EU ermahnt China: Freilassung der Menschenrechtsanwälte und lückenlose Aufklärung aller Fälle gefordert
Immer mehr Stimmen machen auf die Menschenrechtsverletzungen in China aufmerksam. Anlässlich des fünfjährigen Jahrestages der "709"-Razzia, bei der über 200 Menschen in China festgenommen wurden, gab nun auch die EU eine Erklärung ab.

Der Sitz der Europäischen Kommission in Brüssel.
Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa/dpa
Am Mittwoch (9.7.) forderte die EU von China die sofortige und bedingungslose Freilassung von Menschenrechtsanwälten und Aktivisten, die vor fünf Jahren bei Chinas landesweiter „709“-Razzia verhaftet wurden.
Über 200 Menschen wurden bei der Aktion im Sommer 2015 festgenommen. In ihrem Statement ging es der EU weiterhin um die Freilassung von Yu Wengsheng, Li Yuhan und Ge Jueping, die von den Behörden wegen ihrer Arbeit vor oder seit der Razzia inhaftiert oder verfolgt wurden.
„Das Gesetz dient China als Instrument zum Regieren“, sagte der chinesische Rechtsanwalt Chen Jiangang und fügte hinzu: „Die chinesischen Behörden unterliegen keinem Gesetz, welches den Regierten oder Unterdrückten Schutz bietet.“
Erinnerungen an die Festnahme
Yu Wengsheng war während des „709 Crackdown“ für 24 Stunden eingesperrt und verteidigte später andere festgenommene Personen. Die Erinnerungen an die Verhaftung sind bei seiner Frau noch immer präsent. Über 20 Polizisten hatten nachts an die Tür geklopft. Irgendwelche relevanten Dokumente hätten sie nicht vorgelegt.
Da ihr Mann die Tür nicht öffnete, sägten die Beamten die Stahltür schließlich mit einer Kettensäge auf. „Das Sägegeräusch der Tür war so beängstigend“, schildert sie die Situation. Als die Beamten sich Zugang verschafft hatten, hätten sie ihren Mann auf den Boden gedrückt und ihm hinter dem Rücken Handschellen angelegt.
Im Januar 2018 wurde Yu Wengshen erneut verhaftet, weil er einen Vorschlag zur Verfassungsänderung vorgelegt hatte. Wegen „Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt und Behinderung der Amtshandlungen“ verurteilte ihn das Gericht zu vier Jahren Gefängnis.
Li Yuhan wurde im Oktober 2017 verhaftet. Er hatte den Rechtsanwalt Wang Yu verteidigt und wurde schließlich selbst wegen des „Verbrechens der Provokation“ angeklagt.
Der Menschenrechtsanwalt Ge Jeuping wurde im Herbst 2016 während des von China ausgerichteten G20-Gipfels verhaftet. Erst vier Jahre später fällte das Gericht sein Urteil wegen „Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt“. Viereinhalb Jahre Gefängnis wurden gegen ihn verhängt. Nach Abzug der vorherigen Haftstrafe müsste Ge Jueping demnach in etwa einem Jahr freigelassen werden.
Fehlende Verteidigung und unfairer Prozess
Die EU wies in ihrer Erklärung darauf hin, dass viele Angeklagte nach dem Ereignis weder eine angemessene Verteidigungsmöglichkeit noch einen fairen Prozess erhalten hätten. Glaubwürdigen Berichten zufolge seien die Betroffenen während der Haft misshandelt und den unter ihnen befindlichen Anwälten die Zulassung entzogen worden. Selbst nach einer Freilassung werden sie weiterhin überwacht.
Auch der vor kurzem verhaftete Rechtsprofessor der Tshinghua-Universität, Xu Zhangrun, wurde von der EU erwähnt.
Die EU werde weiterhin auf die sich verschlechternde Menschenrechtssituation in China hinweisen und weiterhin jegliche Verletzung der Menschenrechte und Grundfreiheiten nach der Umsetzung des neuen Nationalen Sicherheitsgesetzes kritisieren, heißt es in einem Beitrag von „communalnews“. Das gelte auch für Hongkong. Die EU forderte China auf, „die Rechtsstaatlichkeit zu respektieren, ein faires Verfahren zu gewährleisten und eine umfassende Untersuchung durchzuführen“.
Auch die deutschen und französischen Menschenrechtsbeauftragten kritisierten die Situation in China und appellierten erneut an die chinesischen Institutionen, „nach rechtsstaatlichen Grundsätzen und unter Beachtung einschlägiger VN-Übereinkommen zu handeln und dem selbst erklärten Ziel, die Rechtsstaatlichkeit zu stärken, endlich Geltung zu verschaffen.“
Darüber hinaus forderten sie von China eine „lückenlose Aufklärung aller Fälle“, in denen Menschenrechtsverteidiger oder ihre Angehörigen von Behörden drangsaliert und verfolgt werden oder festgenommen wurden. „Alle willkürlich inhaftierten Menschenrechtsverteidiger müssen freigelassen werden und dürfen in ihrer Bewegungsfreiheit und Arbeit nicht behindert werden.“
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