands Regierung mittlerweile ein modernes elektronisches System für Gesundheitsdaten von Migranten und Flüchtlingen geschaffen habe, das erhebliche Verbesserungen bei der Gesundheitsversorgung der Betroffenen bewirke.
Vor allem wirft Griechenland europäischen Nichtregierungsorganisationen vor, mehrfach Migranten dazu angestachelt zu haben, ihre Unterkünfte anzuzünden – um so eine bessere Unterbringung oder idealerweise eine Weiterverbringung in reichere EU-Staaten zu bewirken.

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