Herzstück des Green Deal
Grundpfeiler des Green Deal wackelt: EU-Renaturierungsgesetz findet keine Mehrheit im Umweltausschuss
Die EU-Pläne zur Renaturierung der Natur konnten vor dem Umweltausschuss des EU-Parlaments keinen Erfolg verbuchen. In der Plenarsitzung im Juli wird sich endgültig zeigen, ob das Herzstück des Green Deal noch überleben kann.

Eine Moorlandschaft in Deutschland.
Foto: iStock
Das umstrittene EU-Renaturierungsgesetz hat am 28. Juni im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments erneut keine Mehrheit gefunden. Nach einer langwierigen finalen Abstimmung stand es 44:44. Die zweite Sitzung fand statt, nachdem der ursprüngliche Termin vom 15. Juni aufgrund von 2.500 Änderungsanträgen vertagt worden war.
Während die Liberalen, die Grünen, die SPD und die Linke hinter den EU-Plänen stehen, leisten die christdemokratische EVP-Fraktion und die beiden rechten Fraktionen EKR und ID massiven Widerstand.
Die EVP lehnte ab, über Verbesserungen zu verhandeln. Sie bezeichnet den Kommissionsvorschlag als praxisfremde und bürokratielastige Überregulierung, eine Gefährdung der Ernährungssicherheit sowie der bäuerlichen Einkommen.
Umweltausschuss-Vorsitzender wirft EVP-Chef Manipulation vor
Der Vorsitzende des Umweltausschusses, Pascal Canfin, kritisierte die Konservative Partei und warf deren Parteivorsitzenden Beeinflussung vor: „Heute ist es Manfred Weber gelungen, die Abstimmung zu manipulieren, indem er verhindert hat, dass die EVP-Abgeordneten, die für das erste europäische Naturschutzgesetz sind, […] abstimmen.
„Das macht die Abstimmung bedeutungslos“,
schreibt der französische Politiker in einem Twitter-Beitrag. Als Grund gibt Canfin an, dass ein Drittel der EVP-Abgeordneten, die geschlossen gegen das Gesetz gestimmt hatten, gar keine Mitglieder des Umweltausschusses gewesen seien. Die Fraktion hätte sie überwiegend mit deutschen CDU- und CSU-Abgeordneten aus dem Agrarausschuss ersetzt. Canfin sei aber „optimistisch für die Plenarsitzung im Juli“.
Der Umweltausschuss wird dem EU-Parlament in Straßburg im Juli den Vorschlag als Ganzes vorlegen, welches dann einen Standpunkt einnehmen muss. Es käme erst dann zu Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten – falls noch eine Mehrheit der Abgeordneten für den Vorschlag der Kommission stimmen würde.
Sozialistischer Abgeordneter will Verhandlungen mit EVP
Der EU-Parlamentarier Peter Liese (EVP) hat das geplante EU-Renaturierungsgesetz gegenüber dem „Deutschlandfunk“ stark kritisiert. Die Gesetzesvorlage der EU-Kommission sei „realitätsfern“. Er spiegele nicht die heutigen Gegebenheiten wider, so der CDU-Politiker. Kritiker aus der EVP befürchten, dass die landwirtschaftliche Nutzfläche durch das Gesetz um bis zu zehn Prozent schrumpfen müsste.
Angesichts aktueller Herausforderungen benötige man aber mehr Flächen für den Anbau von Lebensmitteln sowie für Anlagen der erneuerbaren Energien. Liese betont die Verantwortung für die Länder außerhalb Europas bezüglich Ernährungssicherheit. In seinen Augen gebe es an manchen Stellen zu viel Naturschutz.
Der für das Dossier zuständige sozialistische Abgeordnete César Luena betonte dagegen, sich weiter für das Gesetz einzusetzen. „Wir machen weiter […], mit dem, was die rechte EVP versucht hat, zu blockieren und zu verhindern, mit der Komplizenschaft anderer rechter Parteien“, so der spanische Politiker. Dabei sprach er von der Notwendigkeit eines Dialogs und betonte, insbesondere der EVP die Hand zu reichen, um über das Gesetz zu diskutieren.
Von der Europäischen Union wird das Gesetz, das EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) als wichtigstes Projekt ihrer Amtszeit sieht, als Grundpfeiler des Green Deal betrachtet. Es soll den Zustand der Natur in Europa verbessern.
Konkret sieht die Bestimmung vor, dass bis 2030 geschädigte Ökosysteme auf 20 Prozent der Fläche der EU „wiederhergestellt“ werden sollen. Dem Entwurf zufolge müssen sogar bis 2050 alle Ökosysteme in Europa wieder in einem gesunden Zustand sein – sozusagen „renaturiert“.
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