Logo Epoch Times
Ukraine

Kramatorsk: Dutzende Tote bei Angriff auf Bahnhof voller Flüchtlinge

Bei einem Raketenangriff auf den Bahnhof im ostukrainischen Kramatorsk sind nach ukrainischen Angaben mindestens 50 Menschen getötet worden. Von dem Bahnhof aus wollten Hunderte Menschen vor den russischen Truppen Richtung Westen flüchten. Die Ukraine und Russland schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu.

top-article-image

Die Menschen, die Koffer und Taschen bei sich hatten, wollten aus Angst vor Angriffen die Stadt verlassen.

Foto: Andriy Andriyenko/SOPA/ZUMA/dpa

author-image
Artikel teilen

Lesedauer: 4 Min.


Ein Raketenangriff mit Dutzenden Toten auf einen Bahnhof voller Flüchtlinge im ostukrainischen Kramatorsk hat weiteres Entsetzen ausgelöst. Nach Angaben des örtlichen Gouverneurs Pawlo Kyrylenko wurden bei dem Angriff am Freitag 50 Menschen getötet, darunter fünf Kinder. 98 Verletzte seien in umliegende Krankenhäuser gebracht worden.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Russland wegen des Angriffs auf flüchtende Menschen “grenzenlose Bösartigkeit” vor. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warf Moskau vor, die Flucht von Zivilisten zu vereiteln. Russland wies jegliche Verantwortung zurück und beschuldigte die Ukraine, den Angriff absichtlich verübt zu haben.

Die Lage vor Ort

AFP-Reporter vor Ort sahen mindestens 30 Tote unter Plastikplanen und in Leichensäcken. Zuvor hatte ein AFP-Journalist am Morgen am Bahnhof Hunderte Menschen gesehen, die auf einen Zug zur Flucht Richtung Westen warteten.
Vor dem Bahnhofsgebäude standen ausgebrannte Autos, am Eingang und in der Bahnhofshalle waren Blutlachen und verkohlte Sitzbänke zu sehen. Auf dem Bahnhofsvorplatz lagen die Überreste einer großen Rakete mit der russischen Aufschrift “Für unsere Kinder”. Der Platz war mit verlassenen Gepäckstücken, Scherben und Splittern übersät.
Der ukrainische Präsident Selenskyj warf Russland in einer ersten Reaktion vor, die Zivilbevölkerung seines Landes “zynisch zu vernichten”. “Das ist das grenzenlose Böse”, schrieb er auf Twitter. “Und wenn es nicht bestraft wird, wird es nie aufhören.”
Der EU-Außenbeauftragte Borrell, der zum Zeitpunkt des Angriffs gemeinsam mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen per Zug auf dem Weg nach Kiew war, verurteilte den Angriff scharf. Es sei “furchtbar zu sehen, dass Russland einen der wichtigsten Bahnhöfe angreift, den Zivilisten zum Verlassen der Region nutzen, in der Russland seinen Angriff verschärft”, schrieb er auf Twitter. Es handle sich um einen Versuch, Zivilisten an der Flucht zu hindern und Leid zu verursachen.

Russland: Kiew selbst hat Bahnhof beschossen

Russland wies jegliche Verantwortung für den Angriff zurück und beschuldigte die Ukraine: “Das Regime in Kiew” habe den Bahnhof beschossen, um die Flucht von Bewohnern zu verhindern und sie als “menschliche Schutzschilde” zur Verteidigung ukrainischer Armeestellungen zu missbrauchen, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau. Die Rakete sei von der ukrainischen Ortschaft Dobropillja aus abgefeuert worden.
Alle Äußerungen von “Repräsentanten des nationalistischen Regimes in Kiew” über einen angeblich von Russland verübten Angriff auf den Bahnhof in Kramatorsk seien “eine Provokation und vollkommen unwahr”. Das Ministerium betonte zugleich, ausschließlich die ukrainische Armee setze Raketen vom Typ Totschka-U ein. Überreste einer solchen Rakete seien nahe dem Bahnhof gefunden und von Augenzeugen fotografiert worden.
Bereits nach dem Fund Dutzender Leichen von Zivilisten im Kiewer Vorort Butscha vor einer Woche nach dem Abzug russischer Truppen war Russland ähnlich vorgegangen und hatte von einer “Provokation” durch die ukrainische Regierung gesprochen.
Russland hat angekündigt, sich militärisch künftig auf die Donbass-Region im Osten der Ukraine zu konzentrieren. Kiew und die Regionalbehörden hatten die Bewohner der Region daher aufgefordert, in Richtung Westen zu fliehen. Beobachter gehen davon aus, dass Russland weitere Gebiete im Osten der Ukraine erobern will, um eine Landverbindung von der seit 2014 annektierten ukrainischen Halbinsel Krim zu den von Moskau unterstützten selbst ernannten “Volksrepubliken” Donezk und Luhansk im Donbass zu schaffen. (afp/mf)

Kommentare

Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.